Der Bundesfinanzhof hat heute entschieden, das bestätigende Urteil der ersten Instanz über die Gemeinnützigkeit von Attac aufzuheben und an das Hessische Finanzgericht zurückzuverweisen. In seiner Begründung stellt er fest, dass die „Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung […] keinen gemeinnützigen Zweck erfüllt.“
Erkennbar setzt der BFH darin den Rahmen für politisches Engagement von gemeinnützigen Organisationen sehr viel enger als das Finanzgericht in Kassel. Insbesondere die beiden Zwecke Förderung der Bildung und des demokratischen Staatwesens werden durch das Urteil deutlich eingeschränkt.
„Das ist ein verheerendes Signal für die gesamte kritische Zivilgesellschaft in Deutschland. Wir blicken mit großer Sorge auf Länder wie Ungarn oder Brasilien, die die Arbeit emanzipatorischer NGOs zunehmend unterdrücken und erleben nun auch hierzulande, wie Regierung und Parteien immer öfter versuchen, politisch missliebige Organisationen über das Gemeinnützigkeitsrecht mundtot zu machen“, sagt Dirk Friedrichs vom Vorstand des Attac-Trägervereins.
Die restriktive Auslegung des BFH mache nach Ansicht von Attac eine Anpassung der gesetzlichen Grundlage – der Abgabenordnung – an die Erfordernisse einer modernen Demokratie dringend notwendig: Eine widerstandsfähige Demokratie brauche eine kritische Bürgerschaft und starke Organisationen, die politische Entscheidungsprozesse aktiv begleiten und sich einmischen. Gemeinnützigkeit dürfe nicht auf apolitische Wohltätigkeit beschränkt werden.
„Das Gemeinnützigkeitsrecht darf nicht zu einem Instrument verkommen, mit dem zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich selbstlos für eine gerechte Gesellschaft und das Allgemeinwohl einsetzen, klein gehalten werden“, sagt Attac-Geschäftsführerin Stephanie Handtmann.
Gemeinnützige Organisationen sollen politisch aktiv sein.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes zu Attac darf zu keiner Beschneidung der politischen Aktivitäten gemeinnütziger Organisationen bei der Verfolgung ihrer Zwecke führen, erklärte Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
„Gemeinnützige Organisationen müssen politisch aktiv sein können. Anders ist eine Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke nicht effektiv möglich.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes zu Attac zeigt, dass der Katalog der gemeinnützigen Zwecke in der Abgabenordnung zu eng ist. Die SPD-Bundestagsfraktion wird deshalb prüfen, ob eine Anpassung des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts erforderlich ist, um auch künftig eine Verfolgung gemeinnütziger Zwecke mit politischen Aktionen zu ermöglichen.“

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