Editionsprojekt Hannah Arendt. Kritische Gesamtausgabe an der Freien Universität Berlin.

Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft für zunächst drei Jahre.

Die Kritische Gesamtausgabe der Schriften von Hannah Arendt ist als ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Langfristvorhaben an der Freien Universität Berlin angesiedelt worden. Bisher wurde das Projekt von der Vanderbilt University in Nashville (Tennessee, USA) und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur finanziert. Die Kooperation mit dem Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL) und der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen (SUB) wurde von Barbara Hahn (Vanderbilt University / Freie Universität Berlin), Anne Eusterschulte (Freie Universität Berlin), Eva Geulen (ZfL) und Wolfram Horstmann (SUB) beantragt und wird zunächst für drei Jahre mit rund 1,5 Millionen Euro unterstützt. Die maximale Förderdauer beträgt zwölf Jahre.

Hannah Arendt (geb. 1906 in Linden bei Hannover, gest. 1975 in New York) war eine jüdische deutsch-amerikanische Denkerin der politischen Theorie und Publizistin. Ihr umfangreiches und vielfältiges Werk stellt sich in kritischen Lektu?ren den Traditionen politischen Denkens. Es nimmt damit die Herausforderungen des von Totalitarismus und Gewalt geprägten 20. Jahrhunderts an. Doch bisher existierte selbst für Klassiker wie Origins of Totalitarianism, The Human Condition und Eichmann in Jerusalem keine wissenschaftlich gesicherte Textgrundlage.

Die Kritische Gesamtausgabe soll erstmals alle veröffentlichten und unveröffentlichten Texte Hannah Arendts vereinen und sie in einer editionsphilologisch gesicherten und kritisch kommentierten Edition zugänglich machen. Da Hannah Arendt fast alle ihrer Schriften in mehr als einer Sprache, auf Englisch und auf Deutsch, verfasst hat, liegt ein besonderes Augenmerk auf der Zweisprachigkeit dieser Ausgabe, die zum ersten Mal diese plurale Dimension ihres Schreibens systematisch erschließt.

Ein internationales Herausgeberteam wird in den kommenden Jahren Hannah Arendts Werk in 17 Bänden als Hybrid-Edition publizieren: Neben der Printpublikation im Wallstein-Verlag wird eine digitale Publikation auf einem eigens entwickelten Web-Portal erstellt, die jeweils zwölf Monate nach der Buchveröffentlichung online geht. Damit ist damit der Open Access der Kritischen Gesamtausgabe gewährleistet; zudem werden zusätzliche Textvarianten und Faksimile von Arendts Typoskripten zugänglich gemacht. „Das eigentliche Potenzial des Web-Portals liegt darin, dass alle philologisch relevanten Informationen, zum Beispiel Streichungen, Tilgungen, Überschreibungen, Einfu?gungen, unmittelbar als diplomatische Auszeichnungen sichtbar sind“, erläutert Dr. Christian Pischel, Koordinator des Projekts. So würden etwa unterschiedliche Bearbeitungsschichten transparent und mu?ssten nicht wie bei traditionellen historisch-kritischen Ausgaben aus einem textkritischen Apparat im Buch entschlu?sselt werden. Zusammen mit innovativen digitalen Forschungstools, die im Projektzeitraum entwickelt werden, solle die Hybrid-Edition völlig neue Forschungsperspektiven auf das Schreiben und Denken Hannah Arendts eröffnen.

Die zwei ersten Bände der Kritischen Gesamtausgabe, The Modern Challenge to Tradition und Sechs Essays, sind bereits 2018/2019 erschienen; kürzlich wurde das Webportal mit der digitalen Ausgabe der Sechs Essays das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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