Gefangenengewerkschaft GG/BO will parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Gefängnisskandal in der JVA Berlin-Tegel fordern.

Wie die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) nun in einem veröffentlichten Statement „Zwischenergebnisse der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) zur ‚Klau-und-Schmuggel-Wirtschaft‘ seitens Bediensteter der JVA Tegel“ bekannt gab, habe Berlin einen handfesten Justizskandal.

Die im Jahre 2014 von Mehmet-Sadik Aykol und Oliver Rast gegründete GG/BO will nun endgültig darüber Aufklärung: „Die aus den vergangenen Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus hervorgehende Koalition wird sich mit der Situation der organisierten ‚Klau-und-Schmuggel-Wirtschaft‘ seitens Bediensteter in der JVA Tegel befassen müssen. Die GG/BO wird zeitnah die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses fordern, der u.a. die Mitwisserschaft der Senatsverwaltung für Justiz unter dem Noch-Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) aufklären muss“, heißt es in dem jetzt veröffentlichten Statement der Gefangenengewerkschaft.

Aufgrund vorliegender detaillierter Informationen von engagierten Inhaftierten aus der JVA Tegel bezüglich des Ausmaßes und des Netzwerk-Charakters des „Tegeler Tauschrings“ sei die durch die Senatsverwaltung für Justiz vertretene „Einzelfall-These“ pure Augenwischerei und ein Akt der Desinformation. Nach diesen Informationen seien mindestens 20 bis 30 überwiegend namentlich bekannte JVA-Bedienstete Teil dieses „Tauschrings“, so die GG/BO.

Weiter heißt es: Im großen Stil würden seit Jahren Materialien und Produkte, die arbeitende Gefangene unter den Bedingungen des Sozial- und Lohndumpings erzeugt haben, von JVA-Bediensteten über den anstaltseigenen Fahrdienst oder den so genannten Knast-Shop ohne Lieferschein und Rechnung aus der JVA für den Eigenbedarf oder den Weiterverkauf geschafft. Die menschliche Arbeitskraft Inhaftierter würde nicht nur zum Billig-, sondern zum Nulltarif abgegriffen. Allein das sei aus Gewerkschaftssicht ein Skandal.

Bereits im Januar dieses Jahres wurden durch den Hauptbelastungszeugen Timo F. die „irregulären Vorgänge“ in der JVA Tegel gegenüber der Anstalt offen gemacht. Diese brisanten Informationen seien von der JVA-Leitung und der zuständigen Senatsverwaltung für Justiz jedoch „nicht nur gedeckelt, sondern wissentlich vertuscht“ worden, so die GG/BO.

Die GG/BO fordert nun die Beauftragung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren Sachverständige prüfen sollen, wie sich das Verhältnis zwischen Materialeinsatz und Warenproduktion in der JVA Tegel verhält. „Wir gehen davon aus, dass sich hierbei eine enorme Diskrepanz ermitteln lassen wird. Zudem scheint die JVA Tegel über kein Warenwirtschaftssystem zu verfügen, ein Umstand, der die anstaltsinterne Korruption und den ‚Schankverlust‘ erleichtert haben dürfte“, so die GG/BO weiter.

Die Vorfälle in der JVA Tegel seien gleichfalls kein Einzelfall. Korruption und Machenschaften seien strukturell im Wesen des Gefängnisses angelegt. „Wir gehen davon aus, dass es – graduell verschieden – faktisch in allen Haftanstalten der Bundesrepublik Informationen und Belege für eine ‚Klau-und-Schmuggel-Wirtschaft‘ seitens Bediensteter gibt. Ein weites Feld für weitere Recherchen“, heißt es in dem Statement der GG/BO weiter.

Die GG/BO appelliert nun an aktive Gefangene, sich gewerkschaftspolitisch im Rahmen der GG/BO zu organisieren. Diese Selbstorganisierung schaffe eine wichtige Voraussetzung, dass Inhaftierte im Bündnis mit (Basis-)Gewerkschaften und Vertreterinnen und Vertretern fortschrittlicher parlamentarischer Fraktionen die soziale Frage hinter Gittern wirkungsvoller stellen können: Die Einbeziehung inhaftierter Beschäftigter in den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und in die komplette Sozialversicherung – sowie die volle Gewerkschaftsfreiheit für Gefangene. Und nicht zuletzt ginge es um die offensive Infragestellung der „totalen Institution Knast“.

TP

Eine Antwort

  1. das Problem ist alles andere als neu; etwas in eine JVA zu schmuggeln oder heraus ist eigentlich noch nie ein Problem gewesen, vor allem in der JVA Tegel. Ob ein Untersuchungsausschuss das aufklären wird, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Zumal die Senatsverwaltung für Justiz, egal unter welchem Senator, selbst das Abgeordnetenhaus stets und ständig belügt. also warum sollte die SenJust jetzt ernsthaft daran interessiert sein die Vorfälle aufzudecken, ich denke eher das Gegenteil wird der Fall sein, es wird gemauert, da Konsequenzen eh nicht zu erwarten sind. Wer lässt sich schon ein Lukratives Geschäft z.B. den Drogenhandel versauen. wenn man rechnet wenn von 1000 Inhaftierten ca. 50 % Drogen konsumieren, welche Mengen gebraucht werden. Dass die Mengen nicht allein durch Besucher, Ausgänger usw. in eine Anstalt gelangen, dürfte jedem klar sein. Zumal wie in der JVA Tegel oder der JVA Plötzensee neu, vorher JVA Charlottenburg, die Bediensteten bei Haftraumkontrollen lieber nach Handy’s suchen als nach Drogen. Wenn selbst Inhaftierte, die so offensichtlich unter Drogeneinfluss stehen, von Bediensteten bewusst übersehen werden, also kräftig mit verdienen, wer will denn dies ernsthaft unterbinden?

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