„Die Erinnerung an das Tiananmen-Massaker darf nicht getilgt werden.“

Zum 30. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Proteste in China erklären Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, und Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Vor 30 Jahren wurde nach sechs Wochen weitgehend friedlicher und immer stärker werdender Proteste für Demokratie die Hoffnung auf Veränderung in Peking brutal niedergeschlagen. Auch heute noch ist ein Gedenken an die staatlich befehligten Gräueltaten des Juni 1989 nicht möglich. Bis heute gibt es keine gesellschaftliche, geschweige denn strafrechtliche Aufarbeitung – schlimmer noch: Pünktlich zum Gedenktag rechtfertigt der chinesische Verteidigungsminister das damalige Massaker mit dem Argument der „Stabilität“ und verhöhnt damit ein weiteres Mal die Opfer und deren Angehörige. Alljährlich werden Bürgerrechtlerinnen und –rechtler und Angehörige von Opfern unter Hausarrest gestellt und festgenommen.

Aus Angst vor neuen Protesten wird in China jedes Eintreten für Meinungsfreiheit unterdrückt. Die staatliche Überwachung wurde perfektioniert, Opposition zur herrschenden Kommunistischen Partei darf es nicht geben.

Deutschland kommt derzeit als Mitglied im UN-Sicherheitsrat eine besondere Verantwortung zu. Multilateral, indem es für ein geeintes Auftreten, wenigstens der Demokratien, wirbt und der Teile-und-herrsche-Politik Pekings entgegentritt. Bilateral müssen Dialogformate wie der deutsch-chinesische Menschenrechtsdialog mit Peking ohne Tabus geführt werden. Chinas Wachstum ist derzeit auch durch den Handelskrieg mit den USA unter Druck. Die chinesische Führung ist deshalb eher zu Zugeständnissen bereit, wie der EU-China-Gipfel im April gezeigt hat. Dieses Momentum muss die Bundesregierung nutzen und die Einhaltung der Menschenrechte fordern, wenn sie den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen vorantreibt.

Die Bundesregierung muss auf eine umfassende, unabhängige Aufarbeitung des Tiananmen-Massakers dringen. Dem systematischen Versuch, den Juni 1989 aus dem Weltgedächtnis zu tilgen, sollte die Bundesregierung die Förderung eines global zugänglichen digitalen Archivs entgegenstellen“.

Katrin Göring-Eckardt zu 30 Jahren Tian‘anmen-Massaker:

„Es jährt sich im 30. Jahr das Massaker vom Tian‘anmen-Platz. Ich will ganz persönlich sagen: Ich war damals als junge Frau in der DDR am Bildschirm und habe gesehen, was dort passiert ist. Für uns war das eine der furchtbarsten Erfahrungen, die wir gemacht haben. Die Opposition in der DDR und übrigens auch in den anderen osteuropäischen Ländern fing gerade an, sich stärker zu vernetzen und zu überlegen, wie man in diesem Staat für Freiheitsrechte sorgen kann. Und deswegen war es eine deprimierende, eine furchtbare Erfahrung zu sehen, dass Tausende Menschen niedergeschossen worden sind auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Wenn wir heute daran denken, dann kommt es darauf an, dass wir unsere errungene Freiheit dafür nutzen, in Richtung China ganz klar und eindeutig zu signalisieren: Menschenrechte, Freiheitsrechte, Bürgerrechte, das ist die Grundlage für alles, was wir haben in der Demokratie. Und bei aller Zusammenarbeit, die wir mit China wollen und natürlich auch brauchen, muss klar sein, dass wir auf diese Menschen- und Freiheitsrechte Wert legen und sie immer und immer wieder einklagen. Und dazu gehört auch, dass das, was vor 30 Jahren passiert ist, nicht mehr totgeschwiegen werden darf, dass wir einfordern, dass es eine Aufarbeitung gibt. Und dass wir dafür sorgen, dass es nicht nur ein öffentliches Archiv gibt, um zu sehen, was damals dort passiert ist, sondern dass bei jedem Besuch in China oder jedem Besuch chinesischer Funktionäre bei uns immer klar ist: Die Menschenrechte sind für uns ein wichtiges Thema, und das, was vor 30 Jahren war, haben wir nicht vergessen.

Was heute in China an Überwachung und an Einschränkung der Menschenrechte passiert, das kann uns nicht egal sein. Und das bedeutet eben auch, dass bei wirtschaftlichen Kooperationen dazugehört, dass man immer auch über die Einhaltung der Menschenrechte auch mit den Unternehmen jeweils spricht.“

Mogherini mahnt zum Gedenken an die Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens.

Die Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, hat anlässlich des 30. Jahrestags der gewaltsamen Niederschlagung der friedlichen Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) im Jahr 1989 der Opfer gedacht. Dreißig Jahre später trauert die Europäische Union weiterhin um die Opfer und spricht ihren Familien ihr Beileid aus.

„Die Anerkennung dieser Ereignisse sowie des Schicksals der im Zusammenhang mit den Protesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens getöteten, inhaftierten oder vermissten Personen ist für künftige Generationen und das kollektive Gedächtnis wichtig. Wir erwarten, dass die rechtlichen Garantien und Verfahrensrechte derer, die im Zusammenhang mit den Ereignissen von 1989 oder mit aktuellen Aktivitäten zum Gedenken an diese festgehalten werden, respektiert werden.“

Die Europäische Union erwarte  auch die unverzügliche Freilassung von Menschenrechtsverteidigern und Rechtsanwälten, die im Zusammenhang mit diesen Ereignissen oder ihren Tätigkeiten zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie festgenommen und verurteilt wurden, darunter Huang Qi, Gao Zhisheng, Ge Jueping, Ge Jueping, Pastor Wang Yi, Xu Lin und Chen Jihahong.

„Wir beobachten weiterhin die Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie der Pressefreiheit in China. Die Menschenrechte haben universellen Charakter, sind unteilbar und bedingen sich gegenseitig. Internationale Gesetze und Standards sehen die Achtung der Grundfreiheiten vor. Das gemeinsame Engagement für die Menschenrechte mit China ist und bleibt ein Grundpfeiler der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen der EU und China“, so Mogherini weiter.

„Blutiges Tiananmen-Massaker vor 30 Jahren in Peking niemals vergessen.“

China bleibe aufgefordert, die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels endlich zu beginnen.

Die blutige Niederschlagung der friedlichen Proteste rund um den Platz des Himmlischen Friedens in Chinas Hauptstadt Peking am 4. Juni 1989 jährt sich zum 30. Mal. Dazu erklärt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand:

„Die Bilder vom Tiananmen-Massaker haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Hunderttausende Menschen haben 1989 wochenlang ein Zeichen für Demokratie und Freiheit und gegen Korruption gesetzt.

30 Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Proteste bleibt die chinesische Regierung aufgefordert, dieses dunkle Kapitel endlich offen aufzuarbeiten. Es wäre ein Zeichen der Stärke, Aktivisten und Bürgerrechtsanwälten, die im Zusammenhang mit den Ereignissen 1989 oder wegen ihres Einsatzes heute für Menschenrechte und Demokratie festgenommen oder verurteilt wurden, endlich freizulassen.

Die Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung, die sich im Frühsommer 1989 von Peking über weite Teile des Landes ausbreitete, sind nicht vergessen, auch wenn die chinesische Führung versucht, den Militäreinsatz rund um den Platz des Himmlischen Friedens aus dem kollektiven Gedächtnis der Chinesen zu streichen.

Die CDU/CSU-Fraktion fühlt sich den Opfern verbunden, deren Zahl noch immer nicht bekannt ist. Menschenrechtsverletzungen anzuprangern kann nicht als Einmischung in innere Angelegenheiten zurückgewiesen werden – Menschenrechte gelten universell.“

Fotoquelle: By Gerd Eichmann – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=64827674

Das Massaker in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 1989 gehört fest zur jüngeren Geschichte Chinas, dennoch spielt es in der chinesischen Öffentlichkeit so gut wie keine Rolle. Nach mehr als einem Monat anhaltenden Demonstrationen für mehr Demokratie wurden die Proteste auf dem Tiananmen-Platz brutal niedergeschlagen. Öffentliches Gedenken an die Opfer und eine freie Berichterstattung über die Geschehnisse sind in China selbst 30 Jahre später aufgrund staatlicher Repressionen und Zensur nicht möglich.

Publiée par PHOENIX sur Mardi 4 juin 2019

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