Kontrollen an deutsch-österreichischer Grenze und weiteren Schengen-Binnengrenzen verlängert.

EU-Kommission empfiehlt Verlängerung der Grenzkontrollen um drei Monate.

Die Europäische Kommission hat gestern vorgeschlagen, die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze und weiteren Schengen-Binnengrenzen in Dänemark, Österreich, Schweden und Norwegen um weitere drei Monate zu verlängern. Trotz einer allmählichen Stabilisierung der Lage seien die Bedingungen zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum noch nicht vollständig erfüllt. Die von der Kommission vorgeschlagene Empfehlung muss nun vom Rat der EU-Staaten verabschiedet werden.

Vorübergehende Kontrollen an den Binnengrenzen des Schengen-Raums sollten jedoch die Ausnahme bleiben und verhältnismäßig sein, mit dem Ziel, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzukehren. Die empfohlene Verlängerung um weitere drei Monate betrifft Kontrollen an denjenigen Binnengrenzen, an denen gemäß Empfehlung des Rates vom 12. Mai bereits Kontrollen erfolgen:

  • Österreich: Kontrollen an der österreichisch-ungarischen und österreichisch-slowenischen Landgrenze;
  • Deutschland: Kontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze;
  • Dänemark: Kontrollen in den dänischen Häfen mit Fährverbindungen nach Deutschland und an der dänisch-deutschen Landgrenze;
  • Schweden: Kontrollen in den schwedischen Häfen in der Polizeiregion Süd und West sowie auf der Öresund-Brücke;
  • Norwegen: Kontrollen in den norwegischen Häfen mit Fährverbindungen nach Dänemark, Deutschland und Schweden.

Der Erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, erklärte: „Der Schengen-Raum ohne Binnengrenzen ist eine historische Errungenschaft, die es zu bewahren gilt. Wir arbeiten hart daran, so bald wie möglich zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zurückzukehren, und haben dabei bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Wir sind jedoch noch nicht am Ziel. Im Einklang mit den Schengen-Vorschriften schlagen wir daher heute eine weitere befristete Verlängerung bestimmter Grenzkontrollen vor. Denn wir bewahren Schengen durch die Anwendung von Schengen.“

Dimitris Avramopoulos, Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, äußerte sich wie folgt: „Wir haben eine klare Priorität, die wir entschlossen verfolgen: Schengen zu schützen und zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zurückzukehren, sobald die Bedingungen dies zulassen. In den vergangenen Monaten haben wir wichtige Schritte zur Beseitigung der Schwachstellen an unseren Außengrenzen unternommen. Ein Meilenstein in unserer Arbeit war die Tatsache, dass die Europäische Grenz- und Küstenwache unlängst ihre Tätigkeit aufgenommen hat, damit die migrations- und sicherheitspolitischen Herausforderungen besser bewältigt werden können.“

Auch wenn die Zahl der ankommenden irregulären Migranten und Asylsuchenden – vor allem aufgrund der weiteren Umsetzung der Erklärung EU-Türkei – deutlich zurückgegangen sei, hielten sich nach wie vor zahlreiche irreguläre Migranten in Griechenland sowie in den von der Sekundärmigration aus Griechenland am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten auf, heißt es in einer Erklärung der EU-Kommission. Die Aufhebung der vorübergehenden Grenzkontrollen könnte deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu einem Anstieg der Sekundärmigration führen. Außerdem seien die nationalen Verwaltungen und Dienststellen in den fünf Schengen-Staaten, an die sich die Empfehlung richtet, aufgrund der Vielzahl der im vergangenen Jahr gestellten und der weiterhin eingehenden Asylanträge einer erheblichen Belastung ausgesetzt.

Trotz der stetigen und wichtigen Fortschritte in den im Fahrplan „Zurück zu Schengen“ genannten Bereichen werde es noch eine Weile dauern, bis die betreffenden Maßnahmen in vollem Umfang umgesetzt worden sind. Die Errichtung der am 6. Oktober ins Leben gerufenen Europäischen Grenz- und Küstenwache, die zu einem noch besseren Schutz der EU-Außengrenzen beitragen wird, werde bis Januar 2017 abgeschlossen sein. Infolge der weiteren Umsetzung der Erklärung EU-Türkei und eines nachhaltigen Rückgangs der Zahl der ankommenden Migranten würden die Mitgliedstaaten in der Lage sein, den Rückstand bei der Bearbeitung von Asylanträgen abzubauen und ihre Aufnahmekapazitäten zu konsolidieren. Und schließlich muss die vollständige Anwendung der derzeitigen Dublin-Vorschriften unter uneingeschränkter Beteiligung Griechenlands wiederhergestellt werden.

Die außergewöhnlichen Umstände, die Anlass für die Verabschiedung der Ratsempfehlung vom 12. Mai waren, seien demnach weiterhin gegeben. Daher sei es gerechtfertigt, den betroffenen Mitgliedstaaten zu erlauben, die derzeitigen Binnengrenzkontrollen während eines weiteren angemessenen Zeitraums fortzusetzen.

EU/TP

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Mayer, gab dazu folgende Erklärung ab:

„Wir begrüßen die Entscheidung der EU-Kommission ausdrücklich. Deutschland muss auch weiterhin das Recht besitzen, seine Grenzen kontrollieren zu dürfen. Auch wenn sich die Lage an den Binnengrenzen des Schengen-Raumes zwischenzeitlich entspannt haben mag und die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge deutlich zurückgegangen ist: Die Grenzkontrollen sind weiter dringend erforderlich. Die große Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus hält unvermindert an und auch die Flüchtlingskrise in Europa ist noch lange nicht bewältigt. Das gilt zumindest so lange, bis das von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion seit langem geforderte Eintritts-/Austrittssystem an der Schengen-Außengrenze in Betrieb ist. Erst wenn dieses System eine lückenlose Kontrolle der Ein- und Ausreisen in die EU gewährleistet, kann auf die Binnengrenzkontrollen wieder verzichtet werden.

Die Union hofft, dass der EU-Rat dieser Entscheidung mit der erforderlichen Mehrheit zustimmt.

Es ist erfreulich, dass die Kommission dies genauso einschätzt und nicht auf Stimmen einzelner Mitgliedstaaten gehört hat, die die Rücknahme der Kontrollbefugnisse gefordert hatten.“

„Die Fortsetzung der Binnengrenzkontrollen ist teure Symbolpolitik“, kritisierte dagegen die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Ulla Jelpke, die Entscheidung der EU-Kommission, Deutschland weiterhin Kontrollen an seinen EU-Binnengrenzen zu erlauben.

Jelpke weiter:

„Die Grenzkontrollen haben bis Ende August dieses Jahres 88,4 Millionen Euro Kosten verursacht. Das teilte mir die Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage mit. Die Kontrollen sind ein teurer Spaß, dessen Zweck praktisch nur darin besteht, Krach zwischen den Unionsparteien zu vermeiden. Terrorverdächtige sind bislang nicht in einem einzigen Fall erwischt worden. Man kann sich die Grenzkontrollen also auch einfach sparen. Das würde den Angehörigen der Bundespolizei endlich die Gelegenheit geben, ihre Überstunden abzubauen. Bislang müssen sie sich nur damit herumschlagen, gegen Zehntausende von Flüchtlingen Ermittlungsverfahren wegen unerlaubter Einreise einzuleiten. Die Behörden müssen diese aber ohnehin wieder einstellen, wenn ein Asylantrag gestellt wird. Denn die Genfer Flüchtlingskonvention verbietet aus gutem Grund Strafen wegen unerlaubter Einreise.“

Eine Antwort

  1. Putzig wie selbst die EU Kommission ihre Unfähigkeit, vernünftige Lösungen auszuarbeiten, unter Beweis stellt, und schon ist das Schengener Abkommen hinfällig. Mit verantwortlich ist die Bundesregierung, hat sie doch mit dem „wir schaffen das“ der Bundeskanzlerin das Schengener Abkommen ausgehebelt, so kann das nicht funktionieren. Nur humanitäre Gründe anzuführen, reicht nicht aus um die Brüche des Abkommens zu erläutern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*