Kinderguillotinen, Sandkästen und der Verfassungsschutz.

Berliner Senator für Gesundheit und Soziales kündigt Flüchtlingsheimbetreibern fristlos.

In einer Pressemitteilung vom 14. August hat die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales erklärt, dass die Betreiberverträge mit der sogenannten „Professionellen Wohn- und Betreuungsgesellschaft“ (PeWoBe),  die derzeit noch neun Flüchtlingsheime betreibe, fristlos gekündigt werden.

Im Einzelnen heißt es:

„Die Zusammenarbeit mit der PeWoBe hat sich zunehmend immer schwieriger dargestellt. Wir haben in mehreren Unterkünften Hinweise zu Qualitätsmängeln erhalten. Auch nach wiederholten Begehungen sind Mängel nicht vollständig abgestellt worden. Zuletzt erfolgte eine öffentliche Auseinandersetzung mit einer Ehrenamtsorganisation, die von der PeWoBe sogar verklagt wurde. Das ist kein Bild von einem Betreiber, mit dem wir weiterhin zusammenarbeiten wollen, und nicht die Art und Weise, wie aus unserer Sicht mit Ehrenamtlichen und schon gar nicht mit den ihnen anvertrauten Menschen umgegangen werden darf. Letzteres hat uns bereits veranlasst, den Vertrag für die Unterkunft in Hellersdorf zu beenden.“

Senator Mario Czaja erklärte seinerseits: “Auch der derzeitige Umgang mit dem unsäglichen und aus meiner Sicht nicht erklärbaren und durch nichts zu entschuldigendem Mailaustausch macht deutlich, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der PeWoBe nicht mehr möglich ist.

Die nach wie vor schwierige Unterbringungssituation in Gemeinschaftsunterkünften (jenseits der vorhandenen Notunterkünfte) hat uns bislang davon abgehalten, den Schritt einer fristlosen Kündigung für alle Objekte der PeWoBe zu vollziehen. Wir sehen aber nunmehr keinen anderen Weg.

Ich habe heute den Auftrag erteilt, alle Betreiberverträge mit der PeWoBe fristlos zu kündigen.

Mit möglicherweise notwendigen Umzugsplänen hatte sich unser Haus bereits seit einigen Wochen beschäftigt, der Arbeitsauftrag, möglichst alle Objekte unter neuer Trägerschaft zu erhalten und ansonsten Umzüge zu gewährleisten, wurde ebenfalls heute erteilt.”

Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales bestätigte gegenüber der TP-Presseagentur nun einen  Bericht einer Berliner Boulevard-Zeitung, wonach  es einen internen E-Mail-Verkehr zwischen Mitarbeitern der PeWoBe gegeben habe, in dem darüber diskutiert wurde, wofür eine 5000-Euro-Spende von BMW (Zitat: „BMW-Gutmenschen“) genutzt werden könnte.

Danach sei die Idee, einen Sandkasten zu bauen, verworfen worden, weil der „bei unseren Bewohnergruppen ganz schnell ein großer Aschenbecher oder ein heimisches Klo“ sei. Stattdessen könne man doch in eine „kleine Kinderguillotine“ investieren, schließlich müsse man „mal was anderes als das Standardprogramm“ liefern. Es sollen Fotos von abgetrennten Köpfen und einer Kinderrutsche, an deren Ende eine Reibe mit Widerhaken und Messerschlitz montiert ist, gefolgt sein.

Darüber hinaus seien Witze über Krematorien gemacht worden.

Der E-Mail-Verkehr sei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in Auszügen durch eine anonyme Quelle zugespielt worden war, hieß es gegenüber der TP Presseagentur. Die PeWoBe sei umgehend zu einer Stellungnahme aufgefordert und das Material dem Verfassungsschutz zur Prüfung übergeben worden. Die PeWoBe habe der Senatsverwaltung gegenüber jedoch zum Ausdruck gebracht, dass es sich um Auszüge handele, die aus dem Zusammenhang gerissen seien.

Zu den Ankündigungen von Sozialsenator Mario Czaja, alle Betreiberverträge mit der PeWoBe fristlos zu kündigen, erklärte heute der flüchtlingspolitische Sprecher der Piratenfraktion, Fabio Reinhardt:

„Dieser Schritt war lange überfällig. Seit Jahren haben wir immer wieder auf die zahlreichen Missstände bei der PeWoBe hingewiesen. Ob bei den vielen Mängelmeldungen oder den chaotischen Zuständen in den von der PeWoBe betriebenen Unterkünften – der zuständige Senator ging stets in Deckung und stellte sich bei Kritik taub. Die Folge der Ignoranz des CDU-Sozialsenators ist jetzt die drohende Obdachlosigkeit von tausend Menschen.

Für die Betroffenen muss schnellstmöglich eine Übergangslösung gefunden werden. Die Kündigung der PeWoBe muss schnell und sauber erfolgen, um Schadensersatzforderungen zu vermeiden.

Mario Czaja ist als Sozialsenator dafür verantwortlich, dass Geflüchtete hier in Sicherheit und unter menschenwürdigen Umständen leben können. Dass Czaja erst jetzt die Reißleine zieht, zeigt erneut, dass er mit dieser Verantwortung überfordert ist.“

TP

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Weitere Infos zur bereits gekündigten Unterkunft Maxi-Wander-Str.:

„Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hat entschieden, die Zusammenarbeit mit der PeWoBe am Standort Maxi-Wander-Straße zu beenden. Dem Betreiber wurde zum 31. Oktober 2016 gekündigt. Parallel wird die Neuausschreibung des Betriebs dieser Unterkunft vorbereitet. Mitarbeiter der Qualitätssicherung des LAF haben die Unterkunft durchgängig und wiederholt begangen, zuletzt aufgrund der öffentlich gewordenen Kritik am Betrieb der Einrichtung.

Derzeit prüft das LAF auch sämtliche vorliegenden Begehungsprotokolle der Qualitätssicherung für jede einzelne von der PeWoBe betriebenen Unterkunft in Berlin. Dabei wird u.a. bewertet, ob dokumentierte  Mängel dauerhaft behoben wurden oder ob sich aufgrund nicht behobener Mängel vertragsrechtliche Konsequenzen wie z.B. Rückforderungen bis hin zur Kündigung ergeben.

So ist z.B. in den Qualitätskriterien des LAF festgelegt, dass mindestens die Hälfte des Personals in einer Unterkunft über eine fachliche Eignung (pädagogische Ausbildung oder Studium der Sozialpädagogik/Sozialarbeit) verfügen muss. Die Nachweise der fachlichen Eignung sowie die polizeilichen Führungszeugnisse der Mitarbeiter sind den Qualitätsprüfern des LAF vorzulegen. Mit der PeWoBe besteht in dieser Frage ein Dissens, der Betreiber vertritt mit Verweis auf den Datenschutz eine andere Rechtsauffassung und verweigert die Vorlage der Qualifizierungsnachweise. Auch dies wird jedoch derzeit von der PeWoBe bestritten.

  • Leitende Angestellte der „Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft“ (Pewobe) haben derbe Witze über „Kinderguillotinen“ und Krematorien gerissen.
  • Die Pewobe betreibt neun Flüchtlingsheime in Berlin.
  • Der Anwalt der Pewobe behauptet, schuld sei „ein durch das Rechtschreibkorrekturprogramm T9 verursachter Korrekturfehler“.
  • Der Berliner Senat hat dem Betreiber nun gekündigt, fristlos.“

Foto: Fabio Reinhardt, Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

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