Nullnummer stoppen.

Keine Reform der Kinder- und Jugendhilfe ohne die Fachwelt.

„Der heute vorgelegte Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen ist nur der erste Schritt zu einer umfassenden Deformierung der Kinder- und Jugendhilfe. Nur auf Grund massiven Widerstands aus der Fachwelt konnten ursprüngliche Planungen verhindert werden, an denen das Ministerium aber nach wie vor arbeitet“, kommentierte Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, den Beschluss des Bundeskabinetts zur Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes.

Müller weiter:

„Der Gesetzentwurf wurde in einer für die Kinder- und Jugendhilfe bislang unbekannten Intransparenz durch das Familienministerium erarbeitet, in dem Fachlichkeit eine untergeordnete Rolle spielte. Das geht so nicht! Eine Reform der Kinder- und Jugendhilfe braucht Zeit und Transparenz. Zahlreiche Vorentwürfe haben gezeigt, in welche Richtung die Reform eigentlich gehen sollte, und es ist dem massiven Widerstand der Fachwelt zu verdanken, dass nun ein abgemilderter Gesetzentwurf vorliegt. Dennoch betont Familienministerin Manuela Schwesig zu jeder Gelegenheit, dass sie an den ursprünglichen Reformzielen festhält. Dazu zählt beispielsweise die Schwächung der Rechtsansprüche von Familien auf Unterstützung in Krisensituationen.

DIE LINKE lehnt den Gesetzentwurf trotz einiger progressiver Vorhaben ab. Denn mit diesem Gesetzentwurf wird eine Zwei-Klassen-Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Realität, und diverse Einzelformulierungen schwächen Rechtsansprüche von Kindern und Jugendlichen auf Angebote der Jugendhilfe.

Familienministerin Manuela Schwesig geht schwer beschädigt aus der Debatte. Sie hat den im Koalitionsvertrag festgeschrieben Weg zu einer Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes auf einer fundierten empirischen Grundlage in einem sorgfältig strukturierten Prozess nicht eingeschlagen. Und erst zur Eröffnung des Deutschen Jugendhilfetages am 28. März erklärte sie in Düsseldorf, eine Zwei-Klassen-Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werde es mit ihr nicht geben.

DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und endlich in einen fachlichen Diskurs mit Betroffenen, Beschäftigten, Wissenschaft und Verbänden einzutreten und somit zu einer bundesrepublikanischen Tradition in der Kinder- und Jugendhilfepolitik zurückzukehren. Dass nun schon die zuständigen Fachpolitiker der Union auf Abstand zum Gesetzesentwurf gehen, zeigt: Es ist noch nicht zu spät, diese Nullnummer zu stoppen.“

Die Reform der Kinder- und Jugendhilfe verdiene eine intensive fachliche Diskussion.

Das Tempo des Familienministeriums sei grotesk.

Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Reform des SGB VIII) verabschiedet. Dazu erklärte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Seit dem vergangenen Sommer arbeitet das Bundesfamilienministerium – größtenteils hinter verschlossenen Türen und ohne Beteiligung der Fachverbände – an der Reform des SGB VIII. Erste Entwürfe wurden von der Fachwelt zerrissen. Um nun wenigstens pro forma eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages umzusetzen, wurde eine abgespeckte Version der Reform auf den Weg gebracht und in kürzester Zeit durch die Ressortabstimmung und parallel auch die Verbände- und Länderanhörung gedrückt. Experten beklagen in ihren Stellungnahmen, dass dieses Vorgehen die Glaubwürdigkeit demokratischer Beteiligung beschädigt. Der Entwurf wurde am 17.3. an die Verbände verschickt, die Stellungnahmen mussten bis zum 23.3. abgegeben werden.

Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat gegenüber dem Ministerium immer wieder betont, dass sie nicht nur hinsichtlich des Tempos, sondern auch der Inhalte Bedenken bei der Reform hat, die enorme Auswirkungen haben wird auf die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe.

Die geplanten Änderungen bei der Informationsweitergabe bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung scheinen die in den vergangenen Jahren gestärkte Verantwortung der Berufsgeheimnisträger wieder abzuschwächen. Bei den Änderungen zur Hilfeplanung muss hinterfragt werden, dass bereits zum Einstieg in eine Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen in einem Heim, einer betreuten Wohnform oder bei Pflegefamilien eine Festlegung erfolgen soll, ob die Leistung zeitlich befristet oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten soll. So eine weitreichende Einschätzung derart frühzeitig abgeben zu müssen, ist nicht sachgerecht. Das setzt die Beteiligten nur unter unnötigen Druck und berücksichtigt ihre Interessen nicht angemessen.

Genau prüfen werden wir im parlamentarischen Verfahren ebenfalls die Neuregelungen zur Heimaufsicht sowie die geplanten Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der offenen Jugendarbeit.

Eine Reform, die tief in die Grundrechte von Eltern und Kindern eingreift, benötigt ausreichend Zeit und intensive Diskussionen. Diese Zeit werden wir uns im Interesse der Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien nehmen.“

https://web.facebook.com/DietmarBartschMdB/videos/1386406791442652/

Ausmaß an Kinderarmut in Deutschland ist eine Schande.

Zu den jüngst veröffentlichten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland erklärte Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag:

„In Deutschland leben mehr als zwei Millionen Kinder in Armut und sind auf staatliche Grundsicherung angewiesen. Das sind trotz des anhaltenden Aufschwungs 3,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit von Eltern ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Kinder dauerhaft auf Grundsicherung angewiesen sind. Das Ausmaß an Kinderarmut in Deutschland ist eine Schande.

Seit Jahren fördern alle Bundesregierungen Billigjobs, anstatt die Menschen in dauerhafte und gut bezahlte Arbeit zu bringen. Seit Jahren werden die Erwerbslosenzahlen durch die Bundesagentur für Arbeit Monat für Monat frisiert, anstatt dass man Menschen aus Langzeitarbeitslosigkeit holt. Trotz des obszönen Reichtums einiger weniger und sprudelnder Konzernprofite ist Deutschland nach drei Merkel-Regierungen für einige zu einem Armenhaus und Armut zur Erbkrankheit geworden. Dass die Bundesregierung in ihrem sogenannten Armuts- und Reichtumsbericht das tatsächliche Ausmaß von Armut verschleiert, zeigt, dass CDU, CSU und SPD der gemeinsame politische Wille zur Bekämpfung von Armut fehlt. Auch deshalb muss die Merkel-Koalition im September in die Opposition geschickt werden.“

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