Ein Fernwärmeversorger ist nicht berechtigt, eine mit seinen Kunden vertraglich vereinbarte Preisänderungsklausel einseitig durch öffentliche Bekanntmachung zu ändern. Ein Verbraucherschutzverband kann deshalb verlangen, dass der Versorger zukünftig derartige irreführende Mitteilungen nicht mehr verschickt und an die Kunden Berichtigungsschreiben versendet, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) heute.
Die Beklagte ist eine Fernwärmeversorgerin. Sie schloss mit ihren Kunden Belieferungsverträge, die eine Preisänderungsklausel enthielten. Im Herbst 2015 teilte sie ihren Kunden mit, dass sie ihr Preissystem und die Preisänderungsklausel durch öffentliche Bekanntmachung ändern werde.
Der klagende Verbraucherschutzverband hält die mitgeteilte einseitig vorgenommene Änderung der Preisänderungsklausel für unwirksam. Er verlangt von der Beklagten, dass sie künftig derartige Mitteilungen nicht mehr verschickt und entsprechende Berichtigungsschreiben an ihre Kunden sendet.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Beklagte sei nicht befugt, die mit ihren Kunden vertraglich vereinbarten Preisänderungsregelungen in den bestehenden Versorgungsverträgen einseitig durch öffentliche Bekanntmachung zu ändern, stellt das OLG fest. Grundsätzlich könnten Verträge nur durch übereinstimmende Erklärungen der Vertragspartner geändert werden. Dies gelte auch hier. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Fernwärme (AVBFernwärmeV) wichen von diesem Grundsatz auch nicht ab. Insbesondere enthalte § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV allein die weitere formelle Voraussetzung, dass Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. An der Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung ändere dies nichts. Die Interessenlage der Beklagten gebiete auch keine andere Auslegung. Auch mit vertragsrechtlichen Mitteln, insbesondere mit einer Änderungskündigung, könne der Versorger auf etwaige Änderungen seiner Kostenstruktur hinreichend reagieren; im Falle kurzfristiger Änderungen komme sogar eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht.
Die vom Versorger versandte Mitteilung über die Möglichkeit, zukünftig einseitige Änderung der Preisregelungen vornehmen zu können, sei unrichtig und irreführend. Die Verbraucher würden über ihre wahren Rechte getäuscht. Der Kläger könne deshalb verlangen, dass die Beklagten diese Schreiben nicht mehr versenden. Die Beklagte sei außerdem verpflichtet, die durch ihr Schreiben verursachte Fehlvorstellung der Verbraucher über die Berechtigung zur einseitigen Änderung der Preisänderungsklausel, zu beseitigen. Sie müsse deshalb Berichtigungsschreiben versenden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen. Die Frage, ob ein Versorger zur einseitigen Änderung einer vertraglichen Preisänderungsklausel befugt ist, könne sich in einer Vielzahl von Fällen stellen und sei höchstrichterlich nicht geklärt, begründet das OLG die Zulassung.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.3.2019, Az. 6 U 190/17
(vorausgehend Landgericht Darmstadt, Urteil vom 5.10.2017, Az. 15 O 111/16)
Hinweis: Das Parallelverfahren 6 U 191/17 wurde ebenfalls mit Urteil vom 21.3.2019 in der dargestellten Weise entschieden.