Lebenslänglich plus „Rucksack“ im Fall des Stadtfestes in Solingen.

Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf – Staatsschutzsenat – hat heute (10. September 2025) unter der Sitzungsleitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Winfried van der Grinten den 27-jährigen syrischen Staatsangehörigen Issa Al H. wegen mehrfachen Mordes und versuchten Mordes, schwerer sowie gefährlicher Körperverletzung und mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Der Senat hat zudem die besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Sicherungsverwahrung angeordnet.

Mit der Entscheidung hat der Senat den Anträgen des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof und der als Nebenkläger an dem Verfahren beteiligten Hinterbliebenen und Geschädigten entsprochen. Die Verteidigung hatte beantragt, von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abzusehen.

Sechs Nebenkläger haben im Adhäsionsverfahren Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht. Ihnen hat der Senat Schmerzensgeldbeträge in Höhe von 30.000 Euro bis 120.000 Euro zugesprochen.

Nach den Feststellungen des Senats verinnerlichte der Angeklagte, der Ende des Jahres 2022 als Asylsuchender nach Deutschland kam, bereits seit dem Jahr 2019 durch die Befassung mit Medieninhalten des „IS“ und auf der Grundlage von Internetkontakten in das Umfeld der Organisation die Ideologie des „IS“. Er lehnte schließlich auf verfestigter ideologischer Grundlage die freiheitlich geprägte Lebensweise westlicher Gesellschaften ab und teilte die Auffassung des „IS“, der Jihad gegen vermeintlich „Ungläubige“ müsse weltweit gewaltsam geführt werden.

Der Angeklagte entschloss sich aus dieser Einstellung heraus, am 23. August 2024 auf dem Stadtfest in Solingen einen Anschlag auf die dort feiernden Menschen als Repräsentanten der westlichen Gesellschaft zu begehen und dort möglichst viele Menschen zu töten.

Der Angeklagte kündigte sein Vorhaben Anhängern des „IS“ über Telegram-Chats an, die ihn in seinem Vorhaben bestärkten. Ein Mitglied des „IS“ begleitete die Durchführung des Anschlages und stellte dem Angeklagten unter anderem den Treueeid der Organisation zur Verfügung, welchen dieser in der Folge auch leistete. Im Verlauf des 23. August 2024 erstellte der Angeklagte vier Bekennervideos und übermittelte diese unmittelbar vor der Tat seinen Kontaktpersonen beim „IS“.

Am Abend des 23. August 2024 tötete der Angeklagte als Mitglied der terroristischen Vereinigung „IS“ aufgrund seiner radikalislamischen Gesinnung auf dem Festival der Vielfalt am Fronhof in Solingen drei Menschen durch Stiche in den Hals heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen. Neun weitere Menschen versuchte er, auf dieselbe Art und Weise zu töten. Dabei verletzte er sieben Personen teilweise schwer, bis er auf Widerstand stieß durch einen Festivalbesucher, der dem Angeklagten entgegentrat und mit ihm kämpfte. Auch ihn wollte der Angeklagte töten und verletzte ihn erheblich. Als der Angeklagte erkannte, dass er überwältigt werden könnte, verließ er den Fronhof kurz vor dem Eintreffen der Polizei. Das gesamte Tatgeschehen dauerte etwa zwei Minuten.

Der „IS“ bekannte sich in den Folgetagen zu der Tat.

Die der Tat zugrundliegende radikal-islamistische Haltung des Angeklagten besteht nach der Überzeugung des Senats fort.

Der Senat hat als gesetzlich zwingende Rechtsfolge eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe verhängt. Er hat insbesondere wegen der Vielzahl der Opfer, der Verwirklichung zweier Mordmerkmale (Heimtücke und niedrige Beweggründe) sowie der erheblichen Folgen der Taten für die Verletzten die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten festgestellt. Wegen des Hanges des Angeklagten zur Begehung von ähnlichen Gewalttaten und der damit einhergehenden Gefahr für die Allgemeinheit hat der Senat seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte und der Generalbundesanwalt können gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof binnen einer Frist von einer Woche ab der heutigen Urteilsverkündung einlegen.

Das schriftliche Urteil wird erst in einigen Wochen vorliegen. Wenn es zugestellt und anonymisiert ist, wird es in die Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de  eingestellt werden.

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