Kommissionspräsidentin von der Leyen vor dem morgigen EU-Gipfel.
Im Plenum des Europäischen Parlaments hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Kernthemen des anstehenden Europäischen Rates angesprochen, von der notwendigen Unterstützung der Ukraine über die transatlantischen Beziehungen bis zur strategischen Autonomie der EU. Von der Leyen betonte: „Unsere Aufgabe auf dem Gipfel in dieser Woche besteht also darin, zu zeigen, dass wir uns auf unsere strategischen Interessen und Prioritäten konzentrieren. Ich möchte das wiederholen, was ich in meiner Rede zur Lage der Union an diesem Punkt gesagt habe: Jetzt schlägt die Stunde der europäischen Unabhängigkeit.“
Nicht in Nostalgie verlieren, sondern sich der Realität stellen
Von der Leyen betonte, dass Europa der aktuellen Realität ins Auge blicken müsse: „Der Realität einer Welt, die gefährlich und unsicher geworden ist: eine Welt der Prädatoren. Diese Realität läuft darauf hinaus, dass wir Europäerinnen und Europäer uns selbst verteidigen müssen. Und wir müssen eigenständiger werden. Wir leben seit geraumer Zeit in dieser Welt – bereits vor dem schrillsten Weckruf: der rechtswidrigen Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022.“
Kontext für die US-Sicherheitsstrategie
Mit Blick auf die Nationale Sicherheitsstrategie der USA sagte von der Leyen, diese Strategie stelle richtigerweise fest, dass Europa in den vergangenen Jahren Anteile am weltweiten BIP verloren hat. „Aber was dort nicht steht, ist, dass sich die Zahlen für die USA auf dem gleichen Weg befinden. Mit einem Rückgang von 22 Prozent im Jahr 1990 auf heute 14 Prozent. Es geht hier also nicht um einen Vergleich der Wirtschaft auf der einen Seite des Atlantiks mit der auf der anderen. Es handelt sich um die Geschichte des Wandels der Weltwirtschaft. Wenn man allein China betrachtet, ist sein Anteil am weltweiten BIP von 4 Prozent im Jahr 1990 auf heute 20 Prozent gestiegen. Deshalb sind die Vereinigten Staaten schon seit einiger Zeit so klar, was ihre sich verändernden strategischen Interessen und Prioritäten im Zuge des Aufstiegs Chinas angeht. Was ich sagen will, ist: Diese Strategie ist nicht die Ursache für die Erschütterungen, mit denen Europa in der Welt konfrontiert ist. Sie ist vielmehr ein Symptom der Realität der heutigen Welt. Unsere Aufgabe auf dem Gipfel in dieser Woche besteht also darin, zu zeigen, dass wir uns auf unsere strategischen Interessen und Prioritäten konzentrieren.“
Fortschritte der EU
Die Kommissionspräsidentin sprach von den Fortschritten, die die EU erzielt hat. „Von der Verteidigung bis hin zur Energie haben wir das Unmögliche möglich gemacht – als Teil unserer neuen Realität. Und wir sind bereit, noch mehr zu tun. Denn unsere Unabhängigkeit macht uns stärker. Ein stärkeres Europa ist ein stärkerer Partner, nicht nur zur Förderung, sondern auch zur Gewährleistung einer sichereren Welt.“
Schnell handeln: für unsere Sicherheit, Wirtschaft und Demokratie
Von der Leyen betonte die Notwendigkeit, dass Europa für seine eigene Sicherheit und Unabhängigkeit Verantwortung übernimmt. „Und dieser Europäische Rat und der Beschluss über die Ukraine sind dabei ein zentraler Bestandteil. Aber wir müssen uns immer daran erinnern, warum Unabhängigkeit in der heutigen Welt so wichtig ist. Sie ist so wichtig, weil es bei der Unabhängigkeit letztlich um unsere Freiheit geht. Die Freiheit, selbst zu entscheiden und unsere eigenen Gesetze zu machen. So zu handeln, wie wir es für richtig halten. Unsere eigenen Interessen zu verfolgen und unsere eigenen Partnerschaften zu pflegen. Die Freiheit, zu wählen, wen wir wollen – ohne unter Druck gesetzt oder von manipulierten Informationen überflutet zu werden. Die Freiheit, Vielfalt zu wählen. Demokratie. Aber vor allem geht es um die Freiheit, so zu leben, wie wir wollen – auf die europäische Art und Weise.“
Hintergrund
Die Staats- und Regierungschefs der EU werden ab morgen (Donnerstag, 18.12.) strategische Aussprachen über die Ukraine, den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen, die Erweiterung und die geoökonomische Lage in der EU führen. Ebenfalls auf der Tagesordnung stehen der Nahe Osten, die europäische Verteidigung sowie das Thema Migration.
