Seenotrettung: Evangelische Kirche will eigenes Boot ins Mittelmeer schicken.

Berlin (epd). Die evangelische Kirche will gemeinsam mit anderen Organisationen ein eigenes Schiff zur Rettung von Menschen aus Seenot ins Mittelmeer schicken. Dass dort weiterhin Menschen ertrinken, sei etwas, das man nicht hinnehmen könne, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in Berlin. Er kündigte an, dass ein Verein gegründet werden soll, der ein eigenes Schiff kauft.

Zum dahinter stehenden Bündnis gehören nach Angaben des Bischofs zahlreiche Institutionen und Organisationen, auch Kirchengemeinden und Sportvereine. Bedford-Strohm rechnet mit einem hohen sechsstelligen bis niedrigen siebenstelligen Betrag für Kauf und Umbau des Schiffes.

Die Idee, ein eigenes Schiff zu entsenden, wird innerhalb der evangelischen Kirche seit dem Kirchentag im Juni in Dortmund diskutiert. Eine Resolution der dortigen Teilnehmer hatte die EKD aufgefordert, mit einer eigenen Rettungsmission ein Zeichen zu setzen. „Wir setzen damit ein klares Zeichen“, sagte Bedford-Strohm nun. Das Schiff sei Teil des diakonischen Auftrags der Kirche. Den Beschluss für die Gründung des Vereins hat der Rat der EKD nach Bedford-Strohms Worten am 6. September gefasst. In dem Gremium habe es eine große Einigkeit zu der Frage gegeben, sagte er.

„Not hat keine Nationalität“

Egal aus welchen Gründen Menschen in Lebensgefahr sind, bestehe die Pflicht zu helfen, sagte Bedford-Strohm: „Not hat keine Nationalität.“ Kritikern, die der Auffassung sind, die evangelische Kirche handele damit nicht verantwortlich, sondern „gesinnungsethisch“, hielt der bayerische Landesbischof entgegen: „Barmherzigkeit und Verantwortung können nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Er betonte aber, die Kirche sei in dieser Situation kein politischer, sondern ein „diakonischer Akteur“.

Foto: Der Rastvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm (2.v.r.), präsentierte die Pläne für ein eigenes Rettungsschiff zusammen mit (v.r.) Christoph Hey (Projektleiter in Libyen für Ärzte Ohne Grenzen), Barbara Held (Ärztin und Seenotretterin), Tareq Alaows (Koordinierungskreis Bewegung Seebrücke) und Mike Schubert (Oberbürgermeister Potsdam).

Fotoquelle: Von Evang.-Luth. Kirche in Bayern – Die Datei stammt von der Presseabteilung der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, Copyrighted free use, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16972236

„Seenotrettung ist humanitäres Gebot.“

Zum Beschluss des Rates der EKD, ein Schiff zu kaufen, mit dem Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet werden sollen, erklärten Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende, und Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Wir begrüßen sehr, dass die evangelische Kirche mit gutem Beispiel voran geht und mit dem Beschluss, ein eigenes Schiff ins Mittelmeer zu schicken, konkret Menschen vor dem Ertrinken retten will. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm betont zurecht, dass Not keine Nationalität kenne und dass privater ehrenamtlicher Seenotrettung Respekt gebühre. Zivile Organisationen füllen mit ihrem Einsatz das Vakuum, das die europäischen Regierungen durch ihr Nichtstun hinterlassen haben.

Die Bundesregierung muss endlich dafür Sorge tragen, dass eine staatlich organisierte Seenotrettung auf den Weg gebracht wird.

Die schockierenden Ausführungen von Ärzte ohne Grenzen über die Zustände in Libyen und von den dortigen menschenunwürdigen Flüchtlingslagern machen ein ums andere Mal deutlich: es ist die katastrophale Lage dort, die die Menschen auf seeuntaugliche Boote zwingt. Libyen ist kein sicherer Hafen und eine Rückkehr von aus Seenot Geretteten dorthin ist und darf keine Option sein. Entsprechend braucht es einen europäischen Verteilmechanismus. Wir fordern seit Langem eine Abkehr vom unsolidarischen Dublin Prinzip, das den Staaten an der EU-Außengrenze die gesamte Verantwortung auflädt. Zwar sprechen sich Mitglieder der Bundesregierung für Seenotrettung im Mittelmeer aus, doch bis heute bleiben sie die Antwort auf die Frage schuldig, was mit aus Seenot geretteten Menschen geschehen soll.

Die Äußerungen der Minister Seehofer und Maas sowie der Bundeskanzlerin zur Seenotrettung bleiben reine Lippenbekenntnisse, solange die Bundesregierung keine konkreten Zusagen zur Aufnahme von aus Seenot Geretteten macht, ohne Vorselektion und Bedingungen. Wir müssen Menschen unabhängig von ihrem Herkunftsland aufnehmen, um ihnen hier ein faires Asylverfahren in Sicherheit zu ermöglichen.

Der Oberbürgermeister von Potsdam hat erneut betont, dass über 90 Kommunen in Deutschland zur Aufnahme bereit sind. Es liegt am Bundesinnenminister, endlich die Ärmel hoch zu krempeln und die konkrete Umsetzung zu ermöglichen, statt sich hinter anderen EU-Mitgliedsstaaten zu verstecken. Das sich wechselseitige Zuschieben von Verantwortung blockiert in der Flüchtlingspolitik nun schon seit Jahren. Wir müssen endlich Handlungsfähigkeit beweisen und mit einem konsensfähigen Vorschlag zusammen mit den Willigen in der EU vorangehen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*