Urteil in Prozess über Kommunalkredite mit SWAP-Risiko.

Der 26. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin hat in einem heute verkündeten Urteil entschieden, dass ein Darlehensvertrag über ca. 3 Mio. EUR, den eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen 2007 mit einer Bank abgeschlossen hatte und dessen Zinssatz von der Entwicklung des EUR/CHF-Wechselkurses abhängig ist, nicht sittenwidrig ist, auch wenn der Zinssatz derzeit 18,99 % betrage. Auch könne der Bank nicht vorgeworfen werden, ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag im Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Darlehensvertrages verletzt zu haben.

Die Gemeinde hatte gegen die in Berlin ansässige Bank Klage erhoben mit dem Ziel, bereits gezahlte Zinsen von über 1 Mio. EUR für das gewährte Darlehen zurückzuerhalten. Zugleich wollte sie festgestellt wissen, dass sie, die Gemeinde, aus einem weiteren, 2011 zur Ablösung des früheren Kredits abgeschlossenen Darlehensvertrag nicht mehr zurückzahlen müsse als die reine  Darlehensvaluta ohne Zinsen.

Die beklagte Bank hatte daraufhin Widerklage erhoben und verlangte von der Gemeinde die Zahlung fällig gewordener Zinsen in Höhe von ca. 63.000,00 EUR.

Das Landgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 19. Februar 2015 abgewiesen und auf die Widerklage die Gemeinde zur Zahlung der Zinsen verurteilt. Die dagegen von der Gemeinde eingelegte Berufung vor dem Kammergericht blieb erfolglos.

Zur Begründung verwies der 26. Zivilsenat des Kammergerichts darauf, dass das Darlehen, für das die Gemeinde das Währungsrisiko übernommen habe, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages im Jahr 2007 nicht sittenwidrig gewesen sei. Auf das extreme Ansteigen des Zinssatzes in den späteren Jahren komme es für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht an, da die Bank mit einer solchen, für die Gemeinde so nachteiligen Entwicklung der Währungen nicht habe rechnen müssen.

Auch könne die Gemeinde keine Anpassung des Zinssatzes an die aktuelle Marktlage beanspruchen, da die Geschäftsgrundlage nicht entfallen sei. Das Risiko der für sie negativen Entwicklung des Zinsniveaus sei vertraglich der Gemeinde zugewiesen worden.

Die Bank hafte auch nicht auf Schadensersatz, da sie nicht gegen ihre Beratungspflichten verstoßen habe. Sie habe in den schriftlichen Unterlagen hinreichend darüber aufgeklärt, dass bei einer bestimmten Entwicklung der Währungen sehr schnell mit erheblichen Zinssteigerungen zu rechnen wäre. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass ein Stadtkämmerer die Verhandlungen auf Seiten der Gemeinde geführt habe, bei dem ein gewisses finanzwirtschaftliches Grundverständnis vorausgesetzt werden könne. Auch habe die Bank  der Gemeinde zur Umschuldung von früheren Darlehensverträgen mit ursprünglich hohen Zinssätzen drei Alternativen vorgelegt, nämlich ein Darlehensangebot mit einem festem Zinssatz von 5,99 %, ein Angebot mit einem am Wechselkurs EUR/CHF orientierten Ausgangszinssatz von 4,29 % und der Möglichkeit von wechselkursbedingten Zinserhöhungen, aber abgesichert durch eine Kappungsgrenze, und das Angebot über den dann abgeschlossenen Vertrag mit einem relativ niedrigen Ausgangszins von bis zu 3,79 %, aber der (unsicheren) Koppelung an die Währungsentwicklung ohne Begrenzung. Die Gemeinde sei bewusst das Risiko einer erheblichen Zinssteigerung eingegangen und habe nur  – vergeblich – darauf gehofft, der Zinssatz des letztlich abgeschlossenen Darlehens werde dauerhaft niedrig bleiben.

Die Entscheidungsgründe des Kammergerichts zum Aktenzeichen 26 U 32/15 liegen vor und sind unter https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2017/ verfügbar.

Gegen das Urteil ist die Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen worden.

Landgericht Berlin, Urteil vom 19. Februar 2015, Aktenzeichen 37 O 24/14

Kammergericht, Urteil vom 8. Februar 2017, Aktenzeichen  26 U 32/15

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