Dopingvorwurf – Herausgabe einer (kompletten) Urinprobe nach Italien?

Eine in Köln gelagerte Urinprobe eines Leistungssportlers wird nur teilweise an die italienischen Strafverfolgungsbehörden herausgegeben. Der Rest verbleibt in Köln, um den Dopingkontrollinstanzen weiter zur Verfügung zu stehen. Das hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln am 13.07.2017 entschieden.

Dem italienischen Leistungssportler waren am 01.01.2016 im Auftrag des Weltleichtathletikverbandes (International Association of Athletics Federations, IAAF) bei einer Dopingkontrolle Proben entnommen worden. Diese wurden zur Kontrolle in ein von der WADA (Word AntiDoping Agency) akkreditiertes Labor in Köln verbracht. Da die Proben positiv auf eine im Sport nicht erlaubte Anwendung von Substanzen getestet wurden, wurde der Athlet wegen Dopingvergehen für mehrere Jahre gesperrt und die Sperre durch eine Entscheidung des CAS (Court of Arbitration for Sport) bestätigt.

Zusätzlich wird gegen den Athleten vor dem Landgericht Bozen ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Einnahme von Dopingmitteln geführt. Er hält die Proben für manipuliert. Mit einem Rechtshilfeersuchen hat das Landgericht Bozen die Herausgabe der Proben erbeten, um eine erneute Untersuchung durch eine wissenschaftliche Spezialeinheit der Carabinieri auf Manipulation zu ermöglichen und einen DNA – Abgleich durchzuführen.

Der 2. Strafsenat hatte über die Zulässigkeit der Herausgabe zu entscheiden. Während die italienischen Strafverfolgungsbehörden eine vollständige Herausgabe der beschlagnahmten Proben begehren und auch der Athlet zur Wahrung seiner Verteidigungsrechte im Strafverfahren sich hierfür aussprach, wandten sich die IAAF und das Kölner Labor dagegen. Sie argumentierten, dass eine Analyse der Proben in einem nicht von der WADA akkreditierten Labor zu einer Unterbrechung der im sportrechtlichen Anti-Doping-System notwendigen Beweiskette („chain of custody“) führen und diese unbrauchbar machen würde. Das sei im Hinblick auf eine mögliche weitere Anfechtung der Sperre durch den Athleten bedeutsam. Außerdem würde durch eine Herausgabe die Möglichkeit einer späteren Nachkontrolle der Proben vereitelt.

Der 2. Strafsenat hat die widerstreitenden Interessen in diesem Fall gegeneinander abgewogen und entschieden, dass 10 ml der A-Probe an die italienischen Behörden herausgegeben werden können, wobei Versiegelung und Transport nach den Regularien der WADA zu geschehen haben. Eine Interessenabwägung sei im Rahmen des hier anwendbaren § 66 IRG (Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen) möglich. Bei dieser Abwägung falle das Bedürfnis der IAAF besonders ins Gewicht, nicht durch einen Beweisverlust bei möglichen Folgeprozessen schutzlos gestellt zu werden. Die Bekämpfung von Doping stelle sowohl in Deutschland als auch in Italien einen rechtspolitischen Schwerpunkt dar, den die Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolge. Auf der anderen Seite sei zu berücksichtigen, dass die Probe im Strafverfahren gegen den Athleten einen hohen Beweiswert habe. Es sei aber nicht erkennbar, weshalb der vollständige Probeninhalt für die weiteren Untersuchungen herausgegeben werden müsse. Zwar falle grundsätzlich die Beurteilung der Beweisrelevanz eines Gegenstandes zunächst in die alleinige Entscheidungskompetenz der ersuchenden Behörde. Weder die italienischen Behörden noch der Athlet hätten hingegen Gründe dargetan, weshalb für das Strafverfahren wegen Dopings die Herausgabe der ganzen Probe erforderlich sei. Die Übersendung von 10 ml der A-Probe genüge nach Kenntnis des Senats für die von den italienischen Behörden beabsichtigten Untersuchungen. In Köln verbleibe dann noch eine ausreichende Menge der A-Probe und der B-Probe für mögliche spätere Zwecke.

Gegen die Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt.

Der Beschluss wird in Kürze im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de veröffentlicht.

Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 13.07.2017, 6 AuslS 45/17 – 35

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