Ein Terroranschlag sei kein militärischer Angriff, sondern Schwerstkriminalität.

Gewerkschaft der Polizei (GdP) zur gemeinsamen Übung von Polizei und Bundeswehr.

Die Linke: „Bund und Länder agieren an der Grenze zum Verfassungsbruch“.

Vor der heute Nachmittag beginnenden gemeinsamen Übung der Polizeibehörden von sechs Bundesländern und der Bundeswehr, erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jörg Radek:  „Im Falle in Deutschland verübter Terroranschläge ist und bleibt die Polizei verantwortlich und zuständig für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit sowie die Ermittlung der Täter.“

Radek weiter:

„Bei einem Terroranschlag handelt es sich nicht um einen kriegerischen Angriff auf unser Land, sondern um schwerste Straftaten. Terroristen sind keine Soldaten fremder Streitkräfte, sie sind Schwerverbrecher. Eine Zusammenarbeit von Polizei und Bundeswehr ist dabei nur dann sinnvoll, wenn für die polizeiliche Lagebewältigung technisches Material gebraucht wird, über das nur die Bundeswehr verfügt“, sagte der GdP-Vize. Die Polizei sei Experte für alle Belange der inneren Sicherheit. Die Ausbildung der Bundeswehr orientiere sich dagegen an der Landesverteidigung, militärischen Konflikten sowie Unterstützungseinsätzen von Verbündeten im Ausland, bekräftigte Radek. Die bisherige Trennung der Aufgabenbereiche habe sich ebenso bewährt wie die grundgesetzlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit wie bei Flutkatastrophen.

Der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende sieht die Polizei für die Bewältigung von Terrorlagen gerüstet, schränkte aber ein, dass in Krisenfällen womöglich Aufgaben des täglichen Dienstes wie die Verkehrsüberwachung vernachlässigt werden müssten. Dies sei aber nicht der zunehmenden Terrorbedrohung geschuldet, sondern dem jahrelangen Personalabbau bei der Polizei. Natürlich, so Radek, müsse aber die Ausstattung der Polizei, auch die zum eigenen Schutz der Beamtinnen und Beamten, regelmäßig den Erfordernissen angepasst werden.

„Die Polizei ist eine Erfolgsgeschichte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat sie sich bis heute zu einem bürgernahen, rechtsstaatlichen und hoch professionellen Garanten der inneren Sicherheit entwickelt. Dieses Modell muss nicht verändert, sondern weiter gestärkt und gefestigt werden“, sagte der GdP-Vize. Der Ball liege aber im Feld der politischen Verantwortlichen. Ohne genügenden politischen Rückhalt werde die Polizei bei der Bewältigung ihrer zahlreichen Aufgaben ausgebremst.

 

Anti-Terror-Übung von Bundeswehr und Polizei sei Beitrag zur Militarisierung der Gesellschaft

„Bund und Länder agieren an der Grenze zum Verfassungsbruch“, kritisiert dagegen die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, die gemeinsame Übung.

Jelpke weiter:

„Diese Übung ist kein Beitrag zur inneren Sicherheit, sondern ein Nagel zu ihrem Sarg. Die Bekämpfung von Kriminalität ist Aufgabe der Polizei und soll es auch bleiben. Sie darf sich dabei nicht von Unterstützungsleistungen des Militärs abhängig machen.

Geht es nach der Bundesregierung, marschieren am Ende bewaffnete Soldaten im Inland auf. Doch während die Polizei noch der Unschuldsvermutung verpflichtet ist, gilt dies für die Bundeswehr nicht. Sie wird auf den Krieg vorbereitet und darauf, getötete Zivilisten als sogenannte Kollateralschäden hinzunehmen. Das darf nicht auch noch im Inland um sich greifen.

Das Szenario wurde gezielt extrem unrealistisch gestaltet, um dem Grundgesetz und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes wenigstens pro forma zu entsprechen. Ihrem Inhalt wird es aber nicht gerecht.

Auch wenn es sich nur um eine Übung am Schreibtisch handelt: Diese Übung ist ein Beitrag zur Militarisierung der Gesellschaft.“

 

Praktische Defizite beseitigen, keine neue Gesetzesdiskussion

Von heute bis zum 9. März 2017 üben die Polizeibehörden in Bund und Ländern erstmals gemeinsam mit der Bundeswehr die Zusammenarbeit beim Thema Terrorabwehr. Da mit der Bundeswehr bisher noch nie eine Terrorlage geübt wurde, stehen bei der GETEX (gemeinsame Terrorismusabwehr-Exercise) Kooperation, Koordination und gemeinsame Reaktion im Vordergrund, erklärte Gerold  Reichenbach, zuständiger Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion.

Reichenbach weiter:

„GETEX ist ein wichtiges Instrument für die Vorbereitung der Bundesrepublik auf besondere Gefahren und Notlagen, insbesondere auch was die Abstimmung zwischen Bund und Ländern betrifft.

In diesem Zusammenhang ist die Arbeit des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das von dem damaligen Bundesinnenminister Otto Schily ins Leben gerufen wurde, besonders zu würdigen. Das BBK führt in regelmäßigen Abständen Bund-Länder-Übungen, sogenannte LÜKEX-Übungen, zu besonderen Herausforderungen in der öffentlichen Gefahrenabwehr, wie zum Beispiel Pandemien, Stromausfall, Cyberattacken, durch. Ziel ist es, die Bund-Länder-Abstimmung, die Informations- und Meldewege, so wie gemeinsame Lagebeurteilungen zu üben und dabei gegebenenfalls Defizite und Schwachstellen aufzudecken. In diesem Zusammenhang ist es auch sinnvoll, den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des Artikels 35 Grundgesetz in der jetzigen GETEX zu üben.

Für völlig verfehlt halten wir jedoch daraus eine erneute Debatte über eine Verfassungsänderung zum bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Innern loszubrechen, da der grundgesetzliche Rahmen völlig ausreichend ist. Für viel dringender halten wir es bestehende Defizite anzugehen. So sind die Kreisverbindungsstellen der Bundeswehr, die im Ernstfall die Koordination und Kommunikation mit den örtlichen Gefahrenabwehrstellen sicherstellen sollen, nicht in der Lage sich in den Funkverkehr der zivilen Gefahrenabwehrbehörden wie Polizei und Feuerwehr einzubinden. Der Hinweis des Verteidigungsministeriums, dass sie ja mit Mobilfunkgeräten ausgestattet seien, wirkt vor dem Hintergrund des in Krisen- und Katastrophensituationen häufig zusammenbrechenden Mobilfunkverkehrs eher hilflos.

Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich dafür aus, die praktischen Defizite anzugehen, statt immer wieder neue Gesetzesänderungsdiskussion vom Zaun zu brechen.“

Fotoquelle: Foto (l.): Michael Arning – Foto (r.): © Gemen64 – www.pixelio.de – Collage: GdP

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