Mehr humanitäre Hilfe statt mehr Militärausgaben.

Am 19. August 2003 starben 22 Mitarbeiter der Vereinten Nationen (VN) bei einem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der VN in Bagdad. Die Generalversammlung der VN erklärte in Erinnerung daran den 19. August zum Welttag der humanitären Hilfe, um internationales humanitäres Engagement und seine Prinzipien zu würdigen. Er ist den Menschen gewidmet, die im Rahmen ihres humanitären Engagements weltweit ihr Leben verloren haben.

„Während am 19. August der internationale Tag der humanitären Hilfe begangen wird, steuert die Welt auf die größte humanitäre Krise der letzten Jahrzehnte zu. Im Jemen und im Südsudan, in Somalia und Nigeria hungern Millionen Menschen. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert international dringend mehr humanitäre Hilfe. Zugleich lehnt sie entschieden die Pläne von CDU/CSU ab, bis 2024 die deutschen Militärausgaben auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen“, kommentierten Frank Schwabe, Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und Ute Finckh-Krämer, zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, den internationalen Gedenktag der humanitären Hilfe.

Schwabe und Finckh-Krämer weiter:

„In Somalia ist die Notlage zum Teil durch eine große Dürre bedingt. Dagegen sind im Jemen, im Südsudan und in Nigeria ausschließlich militärische Auseinandersetzungen die Ursache dafür, dass die Menschen in existenzielle Not geraten sind. Vielen, vor allem Kindern, droht der Hungertod. Im Jemen wütet zudem die Cholera, 500.000 Menschen haben sich bereits infiziert.

Von den gut 24 Milliarden US-Dollar, welche die Vereinten Nationen 2017 zur Bewältigung der humanitären Krisen brauchen, sind bislang nur knapp 40 Prozent gedeckt. Das ist eine Schande. Von den erforderlichen 2,4 Milliarden US-Dollar für den Jemen sind gerade mal 39 Prozent eingegangen. Deutschland ist mit 125 Millionen Euro drittgrößter Geber im Jemen.

Die internationale Gemeinschaft muss sich in diesen Ländern verstärkt für Friedenslösungen einsetzen, zugleich aber erheblich mehr finanzielle Mittel in die humanitäre Hilfe stecken. Umso problematischer ist die Forderung von US-Präsident Trump nach höheren Militärausgaben der NATO-Staaten. Für Deutschland würde das 2 Prozent-Ziel bedeuten, dass bis 2024 pro Jahr 70 Milliarden Euro in die Bundeswehr investiert und damit die Verteidigungsausgaben annähernd verdoppelt werden.

Bundeskanzlerin Merkel und die Union wollen sich offenbar dem Diktat von Präsident Trump unterwerfen und den Verteidigungshaushalt massiv erhöhen. Die SPD-Bundestagsfraktion steht für eine humanitär und sozialpolitisch verantwortungsvolle Politik und lehnt das 2 Prozent-Ziel entschieden ab.“

Welttag der humanitären Hilfe: Vier Aufgaben für Deutschland

Zum Welttag der humanitären Hilfe erklärt Tom Koenigs, Sprecher für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Der diesjährige Tag der humanitären Hilfe steht zu Recht im Zeichen des Schutzes von Zivilistinnen und Zivilisten. Humanitäre Katastrophen sind heute in der Regel menschengemacht, durch Kriege, Konflikte und die krasse Missachtung des humanitären Völkerrechts. Millionen Menschen werden zu Flüchtlingen gemacht und in humanitäre Notlagen gebracht, die oft jahrelang anhalten. Auf dem Mittelmeer spielen sich täglich humanitäre Dramen ab. Immer häufiger kommt es zu gezielten Angriffen auf Zivilisten und humanitäre Helferinnen und Helfer, wie jüngst die hinterhältige Erschießung von drei Weißhelmen in Syrien.

Die internationale Gemeinschaft, auch Deutschland, steht hier in der Pflicht. Die lebensrettende Nothilfe muss gestärkt werden. Sie braucht eine flexiblere und zuverlässigere Finanzierung und größere politische Unterstützung, gerade wo lokale Kräfte geschwächt sind. Humanitäre Helfer müssen auch in diesen Situationen in Unabhängigkeit und Sicherheit ihrer Aufgabe nachgehen können.

Aber humanitäre Hilfe heißt heute nicht nur Nothilfe, sondern auch Führung, Gestaltung, Initiative und Investition in die Menschen. Wir fordern vier konkrete Verbesserungen: Deutschland muss sich politisch stärker für die Prävention von Konflikten einsetzen und die entsprechenden Kapazitäten auf nationaler und internationaler Ebene ausbauen. Die Bundesregierung muss sich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass das geltende humanitäre Völkerrecht respektiert wird, bis hin zur strengeren Kontrolle der eigenen Rüstungsexporte. Internationale Initiativen zur Stärkung des humanitären Völkerrechts sollten von Deutschland mit aller Kraft unterstützt und vorangetrieben werden; die Lucens Guidelines zum Schutz von Schulen in Kriegsgebieten müssen auch von Deutschland endlich unterzeichnet werden. Ein unabhängiges deutsches Institut für humanitäre Angelegenheiten, wie wir Grüne es vorgeschlagen haben, würde dazu beitragen, auch in diesen kritischen Fragen die humanitäre Hilfe inhaltlich zu stärken und für die Menschen vor Ort wirksamer zu machen.“

Vorausschauende humanitäre Hilfe liege im deutschen Interesse

Welttag der humanitären Hilfe am 19. August

Am Welttag der humanitären Hilfe, werden die Prinzipien der internationalen humanitären Hilfe gewürdigt und es wird der Helfer gedacht, die im Rahmen ihrer Arbeit ihr Leben verloren haben. Dazu erklärt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand:

„Nie waren weltweit mehr Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen als heute. Es sind über 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Rund doppelt so viele sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Immer neue, vor allem auch langandauernde Konflikte und humanitäre Krisen stellen die internationale Staatengemeinschaft vor große Herausforderungen. Der finanzielle Bedarf hat sich seit 2000 mehr als verzehnfacht.

Deutschland stellt sich seiner gewachsenen Verantwortung und hat u.a. im Zusammenhang mit dem Inferno in Syrien in den vergangenen vier Jahren 1,25 Milliarden Euro für fast 70 humanitäre Hilfsprojekte zur Versorgung der notleidenden Menschen im Land selbst und den Anrainerstaaten bereitgestellt. Dazu braucht es mehr Anstrengungen in der EU und international, um globale Risiken abzubauen. Das liegt besonders auch im deutschen Interesse. Niemand sollte unterschätzen, wie groß die Chancen sind, etwas zu bewirken, wenn die Ursachen für Armut, Perspektivlosigkeit und Flucht aktiv, rechtzeitig und mit den richtigen Mitteln bekämpft werden.

Wahr ist aber auch, dass humanitäre Hilfe nicht als Alibi taugen kann für die Unfähigkeit der Weltgemeinschaft, Krisen und Konflikte zu lösen. Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Zugang zu Menschen, die die Hilfe am nötigsten brauchen, gehören heute zu den größten Herausforderungen.

Außerdem wäre es kurzsichtig, die ungelösten humanitären Krisen in anderen Weltregionen zu vergessen und nicht die notwendigen Ressourcen für zukünftige Herausforderungen bereitzustellen. Vor diesem Hintergrund haben wir die Haushaltsmittel für die humanitäre Hilfe in den vergangenen fünf Jahren verzehnfacht und erreichen in diesem Jahr 1,4 Milliarden Euro. Deutschland ist damit zweitgrößter bilateraler Geber weltweit.

In diesem Jahr bekräftigen die humanitären Partner am Welttag der humanitären Hilfe mit der Kampagne #NotATarget ihre Forderung an die politischen Entscheidungsträger, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die Zivilbevölkerung in den militärischen Konflikten weltweit besser zu schützen.

Die zahlreichen Freiwilligen, die trotz der damit verbundenen Gefahren weltweit Menschen in Not helfen, zeigen Solidarität mit den Opfern von Krieg und Gewalt. Ihrem Mut und ihrem selbstlosen Einsatz gebührt unser besonderer Dank. So gedenken wir morgen auch der Helfer, die im Rahmen ihrer wichtigen Arbeit ihr Leben verloren haben. Seit Januar 2016 waren über 400 Helfer weltweit von Angriffen betroffen, 183 sind dabei ums Leben gekommen. Dies zeigt, dass sich die internationale Gemeinschaft auch noch stärker als bisher für einen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe und einen besseren Schutz der Helfer in Krisenregionen einsetzen muss.“

Welttag der humanitären Hilfe: EU verurteilt Gewalt gegen Unschuldige

Anlässlich des Welttages der humanitären Hilfe am 19. August haben die Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, und der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement, Christos Stylianides, zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts gemahnt. In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten sie ihre Entschlossenheit, Anschläge auf humanitäre Helfer nicht als Normalität zu akzeptieren. Der Welttag der humanitären Hilfe gelte den tausenden Helfern, die ihr Leben riskieren, um Menschen in Not zu helfen.

„Wir leben in einer Zeit, die zunehmend von unzähligen Angriffen und von Gewalt gegen unschuldige Menschen überall auf der Welt geprägt ist. Dies sollte nie zur neuen Normalität werden, die wir unwidersprochen hinnehmen. Oft sind gerade humanitäre Helfer, die ihr Leben riskieren, um andere zu retten, Ziele von Gewalttätigkeit. Dies haben wir erst vergangene Woche in der Zentralafrikanischen Republik und unzählige Male in Syrien erleben müssen“, sagten Mogherini und Stylianides.

Beide Politiker wollen daher im Vorfeld des Welttags der humanitären Hilfe all jene würdigen und ehren, die ihr Leben riskierten, um den Opfern von Kriegen und Naturkatastrophen in der ganzen Welt zu helfen. Sie würdigten den Mut aller Männer und Frauen, die sich weiterhin selbstlos für andere einsetzen.

„In lang andauernden Konflikten, in denen das Kriegsvölkerrecht ignoriert und mit Füßen getreten wird, ist es nie leicht, aber immer unverzichtbar, Hilfe zu leisten. Humanitäre Helfer sollten in der Lage sein, ungehindert zu arbeiten, um denen zu helfen, die am dringendsten Hilfe benötigen“, so beide Politiker weiter.

Sie erinnerten zudem daran, dass „leider in den letzten zwanzig Jahren mehr als 4000 humanitäre Helfer Opfer von Anschlägen geworden sind. Mehr als ein Drittel davon kamen dabei ums Leben. Diese unsinnigen Anschläge sind eine schwerwiegende Verletzung des humanitären Völkerrechts. Wir werden uns durch diese Anschläge nicht davon abbringen lassen, uns weiter für diejenigen einzusetzen, die Hilfe benötigen.“

Mogherini und Stylianides unterstrichen die Haltung der EU, sich  für die Förderung des globalen Verständnisses und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der humanitären Grundsätze einzusetzen.

Weitere Informationen:

Wortlaut der Erklärung von Mogherini und Stylianides

Website der Europäischen Kommission, Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (ECHO)Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Welttag der humanitären Hilfe 2017Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

ECHO-Informationsblätter Humanitäres Völkerrecht Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Aktive SolidaritätDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

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