Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts im Dezember 2025.

Theaterintendant – Arbeitsgerichte zuständig für Kündigungsstreit.

Für die Klage eines Generalintendanten gegen eine außerordentliche Kündigung kann der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sein.

Die Frage stellte sich im Rahmen eines Kündigungsschutzstreits. Der Kläger war als Generalintendant bei einem Theater beschäftigt, das die beklagte Stadt als Eigenbetrieb führt.

Grundlage ist ein „Intendantenvertrag“, der dem Generalintendanten die künstlerische Leitung des Theaters überträgt. Zu seinen Aufgaben gehörten insbesondere die Gestaltung des Spielplans, die Rollenbesetzung sowie die Verteilung der Regieaufgaben und Dirigate. Der Vertrag nimmt eine Eigenbetriebssatzung sowie die Geschäftsordnung für das Theater in Bezug. In diesen Regelwerken sind ua. die Organisation des Theaters sowie Aufgaben und Befugnisse der für den Eigenbetrieb zuständigen Organe näher bestimmt. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht wendet sich der Kläger vorrangig gegen eine außerordentliche Kündigung.

Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt und beantragt, den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen. Der Kläger sei kein Arbeitnehmer, sondern im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses tätig gewesen. Die Vorinstanzen haben die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bejaht und angenommen, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei eröffnet.

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Rechtsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen und den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ebenfalls für gegeben erachtet. Es geht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist als Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG zu qualifizieren. Der Norm liegt der allgemeine nationale Arbeitnehmerbegriff zugrunde, der in § 611a Abs. 1 BGB* gesetzlich geregelt ist. Aus dem „Intendantenvertrag“ ergibt sich in Verbindung mit den Kompetenzregelungen in der Eigenbetriebssatzung und der Geschäftsordnung, dass der Generalintendant seine Arbeit nicht im Wesentlichen frei, sondern weisungsgebunden und fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit auszuüben hat. Trotz weitreichender Freiheiten unterliegt er wesentlichen – auch ablauforientierten – Weisungen des Oberbürgermeisters. Durch die Einbindung in die stark arbeitsteilig ausgerichtete Organisation des Theaters erweist sich die Tätigkeit auch als fremdbestimmt. Die Führungsstruktur sieht ein enges Zusammenwirken von Generalintendant und Verwaltungsdirektor vor sowie eine Kontrolle durch Oberbürgermeister und Werkausschuss, deren Entscheidungen im Konfliktfall die des Generalintendanten ersetzen können. Diese Aspekte lassen die für ein freies Dienstverhältnis sprechenden Gesichtspunkte, etwa die freie Arbeitszeitgestaltung, bei einer Gesamtbetrachtung in den Hintergrund treten.

Auch der Umstand, dass der „Intendantenvertrag“ dem Kläger die künstlerische Verantwortung und gestalterische Freiheit einräumt, ändert im Ergebnis nichts.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 2. Dezember 2025 – 9 AZB 3/25 –

Vorinstanz: Thüringer Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 27. Januar 2025 – 2 Ta 81/24 –

*§ 611a Abs. 1 BGB lautet:

„§ 611a Arbeitsvertrag

(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.

Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.“

Schiedsrichter-Assistent in der 3. Fußball-Liga – Arbeitsgerichte unzuständig für Entschädigungsklage.

Ein Schiedsrichter-Assistent in der 3. Fußball-Liga ist kein Arbeitnehmer der DFB Schiri GmbH.

Für eine auf Entschädigung und Schadensersatz wegen Diskriminierung gerichtete Klage ist daher der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet.

Der Kläger wird seit der Saison 2021/2022 als Schiedsrichter in der Regionalliga eingesetzt.

Bei der nächsthöheren Spielklasse, der 3. Liga, handelt es sich um eine Profiliga. Ihr Spielbetrieb wird durch den Deutschen Fußballbund (DFB) organisiert. Die beklagte DFB Schiri GmbH ist zuständig für die Besetzung der Spiele mit Schiedsrichtern einschließlich der Schiedsrichter-Assistenten und Vierten Offiziellen. Dazu führt sie sog. Schiedsrichterlisten. Die Aufnahme in die Schiedsrichterliste für die 3. Liga erfolgt ua. dadurch, dass Schiedsrichter der Regionalliga durch die Regionalverbände für sog. DFB-Schiedsrichter-Coaching-Plätze gemeldet werden. Der Kläger wurde für die Saison 2024/2025 nicht berücksichtigt. Ihm wurde deshalb von der Beklagten – was er als diskriminierend erachtet – kein Rahmenvertrag über eine Tätigkeit als Schiedsrichter-Assistent in der 3. Liga angeboten.

Nach dem Rahmenvertrag ist der Schiedsrichter nicht zur Übernahme von Spielleitungen verpflichtet. Die Beklagte vergibt die Spielaufträge über das sogenannte DFBnet. Die Schiedsrichter-Assistenten tragen im Vorfeld Termine, an denen sie keine Einsätze übernehmen können, im System als sog. Freistellungen ein. Im Anschluss werden sie von der Beklagten für bestimmte Spiele eingeteilt. Der Einsatz kann danach von den Schiedsrichter-Assistenten noch abgelehnt werden. Die Schiedsrichter-Assistenten der 3. Liga erhalten keine monatliche Grundvergütung, sondern werden für jeden einzelnen Einsatz entlohnt. Ein Video-Assistant-Referee kommt in der 3. Liga – bislang – nicht zum Einsatz.

Der Kläger hat die auf Zahlung einer Entschädigung und von Schadensersatz nach § 15 AGG gerichtete Klage beim Arbeitsgericht anhängig gemacht. Die Beklagte hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt und gemeint, der Kläger wäre als Schiedsrichter-Assistent in der 3. Liga nicht als Arbeitnehmer für sie tätig geworden.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als nicht gegeben angesehen und den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen demgegenüber für zulässig erklärt.

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Der Kläger wäre, so er „eingestellt“ worden wäre, nicht als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig geworden. Weder durch den Rahmenvertrag noch durch die einzelnen Einsätze als Schiedsrichter-Assistent wäre zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 611a Abs. 1 BGB begründet worden. Die Beklagte kann einen Schiedsrichter-Assistenten in der 3. Liga aufgrund des Rahmenvertrags nicht einseitig anweisen, an einem bestimmten Spiel als Mitglied des Schiedsrichter-Teams mitzuwirken. Erklärt er sich nicht bereit, ein Spiel zu leiten, drohen ihm keine Sanktionen aufgrund der Schiedsrichterordnung des DFB. Übernimmt ein Schiedsrichter-Assistent einvernehmlich eine Spielleitung in der 3. Liga, sind die damit begründeten Pflichten nach dem Rahmenvertrag sowie der Schiedsrichterordnung nicht weisungsgebunden und fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit zu erfüllen. Der Kläger wäre auch nicht als arbeitnehmerähnliche Person iSv. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG für die Beklagte tätig geworden. Insofern fehlte die erforderliche wirtschaftliche Abhängigkeit.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 3. Dezember 2025 – 9 AZB 18/25 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 16. Juni 2025 – 5 Ta 58/25 –

Hinweis: Der Kläger hat die Klage nach formloser Mitteilung des Senatsbeschlusses an die Parteien (§ 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO) zurückgenommen.

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