Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 1. Februar 2019 ausgesprochene Verbot eines Verlages und einer Musikproduktionsfirma als Teilorganisationen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist rechtmäßig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 26. Januar 2022 entschieden.
Die
Klägerinnen sind Wirtschaftsvereinigungen in der Rechtsform der GmbH.
Das BMI verbot sie und löste sie mit der genannten Verfügung auf. Bei
den Klägerinnen handele es sich um Teilorganisationen der bereits im
Jahre 1993 verbotenen PKK. Zur Begründung verwies das BMI darauf, dass
die PKK die Klägerinnen zur Aufrechterhaltung des organisatorischen
Zusammenhalts der Organisation nutze, indem diese PKK-Propagandamaterial
verbreiteten und durch dessen Verkauf die PKK finanziell unterstützten.
Die
Klägerinnen haben gegen die Verbotsverfügung Klage erhoben. Sie haben
geltend gemacht, keine Teilorganisationen der PKK zu sein. Geschäftsfeld
der Klägerin zu 1. sei das Verlegen von Büchern mit kurdischem Bezug
sowie der Vertrieb zahlreicher Werke der Weltliteratur. Die Klägerin zu
2. sei ein Audioverlag und -vertrieb, dessen Programm sämtliche Spektren
der kurdischen Musik und Kultur abdecke, und organisiere
Musikveranstaltungen. Sie seien nicht mit der PKK verflochten.
Die
Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich
entscheidet, hatte keinen Erfolg. Die PKK, deren Betätigungsverbot nach
wie vor Geltung beansprucht, unterhält in Europa von PKK-Funktionären
geleitete Firmen und Institutionen einschließlich eines eigenen
Medienwesens zur Durchsetzung ihrer Ziele, Verbreitung ihrer Ideologie
und Rekrutierung neuer Anhänger. Die Klägerinnen sind in die Strukturen
der PKK eingegliedert. Sie sind nach den feststellbaren Indizien vor
allem organisatorisch und finanziell, aber auch personell eng mit der
PKK verflochten, sodass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse als deren Teilorganisationen anzusehen sind.
Bei der
Klägerin zu 1. handelt es sich um einen Verlag, dem in der PKK-Struktur
die Aufgabe zukommt, Propagandamaterial zu vertreiben. Hierfür spricht,
dass sie nach den Feststellungen des Gerichts die Produktion des
Propagandamaterials zum Teil selbst in Auftrag gibt und das Material wie
PKK-nahe Bücher und Zeitschriften sowie PKK-Devotionalien (Fahnen,
Banner, Wimpel, Schlüsselanhänger, Guerilla-Kinderkampfanzüge) im In-
und Ausland vertreibt. Sie beliefert insbesondere den Dachverband der
kurdischen Vereine in Deutschland, der als PKK-nah anzusehen ist. Ihre
finanzielle Verflechtung mit der PKK folgt aus den monatlichen
Zuschüssen der PKK-Europaführung, ohne die sie ihre Geschäftstätigkeit
wegen Überschuldung nicht aufrechterhalten könnte, und der gegenüber der
PKK-Europaführung geleisteten Rechenschaft. Weiteres Indiz für die
Eingliederung in die Strukturen der PKK ist, dass ihr Geschäftsführer zu
den PKK-Funktionären gehört.
Auch bei
der Klägerin zu 2., einer Musikproduktionsfirma, die ebenfalls von dem
Geschäftsführer der Klägerin zu 1. geführt wird, liegen nach dem
Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Voraussetzungen einer
Teilorganisation vor. Indiz hierfür ist, dass die Klägerin zu 2. die
Aufgaben einer von der PKK gegründeten, aber insolvent gegangenen Firma
übernommen hat, einen kurdischen Musikmarkt zu schaffen und mit den
hierdurch erzielten Einnahmen die PKK finanziell zu unterstützen. Diesen
Aufgaben entsprechend vertreibt sie – anders als die Klägerin zu 1. –
nur in geringem Umfang Propagandamaterial. Sie bedient im Wesentlichen
mit ihrer Geschäftstätigkeit die Nachfrage nach kurdischer Musik und
kurdischen Künstlern. Entscheidende Bedeutung kommt insoweit dem Umstand
zu, dass die Klägerin zu 2. mit den Einnahmen aus ihrer
Geschäftstätigkeit in wirtschaftlich beachtlichem Umfang in einem
TV-Sender der PKK Werbung schaltet und Großveranstaltungen des
Dachverbandes der kurdischen Vereine in Deutschland sponsert, die von
der PKK für die Verbreitung ihrer Ideologien genutzt werden. Darüber
hinaus leistet die Klägerin zu 2. gegenüber der PKK-Europaführung
Rechenschaft hinsichtlich ihrer Einnahmen und Ausgaben.
Bedenken aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen gegen das Verbot nicht.
BVerwG 6 A 7.19 – Urteil vom 26. Januar 2022