Präsidentenwechsel am Bundesverfassungsgericht.

Am heutigen Tage hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Herrn Prof. Dr. Dres. h. c. Andreas Voßkuhle in Berlin die Entlassungsurkunde ausgehändigt. Damit endet die 12-jährige Amtszeit Voßkuhles als Präsident, Vorsitzender des Zweiten Senats und Richter des Bundesverfassungsgerichts. Zugleich überreichte der Bundespräsident drei Ernennungsurkunden. Neuer Präsident des Bundesverfassungsgerichts wird der bisherige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzende des Ersten Senats Herr Prof. Dr. Stephan Harbarth, LL.M. Die freiwerdende Richterstelle des bisherigen Präsidenten im Zweiten Senat wird durch Frau Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein von der Universität Frankfurt besetzt. Beide sind am 15. Mai vom Bundesrat gewählt worden. Wegen seiner Verdienste für die Bundesrepublik Deutschland verlieh der Bundespräsident Herrn Voßkuhle bei diesem Anlass das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband. Neue Vizepräsidentin und Vorsitzende des Zweiten Senats wird Frau Prof. Dr. Doris König, M.C.L., bislang Richterin des Zweiten Senats.

Herr Prof. Dr. Dres. h. c. Andreas Voßkuhle wurde 1963 in Detmold geboren. Er ist verheiratet. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bayreuth und der Ludwig-Maximilians-Universität München, das er im Jahre 1989 mit dem Ersten juristischen Staatsexamen abschloss, wurde er 1992 an der Ludwig-Maximilians-Universität promoviert. Seine von Peter Lerche betreute Arbeit über „Rechtsschutz gegen den Richter“ wurde mit dem Fakultätspreis ausgezeichnet. Von 1992 bis 1994 war Andreas Voßkuhle wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Umweltrecht an der Universität Augsburg. Währenddessen legte er 1993 sein Zweites juristisches Staatsexamen ab. Im Jahre 1995 wurde er Referent im Bayerischen Staatsministerium des Inneren. 1998 habilitierte sich Voßkuhle an der Universität Augsburg mit einer Arbeit über das „Kompensationsprinzip“. Ihm wurde die Venia Legendi für die Fächer Öffentliches Recht, Verwaltungswissenschaften und Rechtstheorie verliehen. Kurz darauf erhielt er einen Ruf auf einen Lehrstuhl an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wo er seit 1999 als Direktor das Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie leitet. Von 2000 bis 2002 war er Studiendekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität. Freiburg. Im Jahre 2004 lehnte er einen Ruf an die Universität Hamburg ab. Von 2004 bis 2006 wirkte Voßkuhle als Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg. 2006 und 2007 war er dort Mitglied des Universitätsrats und zeitgleich Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit 2007 ist Andreas Voßkuhle ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Im Juli 2007 wurde er zum Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg gewählt und trat dieses Amt im April 2008 an.

Im Mai 2008 wurde Andreas Voßkuhle zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts und zum Vorsitzenden des Zweiten Senats und im März 2010 zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Voßkuhle hat als Berichterstatter knapp 40 Senatsverfahren vorbereitet, darunter etwa die Entscheidungen zur Sicherungsverwahrung (BVerfGE 128, 326), zur Besoldung von Hochschullehrern (BVerfGE 130, 263), zur Beobachtung von Abgeordneten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfGE 134, 141), zu den Informationsrechten des Bundestags bei Rüstungsexporten (BVerfGE 137, 185) und bei Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei (BVerfGE 139, 194), zur Richterbesoldung (BVerfGE 139, 64), zu den Oppositionsrechten (BVerfGE 142, 25), zur Bundesrichterwahl (BVerfGE 143, 22), zum NSA-Untersuchungsausschuss (BVerfGE 143, 101), zu den Auskunftsrechten des Bundestags zur Finanzmarktaufsicht und zur Deutsche Bahn AG (BVerfGE 147, 50) und zum Beamtenstreikverbot (BVerfGE 148, 296).

Während seiner Amtszeit als Präsident hat Andreas Voßkuhle zahlreiche Begegnungen mit ausländischen Verfassungsgerichten, Obersten Gerichtshöfen, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Gerichtshof der Europäischen Union initiiert. Unter seiner Ägide erfolgte die Umgestaltung der Kammhuber-Kaserne zum vorübergehenden Dienstsitz „Waldstadt“ und die Grundsanierung des Baumgarten-Ensembles im Schlossbezirk (2011 – 2014). Er hat die interne Organisationsreform des Gerichts auf den Weg gebracht und die Neugestaltung der Internetpräsentation. Auf seine Initiative hin haben sich die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts erstmals eigene Verhaltensleitlinien gegeben (2017). In seine Amtszeit fallen ferner die Bürgerfeste zum 60. Geburtstag des Bundesverfassungsgerichts (2011) und zu „70 Jahre Grundgesetz und 50 Jahre Baumgarten-Bau“ (2019).

Andreas Voßkuhle ist seit 2012 Mitglied des Senats der Max-Planck-Gesellschaft, seit 2014 Mitglied des Ausschusses nach Art. 255 AEUV, seit 2015 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Fritz Thyssen Stiftung und seit 2018 ordentliches Mitglied der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften. Ihm wurde im März 2017 das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande der Republik Österreich, im November 2017 die Ehrendoktorwürde durch die Aristoteles-Universität Thessaloniki sowie im Juli 2019 die Ehrendoktorwürde durch die Leuphana Universität Lüneburg verliehen. Ferner erhielt er mehrere Preise, zuletzt den Otto Kirchheimer Preis.

Nach Beendigung seiner Amtszeit kehrt Andreas Voßkuhle auf seinen Lehrstuhl an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zurück.

Frau Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein, geboren im Jahre 1969 in Münster, hat seit Oktober 2010 die Professur für Öffentliches Recht mit einem Schwerpunkt im Sozialrecht an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main inne und ist dort Geschäftsführende Direktorin des Instituts für europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht. Seit 2012 ist sie Mitglied des Sozialbeirats der Bundesregierung. Zudem bekleidet Wallrabenstein seit dem Jahre 2013 ein Richteramt am Hessischen Landessozialgericht. Seit dem Jahre 2018 ist sie Goethe-Fellow am Forschungskolleg Humanwissenschaften Bad Homburg mit dem Projekt „Migration und Gerechtigkeit im Sozialstaat“. Astrid Wallrabenstein ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Quelle: BVerfG-Pressemitteilung Nr. 51/2020 vom 22. Juni 2020

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