Rechtspolitiker Dirk Behrendt designierter Berliner Justizsenator.

Der bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im September nicht mehr kandidierende Rechtspolitiker Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) wird voraussichtlich neuer Justizsenator in Berlin. Er löst damit den bisherigen Amtsinhaber Thomas Heilmann (CDU) ab, der heute seinen letzten Auftritt bei der Justizministerkonferenz in der brandenburgischen Landesvertretung in Berlin hatte.  Auf Dirk Behrendt setzt insbesondere die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) ihre letzten Hoffnungen, dass endlich die seit 1977 im bundeseinheitlichen Strafvollzugsgesetz festgeschriebene, aber bislang nicht umgesetzte gesetzliche Rentenversicherung auch für Strafgefangene und Sicherungsverwahrte verwirklicht wird.

Dazu erklärte heute die GG/BO:

„Die rot-rot-grüne-Regierungskoalition in Berlin steht. Neuer Justizsenator wird der langjährige Rechtsexperte der Berliner Grünen, Dirk Behrendt. Behrendt hat sich in der letzten Legislaturperiode als rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wesentlich für eine Reform des Strafvollzugswesens eingesetzt. Zentrale Aspekte eines reformierten Strafvollzugs sind in dem ‚Aufruf für ein liberales und progressives Strafvollzugsgesetz‘ eingeflossen, welcher u.a. von der Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) inhaltlich unterstützt wurde. Darin wird zum Beispiel gefordert, den Offenen Vollzug als Regelvollzug in Berlin durchzusetzen.“
http://www.gruene-fraktion-berlin.de/sites/default/files/20160108-Aufruf%20f%C3%BCr%20ein%20liberales%20Strafvollzugsgesetz.pdf)
Die GG/BO weiter:
„Inhaftierte in den Berliner Haftanstalten und nicht zuletzt wir als Bundesvorstand der GG/BO hoffen darauf, dass der designierte neue Berliner Justizsenator Dirk Behrendt die Grundrechte Gefangener stärken und die Bekämpfung der sozial- und arbeitsrechtlichen Diskriminierung inhaftierter Beschäftigter auf seine Agenda setzen wird“, so GG/BO-Sprecher Oliver Rast.

In diesem Zusammenhang verweist die GG/BO auf „den einhelligen Beschluss des Bundesvorstandes der Partei Die Linke“, in dem die GG/BO-Kernforderungen nach Mindestlohn, Rentenversicherung und Koalitionsfreiheit hinter Gittern übernommen sowie zu den parteipolitischen Zielen der Fraktionen der Linkspartei in den Ländern und im Bund erklärt werden.
http://ggbo.de/bundesvorstand-der-linkspartei-unterstuetzt-per-beschluss-ggbo-forderungen-nach-rentenversicherung-mindestlohn-und-gewerkschaftsfreiheit-fuer-inhaftierte/)

„Die Berliner Regierungsparteien Die Linke und Grüne/Bündnis90 können eine wichtige Vorreiterrolle einnehmen, indem sie nicht nur den gewerkschaftlichen Selbstorganisierungsprozess Inhaftierter im Rahmen der GG/BO anerkennen, sondern eingestehen, dass der Strafvollzug in seiner aktuellen Form einer Resozialisierung diametral entgegensteht“, führt Rast weiter aus. „Und nicht zuletzt gilt es, die offenkundige Klau-und-Schmuggel-Wirtschaft seitens Bediensteter in der JVA Tegel schonungslos aufzuklären und die Whistleblower vor anstaltsinternen Schikanen zu schützen.“
Rast abschließend:
„Die inhaftierten und nicht inhaftierten Mitglieder und Aktivist_innen der GG/BO werden einen deutlich erkennbaren Kurswechsel in der Berliner Strafvollzugspolitik ausdrücklich begrüßen. Im Verbund mit Bündnispartner_innen aus (Basis) Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und sozialen Bewegungen wird die GG/BO weiter dafür streiten, dass Haftanstalten seitens Gefangener keine gewerkschaftsfreie Zone mehr sind.“

Foto: Dirk Behrendt

Bildquelle: TP Presseagentur Berlin/dj

4 Antworten

  1. Ich bin zwar kein Freund der Grünen, aber mit Dirk Behrendt als Justizsenator kann man in Berlin sehr zufrieden sein. Endlich mal jemand, der sich auskennt und weiß wovon er redet. Die Grünen hatten schon mal einen Justizsenator gestellt, Wolfgang Wieland, dessen Amtszeit leider zu kurz war, um etwas wirklich Positives zu erreichen, vielleicht gelingt es Behrendt ja. Zu wünschen wäre es ihm und den Berlinern auf jeden Fall. Es ist zwar ein langer Weg die Fehler von Heilmann zu beseitigen und frischen Wind in die Amtsstuben zu bringen, denke aber, dass Behrendt den Willen hat dies zu schaffen.

    • Die Felder, die der künftige Justizsenator zu bearbeiten hat, sind mannigfaltig. Unterstellt man, dass der SenJust nicht nur frischen Wind in die Amtsstuben bringen will, müsste er vorher erst einmal ausmisten, weil es sonst immer weiter stinkt.
      Bisher gab es nur einen Versuch seitens eines SenJusts, den von Frau v. der Aue, als sie ihren Staatssekretär, den Korrumpel Christoph Flügge und dessen Ehefrau, die höchstselbst für die jahrzehntelange Selbstbedienung der Justizbeamten in der Haftapotheke verantwortlich war, schasste. (vgl. Pressemitteilung des Sen-Ju Nr. 6/2007 vom 29.01.2007)
      Alle weiteren Versuche wurden regelmäßig von den Personalvertretungen verhindert.

  2. Das ist völliger Unsinn, gerade die jüngeren Personalvertretungen versuchen ständig unfähige und in Posten gehobene Verwaltungstypen auszutauschen, werden aber durch die auf den Posten klebenden Vorgesetzten ausgebremst oder schlecht beurteilt und von Beförderungen ausgeschlossen. Die Bestenauswahl wird durch Vorsteuern über Beurteilungen umgangen, eine Personalentwicklung findet nicht statt. Führungsposten werden nach Gutsherrenart besetzt und erst dann ausgeschrieben – siehe Zusatz bei Ausschreibungen im Amtsblatt „es handelt sich um die Ausschreibung eines besetzten Sachgebietes, von der Bewerbung des Stelleninhabers wird ausgegangen“. Ich muss glaube ich nicht erklären, was los ist, wenn man sich als nicht Stelleninhaber auf so eine Stelle bewirbt…
    Es muss ein nachhaltiges Aus- und Fortbildungskonzept entwickelt werden und zwar mit den Bediensteten an der Basis nicht mit dem Aus- und Fortbildungsreferat, da dieses nicht in der Lage ist, z.B. Bediensteten mit Ausbildungs- oder Dozentenaufgaben über Freistellungen zu ermöglichen. Vielmehr wird erwartet, dass diese Aufgaben neben der normalen Arbeit (die Belastung liegt aufgrund fehlenden Personals ohnehin bei 120%) erledigt werden, Beurteilungs- oder gar Beförderungsrelevant ist derartiger Einsatz natürlich nicht. So kommt es mehr darauf an, dass man mit dem Beurteiler Kaffee trinken, Rauchen o.ä. geht oder gar in den Urlaub fährt. Diese Praxis wird vielfach auch über die Zweitbeurteiler gedeckt!!

  3. Nach der bisherigen Amtszeit von Dirk Behrendt ist von der anfänglichen positiven Einstellung nicht mehr viel übrig geblieben. Ganz im Gegenteil, die Situationen z.B. in den Berliner Haftanstalten haben sich mehr und mehr verschlechtert, auch die Besetzung des Anstaltsleiters in der JVA Plötzensee durch Dr. Meyer Odenwald, den ich für einen absoluten Blindgänger halte, hat die Situation eher noch verschlechtert als verbessert. So bleibt die Hoffnung, dass der nächste Justizsenator bessere Arbeit abliefert.

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