Besitzt ein Ausländer keine Aufenthaltserlaubnis, aber eine sog. Ausbildungsduldung, kann er einen Wohnberechtigungsschein erhalten, wenn die Ausbildungsduldung noch mindestens ein Jahr gilt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.
Der Aufenthalt der Kläger, einer albanischen Familie, wird seit 2017 geduldet, um dem Vater der Familie hier eine qualifizierte Berufsausbildung zum Ausbaufacharbeiter und Stuckateur zu ermöglichen. Im Mai 2018 beantragten sie beim Bezirksamt die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins. Dies lehnte das Bezirksamt ab. Zur Begründung führte es aus, Wohnberechtigungsscheine seien Personen vorbehalten, deren dauerhafter Aufenthalt im Bundesgebiet rechtlich gebilligt sei. Das sei bei einer Duldung nicht der Fall. Hiergegen setzen sich die Kläger zur Wehr. Sie meinen, einen Wohnberechtigungsschein beanspruchen zu können. Zumindest sei die Versagung durch das Bezirksamt damals rechtswidrig gewesen.
Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts hat der Klage teilweise stattgegeben. Einen Wohnberechtigungsschein könnten die Kläger derzeit zwar nicht beanspruchen, weil ihre Duldungen inzwischen eine verbleibende Geltungsdauer von weniger als einem Jahr aufwiesen. Die Versagung des Wohnberechtigungsscheins sei jedoch rechtswidrig gewesen und verletze die Kläger in ihren Rechten. Denn zum Zeitpunkt der Klageerhebung hätten die Kläger einen Anspruch auf Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins gehabt. Als Inhaber einer Ausbildungsduldung gehörten der Vater und seine Familie zu den Ausländern, die auch rechtlich einen verfestigten Aufenthaltsstatus besäßen. Zwar vermittelten Duldungen grundsätzlich kein auf Dauer gesichertes Bleiberecht. Bei der Ausbildungsduldung handele es sich aber um einen Sonderfall, weil diese eine rechtliche Billigung des Aufenthalts darstelle. Anders als übliche Duldungen würden Ausbildungsduldungen zu einem bestimmten Aufenthaltszweck, nämlich der Berufsausbildung, und für die Dauer der Ausbildung erteilt. Damit sollen sowohl dem Ausbildungsbetrieb als auch dem Ausländer Rechtssicherheit für die Zeit der Ausbildung gegeben werden. Der gesetzliche Anspruch nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss auf Verlängerung der Ausbildungsduldung zur Arbeitssuche bzw. die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung bestätigten, dass der wegen einer Ausbildung zunächst nur geduldete Aufenthalt auf längere Zeit angelegt sei.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat die Kammer die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.
Urteil der 8. Kammer vom 25. Juni 2019 (VG 8 K 202.18)
Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin