Schäuble würdigt Giscard d’Estaing als verlässlichen politischen Freund Deutschlands.

Zum Tod von Valéry Giscard d’Estaing erklärt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble:

 „Mit Valéry Giscard d’Estaing verliert Frankreich einen prägenden Staatsmann, Europa einen bedeutenden Gestalter und Deutschland einen verlässlichen politischen Freund. Ich erinnere mich lebhaft an die Begegnungen mit ihm als geschickten Diplomaten, überzeugten Liberalen und kultivierten Gesprächspartner. Spürbar war für mich dabei immer sein vitales Interesse an der Verständigung mit Deutschland, dem Land seiner Geburt, in das er 1945 als Befreier mit der Französischen Armee eingezogen war. Die Art, wie er die V. Republik auf einen Kurs der Modernisierung geführt und zugleich über den Erhalt der französischen Kultur und Tradition gewacht hat, hat mir stets imponiert.

Giscard d’Estaing stand in einer Zeit der Blockkonfrontation für die enge Zusammenarbeit der westlichen Staaten ein, und seinem Einsatz verdanken wir wichtige Schritte im Prozess des politischen Zusammenwachsens Europas. Mit dem Europäischen Währungssystem wurde in seiner Amtszeit als französischer Staatspräsident die Grundlage für die spätere Gemeinschaftswährung gelegt, daneben öffnete er den europäischen Staaten mit der Ausweitung der Rechte des Europäischen Parlaments und dem Verfassungskonvent unter seinem Vorsitz eine Perspektive für die Zukunft – oft gegen Vorbehalte und vielfache Widerstände. Wir sind dankbar für diese visionären Überlegungen zu einem handlungsfähigen Europa.“

Kondolenztelegramm von Merkel an Macron zum Tod von Giscard d’Estaing.

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Nachricht vom Tod von Präsident Valéry Giscard d’Estaing erfüllt mich mit großer Trauer. Meine Gedanken sind bei seiner Familie. Ihr und dem ganzen französischen Volk gilt mein tief empfundenes Mitgefühl.

In seiner großen politischen Karriere hat Valéry Giscard d’Estaing die französische Gesellschaft und die Europäische Gemeinschaft maßgeblich geprägt. Er war ein entschiedener Befürworter des europäischen Einigungswerks; die Schaffung des Europäischen Währungssystems und die Einführung der Direktwahl des Europäischen Parlaments sind auch ihm zu verdanken.

Valéry Giscard d’Estaing kannte aus eigenem Erleben die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Gerade deshalb setzte er sich in besonderem Maße für die deutsch-französische Versöhnung ein. Unvergessen bleibt seine Freundschaft mit Bundeskanzler Helmut Schmidt. Sie hat wesentlich zu den engen und vertrauensvollen Beziehungen beigetragen, die heute zwischen Frankreich und Deutschland bestehen. Gemeinsam stießen beide die Gründung des regelmäßigen Treffens der Staats- und Regierungschefs der großen Industriestaaten an, des heutigen G7-Treffens.

Mit Verve und Elan hat sich Valéry Giscard d’Estaing auch nach seiner Amtszeit für die europäische Integration engagiert. Als Präsident des Europäischen Konvents hat er mit dem Entwurf für eine Europäische Verfassung den Weg geebnet für den Vertrag von Lissabon und so den europäischen Einigungsprozess entscheidend mit vorangebracht.

Durch sein Wirken wird er uns als großer Staatsmann, überzeugter Europäer und verlässlicher Freund Deutschlands immer in Erinnerung bleiben.

In stiller Anteilnahme

Müller zum Tod von Valéry Giscard d’Estaing.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, würdigt den verstorbenen früheren Präsidenten Frankreichs Valéry Giscard d’Estaing:

„Valéry Giscard d’Estaings Besuch in Berlin im Jahr 1979 war für die gesamte Stadt historisch. Denn Giscard gilt als das erste französische Staatsoberhaupt, das unsere Stadt seit Napoleon besucht hat. Die Erinnerung an diese Visite ist eine Erinnerung an die Vier-Sektoren-Stadt Berlin, denn der Präsident besuchte vor allem den damaligen Französischen Sektor, und es waren französische Soldaten, die damals ihrem Staatsoberhaupt militärische Ehren erwiesen. Seitdem hat sich viel verändert. Doch die tiefe Verbundenheit Berlins mit unseren französischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und europäischen Partnern ist geblieben. Als europäische Metropole gedenkt Berlin vor allem des großen Europäers Valéry Giscard d’Estaings, der die deutsch-französische Freundschaft mit der Freundschaft zu Bundeskanzler Helmut Schmidt auf persönlicher Ebene gelebt und der unsere Sprache fließend beherrscht hat. Wir behalten ihn besonders als Präsidenten des Europäischen Konvents im Gedächtnis, der den Europäerinnen und Europäern den Entwurf einer Europäischen Verfassung vorgelegt hat. Es lag nicht an Giscard, dass diese Initiative nicht Wirklichkeit geworden ist.“

Fotoquelle: By WDKrause – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=45632686

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