„Nie wieder ist jetzt! Nie wieder ist immer! Und nie wieder ist überall!“.

Eröffnung des Wanderausstellungsprojekts „Anne Frank – Lasst mich ich selbst sein“ in der saarländischen Justizvollzugsanstalt Ottweiler.

Die Ausstellung „Anne Frank – Lasst mich ich selbst sein“ ist eine Ausstellung des Anne Frank Hauses in Amsterdam und des Anne Frank Zentrums in Berlin. Ein zentrales Thema der Ausstellung ist die Bedeutung von Anne Franks Geschichte für die Gegenwart. Die Ausstellung ist ein Versuch der Politischen Bildung im Strafvollzug.

Gestern (21. November 2023) fand die Ausstellung in der saarländischen JVA Ottweiler bereits zum zweiten Mal statt.

Die Mitarbeiterin des Anne Frank Zentrums Berlin, Elena M., trainiert im Vorfeld die sog. „Peer-Guides“– Insassen der Justizvollzugsanstalt -, um diese in die Lage zu versetzen, Besucher über das Wirken und Leben von Anne Frank anhand der Ausstellung zu begleiten. Stolz präsentierten die Guides ihre Erfahrungen und ihr Wissen zum Thema. Sie schlugen gekonnt den Bogen zu eigenen Diskriminierungen und zu heutigen Ereignissen von Rechtsradikalen auf der Straße. Auch der heutige Antisemitismus nach den Terroranschlägen der Hamas in Israel wurde zum Thema.

Die Ausstellung wird unterstützt vom saarländischen Justizministerium. Justizministerin Petra Berg rief bei der Eröffnung dazu auf, die Geschichte wachsam zu erkunden und Lehren für die heutige Zeit zu ziehen.

Petra Berg

Im Beisein des Beauftragten für jüdisches Leben im Saarland und gegen Antisemitismus, Professor Dr. Roland Rixecker, sowie weiterer geladener Gäste, betonte die Ministerin die Botschaft, die von dem Projekt ausgeht: „Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass Anne Franks Worte für die Gegenwart von unermesslicher Bedeutung sind: ‚Nie wieder ist jetzt! Nie wieder ist immer! Und nie wieder ist überall!‘. Ich bin allen Beteiligten für die Umsetzung des Projekts zum Dank verpflichtet.“

Roland Rixecker

Auch der Anstaltsleiter der JVA Ottweiler, Marco Bauer, legte Wert auf den Bezug zur heutigen Zeit. Er hob den Nutzen der Ausstellung für  die Peer-Guides hervor und betonte die positiven Auswirkungen auf die anderen Insassen der JVA: Alle Menschen vor Rassismus schützen, das ist die Aufgabe besonders in unseren Zeiten. Rixecker betonte: Wie es den Juden in unserem Staat geht, so geht es der Gesellschaft insgesamt. Rixecker lobte das große Engagement der Peer-Guides in der Auseinandersetzung mit dem Thema und die Leistung, diese auf die heutige Zeit zu beziehen.

Marco Bauer

Text: Erich Klein, Illingen

Fotoquellen: Erich Klein, Illingen

Inhalte der Ausstellung

»›Lasst mich ich selbst sein‹ Anne Franks Lebensgeschichte« ist eine Wanderausstellung des Anne Frank Hauses (Amsterdam). Sie zeigt die Lebensgeschichte von Anne Frank und gibt Einblicke in die Zeit, in der sie gelebt hat. Ein zentrales Thema der Ausstellung ist auch die Bedeutung der Geschichte Anne Franks für die Gegenwart.

In acht Teilen erzählt die Ausstellung die Geschichte von Anne Frank: Die ersten Jahre in Frankfurt am Main, die Flucht der Familie Frank vor den Nationalsozialisten sowie ihr Leben in Amsterdam vor und während der deutschen Besatzungszeit. Zudem informiert die Ausstellung über das Leben der Familie im Versteck, die letzten sieben Monate in den Lagern Westerbork, Auschwitz und Bergen-Belsen sowie die Erinnerung an Anne Frank und ihr Tagebuch. 

Mit Fragen zu Identität, Gruppenzugehörigkeiten und Diskriminierung wendet sich die Ausstellung direkt an die Teilnehmenden der Projekte: »Wer bin ich?«, »Wer sind wir?«, »Wen schließen wir aus?«. Die Ausstellung geht auch der Frage nach, was wir selbst bewirken können und stellt Initiativen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus vor.

Justizvollzugsanstalten als Ausstellungsorte

Die Wanderausstellung ist durch ihre klare Struktur und Sprache für die Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen geeignet. Ein Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit des Anne Frank Zentrums mit dieser Ausstellung liegt auf Justizvollzugsanstalten. In der Arbeit mit Inhaftierten hat sich der Ansatz der Peer Education bewährt. Er setzt direkt bei den Interessen der Teilnehmenden an und ermöglicht es, eigene Zugänge und Erfahrungen einzubringen. Bis zu 15 Gefangene werden in einem Trainingsseminar zu Peer Guides ausgebildet, um andere Inhaftierte und Besucher*innen durch die Ausstellung zu begleiten. 

Durch die Beschäftigung mit Anne Frank und ihrem Tagebuch lassen sich Geschichte und Gegenwart verknüpfen. Die Inhaftierten, die sich im Rahmen der Ausstellungsprojekte engagieren, tragen zu einer lebendigen Erinnerung an den Holocaust bei, setzen sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen und Werten des Zusammenlebens auseinander.

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