Ehrendoktorwürde an Margot Friedländer verliehen.

Die 100-jährige Holocaust-Überlebende wurde von der Freien Universität Berlin ausgezeichnet.

Die Holocaust-Überlebende und Autorin Margot Friedländer hat heute die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin erhalten. Die Auszeichnung wurde im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung im Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin verliehen. Die Laudatio hielt die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, emeritierte Professorin der Universität Konstanz. Anschließend führte der Historiker Paul Nolte, Professor an der Freien Universität, ein Gespräch mit Margot Friedländer und dem Geschichtsstudenten Vincent Bruckmann. Vorgeschlagen worden war die Ehrung der 100-Jährigen durch den Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften.

Der Präsident der Freien Universität Berlin Prof. Dr. Günter M. Ziegler würdigte in seiner Eröffnungsansprache Margot Friedländers Wirken in Vorträgen und Lesungen insbesondere an Schulen; und erinnerte an die Lesung an der Freien Universität im Jahr 2019. „Ohne jeden Zweifel, die Aufarbeitung und das Im-Blick-Behalten der Vergangenheit sind Grundvoraussetzung für heutiges Zusammenleben in Frieden und Würde – das Zusammenleben mit Jüdinnen und Juden, aber auch mit anderen Religionsgemeinschaften und Gruppen in unserer Gesellschaft“, sagte Günter M. Ziegler. „Unsere Gesellschaft ist in großen Teilen vielfältiger und offener geworden. Pluralismus, Gleichberechtigung und Teilhabe sind für die meisten Menschen in unserem Land gesellschaftlicher Konsens im sozialen Miteinander.“ Dies sei Menschen wie Margot Friedländer und ihrem unermüdlichen Engagement zu verdanken.

Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Aleida Assmann sagte in ihrer Laudatio: „Auf eine herausragende Weise verkörpert Margot Friedländer eine Form von Demokratieerziehung, die Verstand und Herz gleichermaßen anspricht. Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, kann selbst ein Zeuge werden und Verantwortung für diese Geschichte übernehmen. Sekundäre Zeugen, die diese Geschichte weitererzählen, stellen eine persönliche Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Zukunft her. Margot Friedländers Impuls ist so wichtig in einer Zeit, in der sich einerseits immer weniger Zeitzeugen des Holocaust noch zu Wort melden und in der sich andererseits die Zusammensetzung der Gesellschaft rapide verändert. Jeder und jede kann zu einem sekundären Zeugen werden, aber junge Menschen müssen dazu auch ermutigt, ermächtigt und gebildet werden. Hier haben die Schulen und Universitäten eine Mitverantwortung.“

Der Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften hatte in der Begründung zur Verleihung der Ehrendoktorwürde hervorgehoben, gewürdigt würden „die überragenden Verdienste von Margot Friedländer als Zeitzeugin der Verfolgung und des Überlebens in der Shoah, als engagierte Anwältin öffentlicher Geschichte, als Botschafterin der Erinnerung und der Menschlichkeit für jüngere Generationen“. Geehrt werde Margot Friedländer als beispielhafte „Bürgerwissenschaftlerin“, deren Leistungen über die Vermittlung selbst erlebter Geschichte weit hinausgingen: „Margot Friedländers citizen science steht für eigenständige Formen der Erkenntnis und Reflexion von Vergangenheit, die nicht nur für die Geschichte des Nationalsozialismus, sondern für die Zeitgeschichte und für die Geschichts- und Kulturwissenschaften überhaupt unverzichtbar geworden sind“, heißt es in der Begründung weiter. „Die Freie Universität Berlin erkennt darin eine hervorragende wissenschaftliche Leistung und ehrt mit Margot Friedländer zugleich eine Persönlichkeit, deren unerschütterliche Haltung der Menschlichkeit aus schwieriger Erinnerung auf die unverzichtbaren Grundlagen freier und verantwortlicher Wissenschaft verweist.“

Über Margot Friedländer

Der am 21. November 1921 geborenen Margot Friedländer gelang es zunächst, sich in Berlin vor den Nationalsozialisten zu verstecken, ihre Familie wurde nach Auschwitz deportiert und ermordet. Sie selbst wurde in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie überlebte und emigrierte 1946 mit Ihrem Mann Adolf Friedländer, den sie in Theresienstadt kennengelernt hatte, in die USA. Nach dessen Tod im Jahr 1997 begann sie, ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Im Jahr 2004 erschien zunächst der Film „Don’t call it Heimweh“, für den sie nach Berlin zurückkehrte. Im Jahr 2010 erschien bei Rowohlt ihr Buch „Versuche, dein Leben zu machen“, der Titel nimmt die letzten Worte der Mutter an die Tochter auf.

Den Dialog vor allem mit jungen Menschen hat sich Margot Friedländer zur Lebensaufgabe gemacht. Schon vor ihrer endgültigen Rückkehr aus den USA in ihre Heimatstadt Berlin im Jahr 2010 besuchte sie Schulklassen, hielt Lesungen, rief zur Wachsamkeit vor Antisemitismus und Totalitarismus auf. Im August 2019 las Margot Friedländer auf Einladung des Geschichtsstudenten Vincent Bruckmann an der Freien Universität Berlin aus ihrem Buch.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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