Haftbefehl gegen Thüringer Ärztin überraschend aufgehoben.

Der Ärztin Kerstin S., einer Psychiaterin, gehöre eine esoterische Kommune in Ostthüringen, die sog. Ottermühle.

Im Herbst 2016 soll dort eine ältere Frau mit ihren beiden erwachsenen Kindern gewohnt und sich der Ärztin offenbart haben. Danach soll es einen möglichen Missbrauch in der Familie gegeben haben: Die ältere Frau und ihre Kinder sollen dabei von dem Vater der Frau sexuell missbraucht worden sein. Als dieser die Mühle besuchte, so die Anklage, soll er in der Mühle eingesperrt, geschlagen und zu Aussagen genötigt worden sein. Später soll er dazu gezwungen worden sein, sein Vermögen den Frauen zu überschreiben. Die Ärztin und die Frau seien dann – der Anklage zufolge – in die Wohnung des Vaters gefahren und hätten dort 45.000 Euro sowie Wertsachen mit sich genommen. Im Oktober 2016 sei laut Anklage auch der geschiedene Mann der Frau in der Mühle erschienen. Bei seinem Eintreffen, so hätten Ermittlungen ergeben, hätten sich die Ärztin, ihre Lebensgefährtin und deren Tochter auf ihn gestürzt, ihn mit Gürtel und Seilen an einem Stuhl gefesselt und ihm die Nase blutig geschlagen haben. Er sollte – der Anklage zufolge – auch den möglichen Missbrauch gestehen, wozu sich der geschiedene Mann geweigert habe. Unter Gewaltandrohung, so ebenfalls die Anklage, habe er der Ärztin Autoschlüssel und Handy ausgehändigt, so dass er nicht mehr hätte fliehen können. Schließlich hätten die Frauen dann die Polizei über den mutmaßlichen Missbrauch informiert und ihr die vermeintlichen Täter übergeben. Mit dem Eintreffen der Polizei seien der Familiengroßvater und sein Ex-Schwiegersohn dann auch freigekommen.

Die Staatsanwaltschaft erwirkte einen Haftbefehl gegen die Ärztin, die sich bis vergangenen Freitag in Untersuchungshaft befand.

An diesem Tag wurde sie aufgrund einer Haftbeschwerde überraschend freigelassen, teilte Thomas Galli, einer der Verteidiger von Kerstin S., der TP Presseagentur gestern mit: „Herr Kollege Rechtsanwalt Beckmann hat eine hervorragende Haftbeschwerde verfasst, der das Gericht vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen, die das Bild der Anklage zunehmend ins Wanken bringen, nunmehr doch Recht geben musste. Ich konzentriere mich nun darauf, im Hintergrund möglichst viel über die Strukturen sexuellen Missbrauchs in Erfahrung zu bringen, und bin sehr zuversichtlich, dass es zusammen mit Frau Kollegin Burgold und Herrn Beckmann gelingt, den zu Unrecht beschädigten Ruf von Frau Dr. S. wieder herzustellen“, so Galli.

Galli hatte schon von Beginn an Zweifel an der Täterschaft von Kerstin S., er wolle die Vorwürfe im Prozess widerlegen, sagte er auch der TP Presseagentur.

„Meine Mandantin ist gefasst. Natürlich ist Untersuchungshaft immer eine Belastung, gerade wenn sie schon neun Monate andauert“, hatte Thomas Galli schon laut mdr Thüringen gesagt.

Für die Ärztin Kerstin S. – „eine Frau weit in den Fünfzigern“ – gehe es um viel. Es gehe um einen beträchtlichen Teil der ihr noch verbleibenden Lebenszeit. Zwischen 5 und 15 Jahren drohten ihr im Falle einer Verurteilung. Die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft hätten jedenfalls ein monströses Verbrechen beschrieben.

Obwohl die „Opferseite“ – der 83-jährige Mann und sein Ex-Schwiegersohn – nach wie vor hinter den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft stünden und finanzielle Motive vermuten, bleibt Galli gelassen: „Frau S. ist promovierte Medizinerin. Wenn es ihr um Geld gehe, könne sie dieses in ihrem Beruf sehr auskömmlich verdienen. Meine Mandantin handelt aus einem tiefen Gerechtigkeitsempfinden, hat über die aufgedeckten Vergewaltigungen die Polizei informiert. Es gebe sogar Geständnisse von Tätern auf Video. Ebenso wie die Erlebnisse der Opfer. Sollte sich im Prozess herausstellen, dass diesen Hinweisen nicht nachgegangen worden ist, wäre das ein Skandal“, so Galli. Aus Sicht der Verteidigung habe es keine Gefangennahme gegeben.

Der Prozess wird nun mit der auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten fortgesetzt.

Foto: Rechtsanwalt Dr. Thomas Galli

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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