Sollen Rentner den BVG-Fahrermangel abmildern?

Nach Informationen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) setze die BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) zukünftig auf ehemalige Busfahrer des Unternehmens.

„Die BVG versucht entgegen ihrer eigenen Darstellung mit allen Mitteln Busfahrerinnen und Busfahrer zu bekommen. Sie ist offenbar bereit, den Fahrermangel dadurch zu bekämpfen, indem sie BVG-Rentner auf 450 Euro Basis reaktivieren will“, sagt Jeremy Arndt, zuständiger ver.di Gewerkschaftssekretär. ver.di habe erst kürzlich den dramatischen Fahrermangel öffentlich gemacht.

Durch externe und interne Faktoren hätten sich die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer in den letzten Jahren verschlechtert. Der Verkehr auf den Straßen habe zugenommen. Die Busspuren würden vermehrt zugeparkt und schlecht koordinierte Baustellen seien unter anderem dafür verantwortlich, dass die Fahrzeiten oft nur unter großem Stress eingehalten werden könnten.

Darüber hinaus finde sich bei dem derzeitigen Einstiegsgehalt von rund 2000 Euro brutto nur schwer ausreichend qualifiziertes Personal. „Eine potenzielle Bewerberin, die in Wechselschicht arbeiten soll und dann am normalen Familienleben nur noch schwer teilnehmen kann, muss es sich genau überlegen, ob sie einen Job als Busfahrerin bei der BVG annimmt“, so Jeremy Arndt weiter.

Auch die BVG-eigene Tochter Berlin Transport GmbH (BT GmbH) habe Probleme, neues Fahrpersonal zu rekrutieren. Bei der BT würden zwar die gleichen Einstiegsgehälter wie bei der BVG gezahlt, jedoch werde bei der BT in der Regel nur befristet eingestellt. „Wegen des geringen Einstiegsgehaltes und der Befristung auf zwei Jahre gibt es nicht mehr ausreichend Bewerber/innen. Daher fordert ver.di, dass es künftig bei der BT keine Befristungen mehr gibt“, so Jeremy Arndt.

Bei der BVG konnte ver.di 2015 nach massivem Druck erreichen, dass hier die sachgrundlose Befristung bei den Fahrerinnen und Fahrern ausgesetzt wurde.

Nach weiteren Recherchen hätte ver.di darüber hinaus festgestellt, dass bei der Berlin Transport GmbH bereits 88 Fahrerinnen und Fahrer in diesem Jahr das Unternehmen auf Grund der schlechten Arbeitsbedingungen verlassen haben.

Zurzeit beschäftige das Unternehmen BVG AöR rund 2900 Busfahrerinnen und Busfahrer. Die Tochter Berlin Transport GmbH beschäftige rund 1600 Busfahrerinnen und Fahrer.

ver.di fordert weiterhin, dem Personalmangel mit einer mittel- bzw. langfristigen Strategie zu begegnen und die Arbeitsbedingungen für die Busfahrer/innen deutlich zu verbessern. Sollte der Beruf nicht deutlich attraktiver gestaltet werden, drohten der BVG mittelfristig Personalnot und damit massive Auswirkungen auf den Nahverkehr in Berlin.

Auf Anfrage der TP Presseagentur gab die BVG folgende Erklärung zu der Situation ab:

„Richtig ist, dass es entsprechende Überlegungen gibt. Der Hintergrund ist aber ein anderer als unterstellt. Wir sind von ehemaligen Kolleginnen und Kollegen angesprochen worden, darunter bestimmt auch einigen Verdi-Mitgliedern. Sie hatten den Wunsch, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten einige Dienste zu fahren. Wir haben das arbeitsrechtlich geprüft und festgestellt, dass es grundsätzlich möglich ist, dem Wunsch der altgedienten Kolleginnen und Kollegen nachzukommen. Denkbar wäre dies etwa, um sommerliche Spitzen beim Ersatzverkehr für Baumaßnahmen abzufedern. Warum nun gerade die Gewerkschaft, die von uns doch so vehement Aktivitäten zur Gewinnung weiterer Fahrerinnen und Fahrer fordert, Überlegungen kritisiert, zusätzlich zu allen bereits genannten Maßnahmen auch ehemaligen Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit zu geben, ihre Rente aufzubessern, ist uns unverständlich.“

ver.di antwortete wiederum gegenüber der TP Presseagentur:

Mit der Sicherheit der Fahrgäste darf nicht gespielt werden.

„Wir fordern seit langer Zeit vernünftige, sozialversicherungspflichtige Jobs, die sowohl eine auskömmliche Rente ermöglichen als auch eine nachhaltige Qualität sicherstellen. Prekäre Arbeitsverhältnisse als auch Minijobs zur Rentenaufstockung dürfen diese nicht gefährden. Die Tatsache, dass BVG-Rentner aufstocken, zeigt, dass die derzeitigen Bedingungen im Entgelt nicht ausreichen und es einen dringenden Nachholbedarf gibt.

Zur Qualität gehört es auch, dass es Fahrerinnen und Fahrer geben muss, welche entsprechend auf dem Laufenden sind in den Tarifen, Vorschriften und ähnlichem. Auch spielt die physische und psychische Fitness eine große Rolle. Es darf nicht mit der Sicherheit der Fahrgäste gespielt werden.

Mit der Aussage der BVG, dass viele Rentner das wollen, wird von den eigentlichen Problemen abgelenkt. Die BVG und die BT bekommt nicht das Personal in der Stärke und Qualität wie es benötigt wird. Auch verlassen viele Kolleginnen und Kollegen in den ersten Jahren aufgrund der Arbeitsbedingungen das Unternehmen.

Dienste bleiben deswegen offen und können nicht gefahren werden. Darin liegt der eigentliche Grund in der Maßnahme. Aus diesem Grund fahren auch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern inzwischen Busleistung bei der BVG.“

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