Noch älter, noch zerstrittener und noch orientierungsloser.

Jetzt, kurz vor ihrem Niedergang will sich die SPD tatsächlich erneuern, doch das wird gar nicht so einfach werden.

Ein Gast-Beitrag für TP Presseagentur Berlin von SPD-Mitglied Lisa Price.

Es war wiedermal ein schwarzer Tag, dieser Sonntag in Bayern oder in Hessen.

Der SPD ergeht es wie der Erderwärmung, ständig werden neue Negativrekorde gemessen. Aber keine Sorge, nach einer Trockenperiode kommt wieder eine Nasszeit mit erträglichem Klima und regelmäßigem ausreichendem Regen, denken viele. Aber jetzt befindet sich die SPD erst mal wieder in einer zu heißen Trockenperiode, so wie 2009, als Frank Walter Steinmeier das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik  als Kanzlerkandidat und Agenda-Mitdenker einfuhr. Oder befinden wir uns vielleicht immer noch in dieser alten Krise?

Nun, wie auch immer, nach unzähligen Schlägen in die Fresse will die SPD jetzt doch irgend so eine Erneuerung. Die Genossen sind sich einig, es muss eine personelle, programmatische und auch strukturelle Erneuerung werden, nur wie die genau aussehen könnte, und wer kommen und wer gehen sollte, darüber sind sich die Genossen gar nicht einig.

Der Weg zur einer Erneuerung ist steinig und eben doch nicht so einfach wie man sich das erst dachte. Die SPD ist in einer Existenzkrise, die Basis ist orientierungslos und verunsichert und dreht sich um sich selbst. In den Ortsvereinen und Unterbezirken werden Personalfragen emotional diskutiert und Sachfragen ignoriert. Die Genossen zweifeln an ihrer Wahlkampfkraft, ziehen sich zurück oder verhindern in nicht endenden Flügelkämpfen andere engagierte Genossen am Weiterkommen. Und so entsteht ein gefährlicher selbstzerstörerischer Sog, bei dem die stolze 155-jährige Geschichte der SPD im populistischen Treibsand der Moderne zu versinken droht.

Für die SPD geht es ums Überleben, sie hat überall verloren, in Ost und in West, im Norden und im Süden, an seinem linken und an seinem rechten Flügel, an Links und an Rechts. Nicht nur im Bund und den Ländern, sondern auch in vielen Städten ist die SPD weiter eingebrochen. Sie konkurriert mit der CDU um einen immer kleiner werdenden Kreis an Wählern, während immer mehr Wähler unterscheidbare Wahlprogramme wie die der Grünen, Linken und AFD immer attraktiver finden.

Natürlich liegen die Gründe für das Debakel der SPD zum Teil auf der Hand. Nach vielen Jahren Regierungsbeteiligung kontrollieren Verwaltercliquen die Partei. Das darf man mittlerweile sogar innerhalb der SPD sagen. Diese Typus Schreibtischschubser ist mit Blick auf seine Verwaltungsaufgabe nur reduziert in der Lage programmatische Profilarbeit zu leisten.  Die Partei produziert so nur noch Magerkost und laugt personell dabei immer weiter aus.

Eine Machtperspektive hat die SPD deshalb auch nicht zu bieten, oder sollte man hier sagen: Seit Steinmeier und Schröder immer noch nicht zu bieten, und deshalb glaubt sie sich auch so gut aufgehoben als Zuträger der CDU, die selber unter vergleichbaren Problemen leidet.

Der SPD fehlt scheinbar die Kraft eine moderne sozialdemokratische Vision zu formulieren. Eine Vision, die dem Wähler eine Grundlage gibt und ein Bild beschreibt wie unsere Gesellschaft morgen aussehen könnte. Das alte sozialdemokratische Versprechen von Wohlstand und Aufstieg passt ja leider nicht mehr in die heutige Zeit mit Werksverträgen und Leiharbeit. Das alte Bild ist im Zeitalter der von der SPD selbst propagierten Globalisierung unbrauchbar geworden. Eine neue Vision muss her.

Gleichzeitig haben die Stammwähler der SPD die Agenda 2010 und die Rente mit 67 noch nicht vergessen, und auch nicht, dass die SPD die Führungsrolle in der Opposition der AFD überließ.  Man sprach hier von Verantwortung für das Volk. Das war eine klassische Verwalter(fehl)entscheidung im krassen Gegensatz zu einer nachhaltigen Politiker-Vision.

Aber die eigentlichen Ursachen liegen tiefer und sind struktureller Natur. Die Partei ist überaltert und zerstritten. Die Gestrigen ringen mit den „Neuen“ und ihren „Flausen, die sie im Kopf haben“.  Aber die alte Sozialdemokratie als Idee und Vision ist tot. Die SPD hat sich in zwei gegensätzliche Flügel mit sich widersprechenden Ausrichtungen gespalten. Die einen wollen den neoliberalen Agendaweg weitergehen und die anderen die SPD grundlegend reformieren.  Doch keine der beiden Flügel hat eine Vision für eine zukunftsweisende soziale und ökologisch funktionierende Erneuerung unseres Landes.

Der Agendaflügel der SPD will wieder die Beziehung zu den Gewerkschaften erneuern und stärken. Aber damit steht die SPD im Wettbewerb  mit den Linken, die überzeugender die Nähe zu den Gewerkschaften fordern.

Die Herausforderung für die SPD ist so zu einer gigantische Aufgabe geworden. Will die SPD nicht noch mehr Stimmen verlieren muss sie sich auf der einen Seite von den Linken klar abgrenzen, denn links sein, das können Lafontaine und Kipping besser, und gleichzeitig mit den Linken  Kommunikations- und Koalitionsbereitschaft zeigen.

Ob eine Andrea Nahles oder in Brandenburg gar ein Dietmar Woidke für den Erneuerungsprozess die Richtigen sind, lässt sich noch nicht sagen. Trotzdem sind Beide starke Personen und die Personaldecke der SPD ist dünn geworden. Leider steht auch Nahles für eine abgewählte Partei und eine verfehlte Renten- und Sozialpolitik.

Lisa Price:

  • Vorsitzende Landesarbeitskreis Wirtschaft und Energie bei SPD BRANDENBURG
  • Mitglied des Bundesvorstandes der AGS bei SPD

 

 

2 Antworten

    • Trump zerlegt die USA, Seehofer die CSU, Merkel die CDU und Nahles die SPD. Mal schauen, was daraus wird. Was die Historiker später einmal dazu sagen werden.
      Jedenfalls wachsen diese Politiker wohl aus dem gleichen Holz.

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