Strafrecht nicht das richtige Mittel für mehr Schutz und Wertschätzung von Einsatzkräften.

Gewalt gegen Polizisten – ein wachsendes Problem?

Gewalt gegen Polizisten soll härter bestraft werden. Die Kriminologin & Ex-Polizistin Rita Steffes-enn über die praktischen Auswirkungen:

Publiée par ZDF heute sur Mercredi 8 février 2017

Zum heutigen Beschluss des Bundeskabinetts zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften erklärte Hans-Christian Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Wenn Rettungskräfte, Polizisten und andere Vollstreckungsbeamte zum Wohl der Bevölkerung unterwegs sind, haben sie Anspruch auf Respekt, Anerkennung und Schutz. Schon jetzt gelten bei der Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen härtere Strafdrohungen, weil in einer solchen Situation ein höheres Risiko besteht.

Die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung zur Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Strafvorschriften auf alle dienstlichen Handlungen sind jedoch nicht gerechtfertigt. Wie alle Bürgerinnen und Bürger sind auch Polizeibeamte, ob uniformiert oder in zivil, durch die allgemeinen Strafvorschriften ausreichend vor Beleidingung, Verleumdung, Nötigung, Bedrohung und jeglichen tätlichen Angriffen geschützt. Beim Strafmaß wird auch regelmäßig strafverschärfend berücksichtigt, wenn sich solche Straftaten gegen Polizisten richten.

Eine Begründung für eine Privilegierung gegenüber anderen Berufsgruppen, die leider auch vermehrt Beschimpfungen, Bedrohungen, gar tätlichen  Angriffen ausgesetzt sind, wie Lehrer, Richter, Amtsärzte, Sozialarbeiter, Bürgermeister oder Politiker, gibt die Bundesregierung nicht. All diese Menschen sind nicht weniger schutzbedürftig. Warum soll eine Beleidigung, Bedrohung oder ein tätlicher Angriff auf eine Lehrerin, einen Arzt oder Mitarbeitende im Jobcenter, bei der Ausländerbehörde, Minister oder Abgeordneten weniger schlimm und strafwürdig sein, als der auf einen Polizeibeamten auf Streife oder in der Kaffeepause? Die geplante Regelung misst Gefährdungen mit zweierlei Maß und verletzt den Gleichheitsgrundsatz.

Es gibt andere und geeignetere Wege, Wertschätzung gegenüber Polizeibeamten und Rettungskräften auszudrücken, etwa durch bessere Ausstattung, mehr Personal oder geregeltere Arbeitszeiten.“

Polizei und Rettungskräften hilft keine Symbolpolitik

„Die Bundesregierung missbraucht ein weiteres Mal das Strafrecht für ihre Symbolpolitik. Eine Strafverschärfung macht den Alltag von Polizistinnen und Polizisten sowie von Rettungskräften keinen Deut sicherer“, so Frank Tempel, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und des Innenausschusses im Deutschen Bundestag, mit Blick auf den Gesetzentwurf für besseren Schutz von Polizisten und Einsatzkräften gegen Gewalt.

Tempel weiter:

„Die bestehende Gesetzeslage ist vollkommen ausreichend, um gegen verbale und körperliche Angriffe auf Polizeibeamte vorzugehen. Wir brauchen dafür kein Sonderstrafrecht. Das bestehende Instrumentarium muss konsequent angewendet werden. Hierzu gehört eine gut ausgestattete Justiz, die Straftaten schnell aufklärt und zur Anklage bringt.

Überdies bleibt die zunehmende Verrohung ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich nicht mit Strafgesetzen lösen lässt. Davon sind nicht nur Polizeibeamte und Rettungskräfte betroffen, sondern auch Bademeisterinnen oder Supermarktkassierer. Allein der Ruf nach schärferen Gesetzen ist eine Kapitulation vor dieser gesellschaftspolitischen Herausforderung.“

So ist es auf der Homepage der Bundesregierung dargestellt:

Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften

Der Schutz von Vollstreckungsbeamten, insbesondere Polizisten, sowie von Rettungskräften ist ein wichtiges Anliegen.
Kommt es bei der Ausübung des Dienstes zu einem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, werden diese nicht als Individualpersonen angegriffen, sondern als Repräsentanten der staatlichen Gewalt. Daher zielt dieser Gesetzentwurf auf eine Stärkung des Schutzes dieser Personengruppe. Die Tatbegehungsform des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte wird aus § 113 StGB herausgelöst und in § 114 StGB-E als selbständiger Straftatbestand mit verschärftem Strafrahmen (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) ausgestaltet. Der neue Straftatbestand verzichtet für tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auf den Bezug zur Vollstreckungshandlung. Damit werden künftig tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auch schon bei der Vornahme allgemeiner Diensthandlungen gesondert unter Strafe gestellt. Darüber hinaus werden die Regelbeispiele für den besonders schweren Fall (§ 113 Absatz 2 Satz 2 StGB-E) erweitert.
Über die angepasste Verweisung für Hilfskräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste kommen die Änderungen auch diesem Personenkreis zu Gute (§ 115 StGB-E).
Flankierend sollen Änderungen beim Landfriedensbruch (§§ 125, 125a StGB) vorgenommen werden.

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