Das Europäische Parlament hat in seiner heutigen Plenarsitzung dem Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) mit großer Mehrheit zugestimmt. Auf EU-Ebene ist die Ratifizierung damit abgeschlossen – es können die Teile des Abkommens vorläufig in Kraft treten, die in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen. In den Mitgliedstaaten kann nun der Ratifizierungsprozess durch die nationalen Parlamente beginnen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker freute sich über die Zustimmung der Abgeordneten. „Das Abkommen war Gegenstand einer umfassenden parlamentarischen Prüfung, die das gewachsene Interesse der Öffentlichkeit an der Handelspolitik widerspiegelt. Der intensive Meinungsaustausch bezüglich des CETA-Abkommens im Verlauf dieses Prozesses ist ein Beweis für den demokratischen Charakter der europäischen Verfahren der Entscheidungsfindung“, sagte Juncker.
Juncker unterstrich die Vorteile des Abkommens, das eines der fortschrittlichsten von der EU jemals ausgehandelten Abkommen sei. „Mit diesem fortschrittlichen Abkommen erhalten wir eine Chance zu einer gemeinsamen Gestaltung des Globalisierungsprozesses und zur Einflussnahme auf die Festlegung globaler Handelsregelungen. Das beste Beispiel hierfür sind die mit unseren kanadischen Freunden bereits eingeleiteten Arbeiten zur Festlegung multilateraler Regeln im Investitionsbereich“, sagte Juncker.
Er forderte die Mitgliedstaaten dazu auf, integrative und umfassende Diskussionen mit den einschlägigen Interessenträgern auf nationaler Ebene einzuleiten, um die nationalen Ratifizierungsverfahren in Gang zu setzen.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström fügte hinzu: „Diese Abstimmung stellt den Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen zwischen der EU und Kanada dar – und gemeinsamen setzen wir heute ein wichtiges Zeichen. Die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaften stehen, sind nicht durch Mauern, sondern durch die Errichtung von Brücken gemeinsam zu bewältigen. In diesen unsicheren Zeiten, in denen wir weltweit mit einem zunehmenden Protektionismus konfrontiert sind, unterstreicht das CETA-Abkommen unser starkes Engagement für einen nachhaltigen Handel.“
Kanada sei ein enger Verbündeter Europas, mit dem die EU gemeinsame Werte und Ideale sowie ein Engagement für offene Märkte und faire Sozialpolitik teile, so Malmström weiter. „Mit einem bilateralen jährlichen Handelsvolumen von 91 Mrd. Euro ist Kanada ein wichtiger Wirtschaftspartner der EU. Nach der Ratifizierung des Abkommens durch das kanadische Parlament besteht der nächste Schritt in dem vorläufigen Inkrafttreten des Abkommens, das hoffentlich rasch und wirksam umgesetzt werden kann. Schon sehr bald werden Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks diese Vorteile nutzen können“, hob Malmström hervor.
Was bietet das CETA-Abkommen?
Für die EU eröffne CETA neue Chancen für EU-Unternehmen. Es werde den EU-Unternehmen jährlich mehr als 500 Mio. Euro an Zöllen ersparen, die derzeit auf die Ausfuhren nach Kanada bezahlt würden. 99 Prozent dieser Einsparungen würden sich vom ersten Tag an ergeben. Es werde EU-Unternehmen den besten Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Kanada eröffnen, den sie je hatten, und zwar auch zu den Aufträgen auf Provinzebene (ebenso wie auf nationaler und kommunaler Ebene).
Es werde in ganz enormem Ausmaß den kleineren Unternehmen zugutekommen, die sich bürokratischen Aufwand am wenigsten leisten könnten. Kleine Unternehmen würden Zeit und Geld sparen, indem beispielsweise doppelte Prüfanforderungen, langwierige Zollverfahren und hohe Rechtskosten vermieden werden.
CETA werde neue Möglichkeiten für Landwirte und Lebensmittelhersteller schaffen und dabei voll und ganz den aus Sicht der EU sensiblen Punkten Rechnung tragen. Die für bestimmte Erzeugnisse vorgesehenen Marktöffnungen der EU seien begrenzt und aufeinander abgestimmt und würden durch Marktöffnungen Kanadas aufgewogen, mit denen wichtigen europäischen Exportinteressen, z. B. bei Käse, Wein und Spirituosen, Obst und Gemüse, verarbeiteten Erzeugnissen und dem Schutz von 143 hochwertigen europäischen Erzeugnissen (Produkte mit sogenannten geografischen Herkunftsangaben) auf dem kanadischen Markt entsprochen würde.
EU-Sicht: Auch die 500 Millionen Verbraucher in der EU würden Vorteile des CETA-Abkommens nutzen können. Das Abkommen bringe uns eine größere Auswahl, behalte aber gleichzeitig die geltenden europäischen Standards bei – schließlich könnten es Waren und Dienstleistungen nur auf den EU-Markt schaffen, wenn sie die EU-Vorschriften voll und ganz einhalten. Das heißt, dass sich die Vorgehensweise der EU bei der Regulierung der Lebensmittelsicherheit durch CETA nicht ändern werde; dies gelte auch für GVO-Produkte oder das Verbot von hormonbehandeltem Rindfleisch.
Das Abkommen würde die Rechtssicherheit in der Dienstleistungswirtschaft verbessern, Beschäftigten und Angehörigen der freien Berufe mehr Mobilität bieten und einen Rahmen zur Anerkennung von Qualifikationen von Berufsgruppen vom Architekten bis zum Kranführer schaffen.
Die derzeitige Form der Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS), die in vielen von EU-Regierungen ausgehandelten bilateralen Handelsabkommen verankert ist, würde durch die neue und verbesserte Investitionsgerichtsbarkeit (Investment Court System – ICS) ersetzt. Das neue System wird ein transparentes System sein, das nicht auf Ad-hoc-Schiedsgerichten basiert.
Die Mitgliedstaaten würden weiterhin die Möglichkeit haben, öffentliche Dienstleistungen nach eigenem Ermessen zu organisieren. Diese und andere Fragen seien in einer Gemeinsamen Auslegungserklärung näher ausgeführt worden. Diese Erklärung würde Rechtskraft haben und klar und unmissverständlich darlegen, worauf sich Kanada und die Europäische Union bei bestimmten CETA-Artikeln geeinigt haben.
Hintergrund und nächste Schritte
Am 30. Oktober haben die EU und Kanada das Handelsabkommen unterzeichnet. Heute hat nun das Europäische Parlament seine Zustimmung erteilt. Damit ist der Weg für ein vorläufiges Inkrafttreten des CETA-Abkommens nach erfolgter Ratifizierung auf kanadischer Seite frei. Die vollständige Umsetzung des CETA-Abkommens wird erst nach der Ratifizierung durch die Parlamente aller Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den jeweiligen internen verfassungsrechtlichen Anforderungen abgeschlossen sein.
Aus EU-Sicht gäbe es eindeutige Belege dafür, dass Freihandelsabkommen Wachstum und Beschäftigung in Europa fördern. Die EU-Ausfuhren nach Südkorea beispielsweise hätten seit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der EU und Südkorea im Jahr 2011 um mehr als 55 Prozent zugenommen. In diesen fünf Jahren sei bei den Ausfuhren bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse ein Zuwachs von 70 Prozent und bei den Verkäufen von EU-Autos in Südkorea ein Anstieg auf das Dreifache verzeichnet worden. Das Abkommen mit Südkorea wurde ebenfalls während des Ratifizierungsprozesses vorläufig angewandt. Im Durchschnitt stehe jede zusätzliche Exportmilliarde für 15 000 Arbeitsplätze in der EU. 31 Millionen Arbeitsplätze in Europa seien vom Ausfuhrgeschäft abhängig.
Weitere Informationen:
Factsheet: CETA – ein Handelsabkommen, das neue Standards für den Welthandel setzt
CETA in your town (englische Fassung) – eine interaktive Karte mit Länderinformationen sowie Infografiken nach Ländern
CETA: Hintergrund, Fragen und Antworten, Inhalte
Vorteile von CETA & Erfolgsgeschichten von Exporteuren
Gegen das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen – dem das Europaparlament zugestimmt hat – spricht…
Publié par tagesschau sur mercredi 15 février 2017
CETA: Das falsche Abkommen zum falschen Zeitpunkt
Zur Abstimmung über das Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada im Europäischen Parlament erklärt Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik, von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:
Dröge weiter:
„Die Zustimmung des Europaparlaments zum CETA Abkommen ist eine schlechte Nachricht für die hunderttausenden Bürgerinnen und Bürger in Europa, die für eine faire Handelspolitik mit starken Schutzstandards auf die Straße gegangen sind. Trotzdem ist die Auseinandersetzung um CETA noch nicht vorbei, denn auch in den nationalen Parlamenten kann das Abkommen noch aufgehalten werden.
CETA ist das falsche Abkommen zur falschen Zeit. Gerade angesichts des Handels-Nationalismus von Donald Trump muss die EU ihren Kurs ändern und eine Handelspolitik betreiben, die starke Regeln für die Globalisierung definiert. Eine gute Handelspolitik muss faire Arbeitsbedingungen stärken, einen Beitrag zur Armutsbekämpfung leisten und vor allem Umwelt- und Sozialstandards weltweit voranbringen.
CETA ist all das nicht. Im Gegenteil: So schwächt es den Schutz von Verbrauchern, Arbeitnehmern und der Umwelt Das Abkommen macht starke Schutzstandards nicht zum Ziel, sondern stellt sie in Frage. Und es schreibt das falsche System der Schiedsgerichte fort.
Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben mit ihrer Zustimmung die roten Linien komplett ignoriert, die sie sich selbst gesetzt hatten. Wenn die Ratifizierung in den Mitgliedsstaaten ansteht, kann CETA so nicht von uns akzeptiert werden. CDU, CSU und SPD müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und nun endlich eine echte Kurskorrektur der Europäischen Handelspolitik erwirken.“
CETA: Abkommen bleibt hinter Anforderungen einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft zurück
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Zur Verabschiedung von CETA im Europäischen Parlament erklären Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, SpitzenkandidatInnen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Die informelle Große Koalition im Europäischen Parlament hat heute CETA zugestimmt. Das Handelsabkommen tritt damit zu großen Teilen vorläufig in Kraft. Die Grünen im Europaparlament haben heute zurecht CETA abgelehnt, denn das vorliegende Abkommen bleibt hinter unseren Anforderungen einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft zurück. Sonderklagerechte für Konzerne oder Stillstands-Klauseln bei Privatisierungen lehnen wir weiter entschieden ab. Fairer Handel basiert auf hohen ökologischen und sozialen Standards für alle Beteiligten. CETA treibt die internationale Öffnung der Märkte voran, ohne gleichzeitig starke soziale, ökologische und demokratische Regeln zu verankern.
Damit taugt CETA nicht als Blaupause für eine europäische Handelspolitik, die dem Protektionismus von Trump unser Ziel eines internationalen Handels entgegenstellt, der den Menschen dient und hohe ökologische und soziale Standards setzt. Gerade mit Kanada, einem transatlantischen Partnerland, mit dem uns so viel verbindet wie mit wenigen Staaten in der Welt, sollte ein echtes Zukunftssignal für solche faire Handelsabkommen möglich sein. Europa muss zudem alles daran setzen, die mulitlateralen Handelsverhandlungen im Rahmen der WTO in Gang zu bringen.
Ob nach der Verabschiedung CETAs auf europäischer Ebene nun alle Regional- und Nationalparlamente zustimmen, ist ungewiss. Auch in Belgien, Österreich und Griechenland gibt es starke Vorbehalte gegen das Abkommen. In der Bundesrepublik steht ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus. Solange der Ratifizierungsprozess nicht abgeschlossen ist, gelten die Klageregeln für Investoren nicht. Kanada und die EU haben nun Zeit zu überdenken, wie sie ein faires Investitionsschutzsystem aufbauen und starke soziale und ökologische Standards den gemeinsamen Handel regeln können. Dies geschieht im Idealfall durch Neuverhandlungen der problematischen Aspekte und muss im Notfall durch nationale Vorbehalte eben dieser konditioniert werden. Wir sehen im Prozess der mitgliedstaatlichen Ratifikation die Möglichkeit, die kritischen Punkte des Abkommens neu zu verhandeln.“
CETA ist das Gegenteil von sozial
„Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Europaparlament war leider kein anderes Abstimmungsergebnis zu erwarten. Bedauerlich ist dennoch, dass die Europa-SPD CETA zugestimmt hat. Kanzlerkandidat Martin Schulz schreibt auf der SPD-Europa-Website, für ein soziales Europa müsse man Europa nach links schieben. Nur so könnten in der EU soziale Standards gesichert und ausgebaut werden. Mit CETA ist aber das Gegenteil der Fall. Die Gleichung CETA = fairer Handel geht nicht auf“, kommentiert Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die heutige CETA-Abstimmung im Europäischen Parlament.
Ernst weiter:
„Zu CETA ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Das Abkommen wird voraussichtlich ab 1. März zwar teilweise in Kraft gesetzt, für seine vollständige Umsetzung muss es jedoch von jedem einzelnen EU-Mitgliedstaat ratifiziert werden. Ich bin sehr optimistisch, dass CETA darüber gestoppt wird. Auch steht in Deutschland noch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus und Belgien will CETA noch vom Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Scheitert eine nationale Abstimmung oder erklärt ein Gericht CETA für verfassungswidrig, muss die vorläufige Anwendung beendet werden. Das bleibt unser Ziel. Der Widerstand gegen CETA geht weiter.“
Klaus Ernst, DIE LINKE: Widerstand gegen Ceta geht weiterDas #Europaparlament hat dem Handelsabkommen #Ceta zwischen der #EU und #Kanada zugestimmt. "Das Traurige ist", sagt Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE #LINKE. im #Bundestag, "auch die #Sozialdemokraten haben zugestimmt." Dabei erfülle das Abkommen nicht die Vorgaben der #SPD-Parteigremien. Die Parteiführung der SPD habe die eigene Partei am Nasenring durch die Manege geführt. Ungeachtet dessen, sagte Klaus Ernst, gehe der #Widerstand weiter und werde sich lohnen. Das Abkommen brauche niemand: "Es ist kein fairer Handel. Es ist Handel einseitig im Interesse der großen internationalen Unternehmen."
Publié par Fraktion DIE LINKE. im Bundestag sur mercredi 15 février 2017
CETA – weiterer Schritt für faire Handelspolitik
Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt dagegen die Zustimmung des Europäischen Parlaments zu CETA. Gerade in Zeiten, in denen manche zurück zum Protektionismus und in der Handelspolitik ein „Recht des Stärkeren“ etablieren wollen, sei es wichtig, der Globalisierung faire und gerechte Regeln zu geben, heißt es von SPD-Seite.
Bernd Westphal, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher, Norbert Spinrath, europapolitischer Sprecher, und Claudia Tausend, zuständige Berichterstatterin der Arbeitsgruppe Europa der SPD-Bundestagsfraktion erklärten:
„Das CETA Abkommen ist einen deutlichen Schritt weiter gekommen. Mit breiter Mehrheit haben sich die Abgeordneten des Europaparlaments für einen Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu Kanada ausgesprochen. Dies bedeutet mehr Marktzugang vor allem für unseren Mittelstand bei Geltung besserer Regeln. Zollsenkungen und Bürokratieabbau werden zu einer Stärkung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen führen. Durch die Initiative der SPD, der SPD-Bundestagsfraktion und der europäischen Sozialdemokratie konnten außerdem viele Verbesserungen im Abkommen durchgesetzt werden, die zu Beginn des Prozesses nicht möglich schienen. Die ursprünglich vorgesehenen privaten Schiedsgerichte wurden verhindert, die Daseinsvorsorge gesichert, Arbeitnehmerrechte im Abkommen verankert, das Vorsorgeprinzip erhalten und Klagegründe weit eingegrenzt.
Nach der intensiven Beschäftigung des Europäischen Parlaments mit dem Abkommen und der heutigen Zustimmung werden die Teile in europäischer Zuständigkeit in den nächsten Monaten vorläufig in Kraft treten.
Danach sind die nationalen Parlamente am Zug. Die Teile des Abkommens, die in nationaler Zuständigkeit liegen, werden erst nach der Ratifikation durch die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten in Kraft treten. Dazu gehören auch weite Teile des Investitionsschutzkapitels mit dem von Sigmar Gabriel initiierten multilateralen Investitionsgerichtshof. CETA ist ein modernes Freihandelsabkommen, das mit seinen Standards die Messlatte setzt, an dem sich zukünftige Abkommen orientieren müssen.“
Eine Rede, die Mut macht: "Wichtig sei, in der globalisierten Welt enger zusammenzurücken", sagte Kanadas Premierminister Trudeau im EU-Parlament.
Publié par tagesschau sur jeudi 16 février 2017