„Vorsicht: Clan-Strukturen“.

Am 14. September 2023 veranstaltete die Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Vorsicht: Clan-Strukturen“.
 
Auf der bis fast auf den letzten Platz ausgebuchten Veranstaltung diskutierten der Strafverteidiger Stefan Conen, der Leitende Oberstaatsanwalt in Berlin Jörg Raupach, der Schauspieler, Komponist und Autor Mohamed A. Chahrour, die Journalistin Verena Mayer sowie der stellvertretende Leiter des Landeskriminalamtes Berlin, Polizeidirektor Stefan Redlich miteinander.
 
Bereits kurz nach Beginn war klar: Die Begriffe „Clan“, „Clankriminalität“ oder „krimineller Clan“ sind für die Arbeit von Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht notwendig.
 
Teile der Medien und Polizeibehörden hingegen wollen auf die Verwendung dieser Begrifflichkeiten nicht verzichten. Die Polizei Berlin – wie auch die anderen bundesdeutschen Polizeibehörden – werde den Begriff „Clankriminalität“ weiterhin nutzen. Die Bezeichnung und Definition sei so angelegt, dass die Stigmatisierung von Personengruppen vermieden werde. Die Journalistin Verena Mayer machte deutlich, dass es – ebenso wenig wie „die Clans“„die Medien“ gebe und eine pauschale Kritik an der Berichterstattung nicht angebracht sei. Unbestreitbar sei jedoch auch, dass sich „Clankriminalität“ in einigen Nachrichtenformaten gut vermarkten lasse.
 
Deutlich wurde aber, dass dennoch Menschen aus einzelnen Familien durch die permanente Präsenz der „Clan“-Begriffe im Alltag Diskriminierung erfahren – allein aufgrund ihres Namens. Mohamed A. Chahrour brachte es auf den Punkt: Die Mitgliedschaft in einer Bande oder kriminellen Vereinigung ist freiwillig. In eine Familie wird man hineingeboren und man trägt einen Namen, der inzwischen in weiten Teilen der Zivilgesellschaft wie von Behörden, Politik und Medien als Synonym für Kriminalität verstanden und Stigmatisierung gerade nicht vermieden wird. Auch wenn aus polizeilichen Lagebildern deutlich werde, dass nicht jede einzelne Person aus einem sog. „Clan“ kriminell ist, sondern vielmehr das Gegenteil der Fall sei, helfe dies nicht, um Diskriminierung zu vermeiden.
 
Ein eingespielter einminütiger Filmbeitrag sorgte bereits nach wenigen Sekunden für Unbehagen und Protest des Auditoriums. Der Beitrag von logo! – den Kindernachrichten des ZDF – zum Stichwort „Krimineller Clan“ wurde auch aus dem Podium heraus als unsensibel und kaum zu ertragende rassistische Stigmatisierung bezeichnet, die zur Aufklärung (nicht nur von Kindern) ungeeignet sei.
 
Die Vereinigung ist dankbar, dass ein hochkarätiges Podium und ein breites und interessiertes Publikum aus Anwaltschaft, Justiz, Presse und Legislative sowie Mitgliedern von als „Clan“ bezeichneten Familien unseren Einladungen gefolgt sind und sich einer Auseinandersetzung stellten, in der Kontroversen deutlich blieben.
 
Für die Vereinigung ist das Thema „Clan“ nicht abgeschlossen.
 
Wir schließen uns dem Schlusswort von Stefan Conen an und kritisieren die behördliche und mediale Verwendung der Begriffe „Clan“, „krimineller Clan“ und „Clankriminalität“. Für den Strafprozess sind sie nicht notwendig und kriminologisch ohne Wert. Somit bleibt allein eine aus rechtsstaatlicher Sicht zu verurteilende diskriminierende Wirkung für ganze Familien ebenso wie jede*n Einzelne*n ihrer Angehörigen.
 
Die Vereinigung wird, mit einem ebenso kompetenten Podium wie diesem, den Dialog um die Frage sog. „Clankriminalität“ in Zukunft auch soziologisch und rechtspolitisch weiterführen.
 
Der Vorstand
 
Rechtsanwalt Stephan Schneider

Fotoquelle: Klaudia Dawidowicz

Teilnehmer von l.n.r.: Stefan Conen, Jörg Raupach, Mohamed A. Chahrour, Stephan Schneider, Verena Mayer, Stefan Redlich

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