Sonderrecht für Staatsbedienstete?

Fragen der TP Presseagentur Berlin an den Justitiar der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Sascha Braun.

TP: Herr Braun, das Bundeskabinett hat nun einen Gesetzentwurf verabschiedet, wonach Polizisten und Rettungskräfte künftig besser geschützt werden sollen. Ein Angriff auf Vollstreckungsbeamte im Dienst soll nun auch strafbar sein, heißt es. Ein Angriff auf solche Personen ist doch schon nach der geltenden Gesetzeslage eine Straftat. Wo sind diese Personen nach der jetzigen Gesetzeslage nicht (besser) geschützt?

Sascha Braun: Bei dem Gesetzesvorhaben geht es um zwei Aspekte:

  1.        Bislang ist der tätliche Angriff auf einen Polizeibeamten strafbar, wenn dieser Angriff innerhalb einer Vollstreckungshandlung geschieht. Die Einschränkung auf eine Vollstreckungshandlung ist nicht ersichtlich, deshalb ist es richtig, die bereits vorhandene Strafbarkeit auszudehnen und tätliche Angriffe auch dann strafbar zu machen, wenn sie während allgemeiner Diensthandlungen begangen werden.
  2.        Bei der deutlichen Strafverschärfung geht es darum, ein Signal zu setzen, dass der Staat diese tätlichen Angriffe nicht duldet und die Justiz nunmehr die Möglichkeit hat, auch spürbar härtere Strafen zu verhängen. Dass solche Strafen gerade bei Ersttätern Geldstrafen sind, ist richtig, in Zukunft werden aber Straftäter die Polizisten tätlich angreifen, deutlich tiefer in ihre Tasche greifen müssen.

TP: Die Kriminologin und Polizeiforscherin Rita Steffes-enn sagte in einem ZDF-Interview, der neue Straftatbestand könne nach wissenschaftlichen Kriterien nicht gerechtfertigt werden, er verhindere auch nicht die damit umfassten Straftaten.

Gewalt gegen Polizisten – ein wachsendes Problem?

Gewalt gegen Polizisten soll härter bestraft werden. Die Kriminologin & Ex-Polizistin Rita Steffes-enn über die praktischen Auswirkungen:

Publiée par ZDF heute sur Mercredi 8 février 2017

Braun: Zu den Erkenntnissen und Wertungen von Frau Steffes-enn kann ich nichts sagen. Die Gesellschaft setzt in vielen Bereichen auf die abschreckende Wirkung von Strafen, vor allem von Geldstrafen, sei es im Straßenverkehr, bei Steuerdelikten oder auch Körperverletzungsstraftaten. Warum dieser Effekt der Abschreckung und der nachhaltigen Verdeutlichung von Unrecht nun ausgerechnet bei den Straftaten zum Nachteil von Polizeibeamten und Rettungskräften nicht gelten soll, bleibt das Berufsgeheimnis von Frau Steffes-enn.

TP: Muss jemand, der nun einem Vollstreckungsbeamten den sog. Stinkefinger zeigt, schon mit einer deftigen Strafe rechnen bzw. eines Angriffs bezichtigt zu werden?

Braun: Nein.

TP: Kritiker des Gesetzentwurfs werfen den Verantwortlichen vor, ein Sonderrecht für Staatsbedienstete schaffen zu wollen, obwohl Straftaten gegen sie ohnehin strafverschärfend bei der Strafzumessung des oder der Täter gewertet werden.

Strafrecht nicht das richtige Mittel für mehr Schutz und Wertschätzung von Einsatzkräften.

Braun: Der Gesetzgeber schützt bewusst bereits jetzt durch die Deliktsgruppe „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ bestimmte staatliche Handlungen und die dazu berufenen Organe. Das ist überhaupt nicht neu, allerdings nicht jedem bekannt. Insofern zeugt diese Kritik vor allem von Unkenntnis über das bestehende strafrechtliche System.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat vor sieben Jahren die Debatte um den besseren strafrechtlichen Schutz von Polizeibeamten und Rettungskräften angestoßen und einen gesetzgeberischen Vorschlag unterbreitet, der jetzt vom Bundeskabinett in etwas veränderter Form aufgegriffen wurde. Wir wollen erreichen, dass Personen, die Polizeibeamte und Rettungskräfte attackieren, deutlich bestraft werden. Es gibt keinen Grund, Polizeibeamte und Feuerwehrleute anzugreifen, während sie ihren Dienst tun. Nicht jeder dieser Angriffe ist auch immer eine vollendete Körperverletzung. Er ist aber immer Ausdruck einer feindlichen Willensrichtung, die den Menschen in Uniform trifft. Die damit einhergehende deutliche Erschwerung der Berufsausübung, die Eskalation von Gewalt und die seit Jahren steigenden Zahlen von verletzten Kolleginnen und Kollegen sind allemal Anlass genug, das Strafrecht zu verschärfen, um den Straftätern das Unrecht ihrer Taten zu verdeutlichen.

Fragen: TP Presseagentur Berlin/Dietmar Jochum

Gewerkschaft der Polizei (GdP) und CDU begrüßen neuen Straftatbestand bei Angriffen auf Vollstreckungsbeamte.

So soll das Gesetz künftig aussehen:

Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften.

Der Schutz von Vollstreckungsbeamten, insbesondere Polizisten, sowie von Rettungskräften ist ein wichtiges Anliegen.
Kommt es bei der Ausübung des Dienstes zu einem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, werden diese nicht als Individualpersonen angegriffen, sondern als Repräsentanten der staatlichen Gewalt. Daher zielt dieser Gesetzentwurf auf eine Stärkung des Schutzes dieser Personengruppe. Die Tatbegehungsform des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte wird aus § 113 StGB herausgelöst und in § 114 StGB-E als selbständiger Straftatbestand mit verschärftem Strafrahmen (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) ausgestaltet. Der neue Straftatbestand verzichtet für tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auf den Bezug zur Vollstreckungshandlung. Damit werden künftig tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auch schon bei der Vornahme allgemeiner Diensthandlungen gesondert unter Strafe gestellt. Darüber hinaus werden die Regelbeispiele für den besonders schweren Fall (§ 113 Absatz 2 Satz 2 StGB-E) erweitert.
Über die angepasste Verweisung für Hilfskräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste kommen die Änderungen auch diesem Personenkreis zu Gute (§ 115 StGB-E).
Flankierend sollen Änderungen beim Landfriedensbruch (§§ 125, 125a StGB) vorgenommen werden.

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