Fall Akhanli: EU-Kommission vertraue auf Rechtsstaat in Spanien.

Nach der Haftentlassung des deutschen Autors Dogan Akhanli in Spanien hat die Europäische Kommission die Türkei vor einem Missbrauch internationaler Organisationen wie Interpol gewarnt. „Die Europäische Kommission hat volles Vertrauen in die spanischen Behörden, dass sie  diesen Fall nach dem Gesetz behandeln. Glücklicherweise ist die EU auf Rechtsstaatlichkeit gegründet. Wir sind überzeugt, dass internationale Organisationen wie Interpol nicht dazu verwendet werden sollten, Schriftsteller zu verhaften, die mit einer bestimmten Regierung nicht einverstanden sind“, sagte ein Kommissionssprecher am Montag in Brüssel.

Auf die Frage nach Konsequenzen für die Türkei-Politik der Europäischen Union und die Beitrittsverhandlungen verwies der Sprecher auf jüngere Aussagen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Ich bin der Meinung, dass die Türkei sich schrittweise – manchmal auch in Riesenschritten – von der Europäischen Union entfernt. Das habe ich auch Präsident Erdoğan mehrfach, voluminös dargestellt. Aber ich glaube, es ist besser für das beiderseitige Verhältnis zwischen Türkei und der EU in Gesprächen zu bleiben, ohne diese Beitrittsperspektive jetzt zu überhöhen. Das ist nicht das Thema dieser Tage, weil die Türkei benimmt sich nicht so, als ob sie den festen Entschluss gefasst hätte, definitiv der Europäischen Union beitreten zu wollen“, sagte Juncker Anfang August dem ARD-Hörfunk in einem Sommerinterview.

Fundamentale europäische Grundwerte würden in der Türkei nicht beachtet, so Juncker. „Aber jetzt die Last der Verantwortung auf die Europäische Union zu übertragen, anstatt sie dort zu lassen, wo sie ist, nämlich in der Türkei, hielte ich für ein Beispiel nicht gehobener Staatskunst.“

Weitere Informationen:

Mitschnitt der täglichen Pressekonferenz der Europäischen Kommission vom 21. August 2017

Sommerinterview von Präsident Juncker mit dem ARD-Hörfunk vom 2. August 2017

Regierungspressekonferenz zur Festnahme von Dogan Akhanli

"Uns lag in diesem Fall nichts konkret vor der Festnahme vor" – Regierungspressekonferenz, u.a. mit Martin Schäfer (Sprecher Auswärtiges Amt) und Juliane Baer-Henney (Sprecherin Bundesjustizministerium) zur Festnahme von Dogan Akhanli (Deutscher Schriftsteller türkischer Herkunft)

Publié par PHOENIX sur lundi 21 août 2017

Luc Walpot zur Verhaftung von Dogan Akhanli

"Man muss sich natürlich fragen: woher weiß die türkische Seite (…) dass der Schriftsteller, der ja in Köln lebt, zurzeit in Spanien Urlaub macht" – Luc Walpot (ZDF-Korrespondent) im Gespräch mit Mareike Bokern zur Verhaftung von Dogan Akhanli (Deutscher Schriftsteller türkischer Abstammung).

Publié par PHOENIX sur lundi 21 août 2017

Export von Autorenverfolgung durch die Türkei stoppen

Die offensichtlich haltlosen internationalen Ersuche auf vorläufige Festnahme gegen den deutschen Schriftsteller Doğan Akhanli sowie den schwedischen Journalisten Hamza Yalcin verstärken den Eindruck, dass Erdoğan zunehmend versucht, das repressive türkische Regime nun auch ins Ausland zu exportieren. Dem müssen wir klar entgegentreten, sagte heute Martin Dörmann, kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Dörmann weiter:

„Am Wochenende wurde der türkischstämmige Kölner Schriftsteller Doğan Akhanli auf Betreiben türkischer Behörden in Spanien festgenommen. Auch wenn er mittlerweile zu Recht wieder freigekommen ist: Das Vorgehen hat System, wie auch der Fall Hamza Yalcin zeigt. Der schwedisch-türkische Journalist wurde bereits Anfang August während eines Aufenthalts in Spanien verhaftet. Erdoğans Prinzip – jeder der kritisch zu meiner Politik steht, muss ins Gefängnis – trägt paranoide Züge.

Die europäischen Staaten dürfen diesen Missbrauch der internationalen Strafverfolgungskooperation nicht mitmachen. Ohne stichhaltige Indizien darf es keine Verhaftungen und erst Recht keine Auslieferung geben. Dieser politisch motivierte Vorgang versucht, die Unterdrückung in der Türkei von missliebigen Stimmen in alle Welt zu exportieren.

Es darf nicht sein, dass sich künftig jeder, der sich einmal Erdoğan-kritisch geäußert hat, vor einer Auslandsreise beim Bundeskriminalamt versichern muss, dass kein internationaler Haftbefehl türkischer Behörden gegen ihn vorliegt. Meinungs- und Reisefreiheit werden wir auch gegen Herrn Erdoğan verteidigen. Statt Kritiker zu verfolgen, sollte Herr Erdoğan endlich wieder zur echten Gewaltenteilung, zur unabhängigen Justiz und zur pluralen demokratischen Auseinandersetzung zurückkehren. Frieden und Wohlstand wird ansonsten in der Türkei endgültig verloren gehen.“

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