Müller zum 125. Geburtstag der Berliner Stadtältesten Ella Kay.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, würdigt aus Anlass ihres heutigen 125. Geburtstags die sozialdemokratische Jugend- und Sozialpolitikerin und Stadtälteste von Berlin, Ella Kay (16. Dezember 1895 bis 3. Februar 1988):

„Das lange Leben der Berlinerin und Sozialdemokratin Ella Kay war ein Leben politischen Engagements durch alle Höhen und Tiefen vom Berlin des Kaiserreichs bis zum Berlin kurz vor dem Fall der Mauer. Sie gehörte zu den ersten Frauen, die sich in unserer Stadt in die Politik einbrachten, und sie ist bis heute ein Vorbild für Engagement, auch für Begeisterung und Pflichtgefühl – und ganz bestimmt nicht nur für Frauen. 1919 ging sie in die SPD und in die Arbeiterwohlfahrt. Mitte der 1920er-Jahre arbeitete die gelernte Fürsorgerin im Jugendamt Prenzlauer Berg und erprobte neue Methoden der Jugendarbeit. Im Dritten Reich setzte sie sich zusammen mit Max Fechner und seinem Kreis im Widerstand für Verfolgte ein. Mit diesem Mut ging sie nach dem Mauerbau mit dem Friedrichshainer Kurt Neubauer in den Ostteil, um den dortigen Sozialdemokraten ein letztes Mal persönlich Mut zu machen.“

Der Regierende Bürgermeister: „Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Diktatur ging sie zu Hause in Prenzlauer Berg gleich wieder an die Arbeit, aber die Sowjets ließen die engagierte Demokratin nicht lange im Amt der Bezirksbürgermeisterin von Prenzlauer Berg, und sie musste letzten Endes in die Westsektoren wechseln. Ihre Domäne war und blieb die Jugendarbeit, zunächst im Hauptjugendamt, später als reformerische Jugendsenatorin. Ihre Arbeit hatte bleibende Erfolge und wurde von ihrer Mitarbeiterin und Nachfolgerin Ilse Reichel-Koß fortgesetzt. Eine der Erfahrungen unserer Stadtältesten Ella Kay verdient es, in diesen Tagen in die Erinnerung zurückgerufen zu werden. Über die ersten beiden Nationalsozialisten, die in die Bezirksverordnetenversammlung ihres Bezirks einzogen, erzählte sich im Rückblick: ‚Wir haben sie zuerst belächelt: so eine kleine Partei und keine Fraktion. Das nächste Mal zogen sie ins Rathaus: in voller Nazi-Uniform.’ Ella Kay hat in ihrem Leben konkret erlebt, was es bedeutet, den Anfängen nicht zu wehren. Später saß sie dann in der Stadtverordnetenversammlung neben Goebbels.”

Der Regierende Bürgermeister weiter: „Ella Kay hat unendlich viele Erfahrungen gemacht und unendlich viel erreicht. ‚Wenn man zurückblickt‘, sagte sie später, ‚dann merkt man doch, wie viele Verbesserungen es in einem Menschenalter gegeben hat.‘ Und sie hat immer wieder betont, dass sich politisches und gesellschaftliches Engagement lohnt, denn als Optimistin wusste sie immer: ‚Es wird uns gelingen, die Mehrheit einer besseren Zukunft entgegenzuführen.‘ Diese Haltung macht sie bis heute zum Vorbild für politischen Einsatz und für bürgerschaftliches Engagement. Von ihr können wir alle im politischen Tagesgeschäft lernen: So langwierig die Mühen der Ebene sind, am Ende lohnt es sich doch, wenn man etwas für die Menschen bewirkt. Und diese Einsicht gilt über die Grenzen der politischen Lager hinweg.“

Fotoquelle: By David Wintzer – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=60535166

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