Pflanzenschutz- oder Düngemittel – OLG Hamm grenzt ab.

Pflanzenschutz- oder Düngemittel? Die Abgrenzung ist für den Kaufmann wichtig: Während Düngemittel ohne weiteres gehandelt werden dürfen, bedarf der gewerbsmäßige Handel mit Pflanzenschutzmitteln eines Nachweises, dass der Händler über die Sachkunde zur bestimmungsgemäßen und sachgerechten Anwendung des Mittels verfügt.

Zum Fall:

Der heute 61 Jahre alte Betroffene ist gewerblich tätig. Er betreibt einen sog. ʺSchnäppchen-Marktʺ im westlichen Münsterland. Der Markt bietet verschiedene Waren zu günstigen Einkaufsbedingungen an. Im Frühjahr 2015 veräußerte der Betroffene in seinem Geschäft das Produkt ʺGekörnter Eisendüngerʺ. Das Produkt wurde als Rasendünger beworben und hatte einen Hinweis auf der Verpackung, dass das Präparat Eisen-II-Sulfat enthalte, welches bei Moosbefall helfe.

Das Produkt verfügt über keine Zulassung als Pflanzenschutzmittel nach der – das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln regelnden – EG-Verordnung Nr. 1107/2009 vom 21.10.2009. Der Betroffene verfügt auch nicht über den nach dem Pflanzenschutzgesetz für den Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Sachkundenachweis (Anm.: Den Sachkundennachweis stellt die zuständige Behörde aus, wenn ein Händler zuverlässig ist und die notwendigen Fachkenntnisse und praktischen Fertigkeiten für die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung des Pflanzenschutzmittels nachweist). Den Vertrieb des Produktes zeigte der Betroffene der zuständigen Verwaltungsbehörde zudem nicht an.

Diese Umstände begründeten nach Ansicht des Amtsgerichts drei tateinheitlich begangene Ordnungswidrigkeiten des Betroffenen nach dem Pflanzenschutzgesetz, nämlich das Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels, seinen Handel ohne erforderlichen Sachkundenachweis des Händlers und ohne die zuvor gebotene behördliche Anzeige. Das Amtsgericht verhängte gegen den Betroffenen deswegen eine Geldbuße in Höhe von 250 Euro.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen die amtsgerichtliche Verurteilung war – vorläufig – erfolgreich. Der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die Feststellungen des Amtsgerichts seien nicht ausreichend, so der Senat, um den Betroffenen wegen Verstoßes gegen das Pflanzenschutzgesetz zu verurteilen. Ihnen sei nicht zu entnehmen, ob es sich tatsächlich um ein Pflanzenschutzmittel handle. Es sei keine Abgrenzung zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel erfolgt. In den Urteilsgründen werde nicht ausgeführt, welchem Verwendungszweck das beanstandete Präparat diene, in welchem Anteil in ihm Eisen-II-Sulfat enthalten und wie das Produkt chemisch zusammengesetzt sei.

Zur Abgrenzung zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel weise der Senat vorsorglich darauf hin, dass ein Produkt grundsätzlich je nach Verwendungszweck entweder als Pflanzenschutzmittel oder als Düngemittel einzuordnen sei. Hiernach sei die ausgelobte Zweckbestimmung des Produkts für die Abgrenzung ausschlaggebend. Um eine Umgehung der anzuwendenden Norm des Pflanzenschutzgesetzes zu vermeiden, komme es neben der Zweckbestimmung zusätzlich noch auf die stoffliche Wirkung des Produkts an. Sofern ein Produkt aus zwei verschiedenen chemischen Wirkstoffen bestehe, von denen einer als Düngemittel und der andere als Pflanzenschutzmittel wirke, bedürfe das Produkt sowohl einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung als auch der Einhaltung der düngemittelrechtlichen Vorgaben. Sofern ein Produkt aus einem chemischen Wirkstoff bestehe, der sowohl als Pflanzenschutzmittel als auch als Düngemittel wirke, komme es auf die überwiegende Zweckbestimmung (Auslobung) des Produkts durch den Hersteller sowie die genaue stoffliche Zusammensetzung an.

Rechtskräftiger Beschluss des 4. Senats für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.05.2017 (4 RBs 24/17).

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