Hamburger Finanztag in Berlin: „Es gibt Lösungen und Lösungswege, die auch der Bund beschreiten kann“.

Wie soll eine moderne Haushaltswirtschaft zukünftig aussehen, welche Bedingungen einer Schuldenbremse sollen gelten? Wie kann die Finanzierung öffentlicher Investitionen vor dem Hintergrund der Diskussion um die Schuldenbremse gestemmt werden? Diese und weitere Fragen diskutierten Expertinnen und Experten beim Hamburger Finanztag in der Landesvertretung Hamburg beim Bund in Berlin am heutigen 1. Februar 2024.

Hamburgs Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „Hamburg hat seine Hausaufgaben gemacht und sich für eine fortschrittliche doppisch geprägte Haushaltswirtschaft entschieden. Der Bund muss seine Finanzen so ordnen, dass er ebenso wie die Länder politisch handlungsfähig bleibt. Länder, Gemeinden und Wirtschaft benötigen Planungssicherheit. Die gute Nachricht ist: Es gibt Lösungen und Lösungswege, die auch der Bund beschreiten kann.“

Zu den europäischen Schuldenregelungen und den sogenannten EPSAS (European Public Sector Accounting Standards) sprach der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger. Die Ökonomen Prof. Dr. Christian Kastrop und Prof. Dr. Jens Südekum befassten sich in ihren Vorträgen mit den Schuldenregelungen der Zukunft.

Professor Jens Südekum stellte die großen Herausforderungen dar, vor denen die öffentlichen Haushalte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stehen.

Südekum konkret:

Es bestehen riesige Investitionsbedarfe, die im Rahmen der nun angeschärften Schuldenbremse kaum darstellbar sind. Die überzeugendste Antwort bestünde in einer grundsätzlichen Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz. Hier liegen einige Vorschläge auf dem Tisch. Politisch ist in dieser Legislaturperiode aber nicht davon auszugehen, dass die notwendigen Mehrheiten existieren. Deshalb schlug Südekum als Kompromiss ein im Grundgesetz verankertes Sondervermögen nach dem Vorbild des Konstrukts für die Bundeswehr vor. Zwar sei auch hierfür eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Aber die zeitliche und inhaltliche Begrenzung des Sondervermögens mache eine Zustimmung der Union wahrscheinlicher, weil auch sie im Fall eines Wahlsieges bei der Bundestagswahl 2025 davon profitieren würde.

Zudem sprach der Haushaltsdirektor der Stadt Hamburg Arne Schneider, der für eine Harmonisierung des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens nach den Standards der staatlichen Doppik warb. In der Doppik würden Abschreibungen berücksichtigt, aus denen sich der Spielraum für nötige Investitionen ergebe. Rein zahlungsbezogene Schuldenregelungen seien ursächlich für den Zustand der Infrastruktur, weil sie den Werteverzehr nicht berücksichtigen. Eine Schuldenregelung, die dagegen auf den Ausgleich des Gesamtergebnisses abstelle, ermögliche eine nachhaltige und zukunftsorientierte Haushaltssteuerung. In Hamburg, wo die Doppik angewandt wird, dürfen öffentliche Mittel nur bereitgestellt werden, wenn auch die Zwecke im Haushaltsplan durch die Ziele und Leistungen festgelegt sind.

Zum Abschluss des Finanztages fand eine Podiumsdiskussion mit Katharina Beck, Mitglied des Deutschen Bundestages (Grüne) und stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Andreas Dressel, Senator und Präses der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg (SPD), Metin Hakverdi, Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD) und Franziska Hoppermann, Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU/CSU) statt.

v.l.: Angela Wefers (Moderation), Franziska Hoppermann (CDU/CSU), Metin Hakverdi (SPD), Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen), Andreas Dressel (SPD, Finanzsenator Hamburg)

In den nächsten Tagen (z.zt. aus technischen Gründen nicht möglich) wird eine Audiodatei zu der Veranstaltung folgen.

Fotos oben 1 Reihe v.l.: Angela Wefers (Moderation), Andreas Dressel, Arne Schneider

2. Reihe v.l.: Günther Oettinger, Christian Kastrop, Jens Südekum

Fotoquellen: TP Presseagentur Berlin

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