Kanada-Abkommen: EU-Kommission begrüßt Einigung in Belgien.

Linke im Bundestag jubelten zu früh aufgrund einer vorherigen Absage des Unterzeichnungstermins durch die EU.

Die Europäische Kommission hat die Einigung in Belgien für eine Unterschrift des EU-Handelsabkommens mit Kanada (CETA) begrüßt. Präsident Juncker und sein Team waren in die Gespräche mit der belgischen Zentralregierung und der Wallonie aktiv involviert, die nun offensichtlich doch noch nachgegeben haben. Ratspräsident Tusk kündigte an, Kanadas Premierminister zu kontaktieren, sobald alle Verfahren zur Unterzeichnung von CETA durch die EU beendet sind. Unterdessen hat EU-Forschungskommissar Moedas heute eine Wissenschaftskooperation mit Kanada unterzeichnet.  Kanadische Forscher können so zukünftig leichter bei Forscherteams des Europäischen Forschungsrats (European Research Council – ERC) mitarbeiten.

Während die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie die Linksfraktion aufgrund der vorherigen Absage der EU zur Unterzeichnung des Handelsabkommens zunächst noch von einem Scheitern des CETA-Abkommens ausgingen, heißt es jetzt, dass das Abkommen unterzeichnet werde. Ein Termin dafür stehe aber noch nicht fest, hieß es von Seiten der EU gegenüber der TP Presseagentur.

Zunächst erklärten der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Fuchs und der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher Joachim Pfeiffer:

Michael Fuchs: „Die heutige Absage der CETA-Unterzeichnung ist ein Armutszeugnis für die Europäische Union. Hier liegt ein exzellentes Freihandelsabkommen auf dem Tisch. Und trotzdem hat die EU es bisher nicht geschafft, es zum Abschluss zu bringen. Das wirft gravierende Fragen in Sachen europäischer Handlungsfähigkeit auf.

Oberstes Gebot muss im Moment sein, das Abkommen trotzdem so schnell wie möglich abzuschließen. Darauf müssen wir alle unsere Kräfte richten. Unsere erfolgreiche Exportwirtschaft darf nicht unter die Räder regionalpolitischer Partikularinteressen geraten.“

Joachim Pfeiffer: „Schritt zwei muss dann eine eingehende Analyse sein, was in der CETA-Debatte eigentlich schief gelaufen ist, damit es zu einer so verfahrenen Situation kommen konnte. Viele haben viel zu lange einer populistischen Anti-Ceta-Polemik freien Lauf gelassen. Erst gestern war aus den Koalitionsverhandlungen für den Berliner Senat zu hören, Rot-Rot-Grün würde CETA im Bundesrat nicht zustimmen. Da fehlen einem doch die Worte!

Gerade vor dem Hintergrund immer größerer globaler Herausforderungen werden für uns Europäer die Partner in Nordamerika immer wichtiger. Mit keiner anderen Region haben wir solche Schnittmengen – vor allem auch an Werten und freiheitlich-politischen Grundvorstellungen. Darauf sollten sich viele in Europa und Deutschland wieder stärker besinnen. Für die Union steht die Partnerschaft mit Nordamerika ganz oben auf der Tagesordnung.“

Gabriel muss Scheitern von CETA anerkennen, erklärte voreilig die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht.Im Einzelnen:

„Die Absage des EU-Gipfels zur Unterzeichnung von CETA ist ein Erfolg für die Demokratie in Europa und Kanada. Statt weiteren Druck auf Belgien auszuüben sollte die Bundesregierung endlich anerkennen, dass CETA gescheitert ist. Spezielle Schiedsgerichte für Investoren sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und es ist ein Skandal, dass die EU und die Bundesregierung so stur an ihnen festhalten. Sollte sich Wirtschaftsminister Gabriel über die Auflagen des Bundesverfassungsgerichtes auch weiterhin hinwegsetzen, wird die Bundestagsfraktion der Linken erneut rechtliche Schritte gegen eine Unterzeichnung prüfen. Darüber hinaus werden wir dafür sorgen, dass das CETA-Abkommen spätestens im Bundesrat gestoppt wird,“ erklärt Sahra Wagenknecht zur Absage des für heute geplanten EU-Kanada-Gipfels.

Wagenknecht weiter:

„Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die Pflichten der Bundesregierung klar formuliert. So heißt es: ‚Sie wird ihrem Vorbringen nach nicht der vorläufigen Anwendung für Sachmaterien zustimmen, die in der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland verblieben sind. Dies betrifft insbesondere Regelungen zum Investitionsschutz, einschließlich des Gerichtssystems (Kapitel 8 und 13 CETA), zu Portfolioinvestitionen (Kapitel 8 und 13 CETA), zum internationalen Seeverkehr (Kapitel 14 CETA), zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen (Kapitel 11 CETA) sowie zum Arbeitsschutz (Kapitel 23 CETA).‘ Die Bundesregierung hat in den Verhandlungen nicht dafür gesorgt, dass diese Auflagen erfüllt werden. Einseitige Zusatzerklärungen reichen dafür nicht aus, stattdessen muss der Vertragstext selbst geändert werden.“

Auch Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, nahm Stellung, als er zunächst von der Absage des Unterzeichnungstermins erfuhr.

Ernst im Einzelnen::

„Die Bürgerinnen und Bürger Europas können der Wallonie und seinem Ministerpräsidenten Rudy Demotte dankbar sein. Mit dem „Nein“ zu CETA gibt er Europa die Möglichkeit, neu über die Ziele von CETA nachzudenken. Brauchen die Bürgerinnen und Bürger Europas eine Paralleljustiz in Form von Schiedsgerichten, ausschließlich für internationale Unternehmen? Brauchen sie den Zwang zur weiteren Liberalisierung und Privatisierung dessen, was bisher öffentlich geregelt war? Brauchen sie den Abbau nicht tarifärer Handelshemmnisse, wenn damit Regelungen in Kanada und Europa zum Verbraucherschutz, zum Umweltschutz und zum Arbeitsschutz gemeint sind? Brauchen sie die vorläufige und damit sofortige Anwendung des Abkommens, bevor die nationalen Parlamente entschieden haben?

Die Wallonen haben Bürgern und Politikern die Zeit verschafft, die notwendig ist, um diese Fragen zu ausgiebig zu diskutieren und demokratisch zu klären. Die anfängliche Geheimniskrämerei um CETA und die jetzige Diskussion, künftige Abkommen ohne die Nationalstaaten beteiligen zu wollen, widerspricht dem Gedanken eines Europas der Regionen, beschädigt die Demokratie und gefährdet die Europäische Idee.“

Eine von der Linksfraktion im Bundestag noch angekündigte weitere Erklärung gegenüber der TP Presseagentur blieb aus.

TP

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*