Die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat heute eine Klage von Prof. Dr. Utz Claassen, Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft, gegen Dr. h.c. Carsten Maschmeyer abgewiesen (5 HK O 1687/19).
Einzelne Aktionäre können wegen einer Wertminderung ihrer Aktien durch ein
die Gesellschaft schädigendes Ereignis keinen Schadensersatz verlangen. Dies
verstößt unter anderem gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller
Aktionäre.
Mit seiner Klage wollte der Kläger die Feststellung erreichen, dass der
Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesem
aus vom Be-klagten veranlassten Meldungen über den Inhalt eines
Aktienkaufvertrages trotz Vertraulichkeits- und Verschwiegenheitsverpflichtung
sowie aus mehreren Äußerungen des Beklagten in Zeitschriften sowie in einer
TV-Sendung entstanden seien. Diese, so argumentierte der Kläger, hätten den
Wert der vom Kläger gehaltenen Aktien an der Aktiengesellschaft gemindert.
Ferner begehrte der Kläger die Unterlassung vom Beklagten, gegenüber
Organmitgliedern der Aktiengesellschaft und gegenüber Dritten zu behaupten, der
Kläger schulde ihm Geld und könne nicht zahlen.
Die Kammer hat im Anschluss an den Verhandlungstermin vom 20.05.2021 beide
Ansprüche des Klägers verneint.
Nach Auffassung der Kammer können einzelne Aktionäre wegen einer
Wertminderung ihrer Aktien durch ein die Gesellschaft schädigendes Ereignis
nicht die Zahlung von Schadensersatz an sich selbst verlangen.
Dies verstoße unter anderem gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller
Aktionäre. Ein Ausgleich des mittelbaren Schadens könne nur dadurch erfolgen,
dass der Aktionär die Leistung an die Gesellschaft verlange. Dem Aktionär
selbst entstehe kein Schaden im Rechtssinne. Der Grundsatz der
Kapitalerhaltung, die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie das Gebot
der Gleichbehandlung aller Aktionäre schließe einen Anspruch des
Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich in diesem
Fall aus.
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden in Form der Wertminderung seiner
Beteiligung an der Aktiengesellschaft stelle sich als ein sich typischerweise
mittelbar beim Gesellschafter realisierender Reflexschaden dar. Dafür, dass
allein die Aktiengesellschaft geschädigt sei, spreche ebenfalls die Wertung aus
weiteren Vorschriften des Aktiengesetztes. Diese mache deutlich, dass dem
Aktiengesetz die Anerkennung eines auf der Schädigung der Gesellschaft
gründenden eigenen Anspruchs des einzelnen Mitgliedes fremd sei.
Bzgl. des Unterlassungsanspruchs vertrat die Kammer die Ansicht, dass dem
Kläger kein Anspruch auf Unterlassung zustehe. Ein vertraglicher Anspruch sei
nicht gegeben. Auch könne der Kläger im Übrigen keine Unterlassung verlangen.
In der Äußerung, der Kläger „schulde dem Beklagten Geld“, liege zum einen keine
Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht aus dem Kaufvertrag über Aktien, weil
diese Äußerung der Aktiengesellschaft, eine vom Beklagten zu unterscheidende
Person, als solche nicht abträglich und daher von der vertraglich vereinbarten
Verschwiegenheitspflicht nicht umfasst sei. Auch sei die angegriffene Äußerung
eine von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerung. Diese habe hier Vorrang
vor dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers. Dies gelte jedenfalls
solange, wie ein weiterer, hier nicht zu entscheidender Rechtsstreit zwischen
dem Beklagten und dem Kläger über Zahlungsansprüche des hiesigen Beklagten noch
nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
Zudem stellte das Gericht fest, dass die Äußerung, „der Kläger könne nicht zahlen“, weder in Interviews noch in einer TV-Sendung durch den Beklagten getätigt worden sei. Sollte diese Äußerung im privaten Freundeskreis gefallen sein, sei dies zulässig, selbst wenn eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit unzulässig wäre. Dies gelte auch für eine entsprechende Bemerkung gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaft, weil dieses nach dem Aktienrecht zur Verschwiegenheit verpflichtet sei.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Fotoquelle: By Bgcolby – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46996694