„Wir wollen Frieden für die Ukraine und Sicherheit für Europa“.

Deutschland und Estland stehen heute geschlossener denn je, um das NATO-Bündnisgebiet zu schützen. Das betonte Bundeskanzler Merz beim Besuch von Estlands Ministerpräsident Michal. Der Ausgang des Krieges in der Ukraine sei entscheidend für Europas Friedensordnung.

„Wir alle, die Ukraine, die Europäer und die Amerikaner, wollen, dass der Krieg in der Ukraine endlich endet. Wir wollen Frieden für die Ukraine, und wir wollen Sicherheit für Europa”, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz beim Empfang des estnischen Ministerpräsidenten Kristen Michal. Die Sicherheitsinteressen der Europäer und der Ukraine müssten gewahrt werden. „Europäer und Amerikaner tragen gemeinsam in diesem Konflikt eine große Verantwortung”, so der Kanzler in der gemeinsamen Pressekonferenz.

Lesen Sie hier das Wichtigste in Kürze: 

  • Zusammenarbeit in der Verteidigung: Bundeskanzler Merz und Ministerpräsident Michal sind sich einig: Man stehe heute geschlossener denn je, um das NATO-Bündnisgebiet zu schützen. „Die baltischen Staaten können sich hierbei auf die Solidarität der Bundesrepublik Deutschland verlassen”, versprach Merz. Auch habe Deutschland Alliierte und Partner zur Beteiligung an gemeinsamen Beschaffungen eingeladen, etwa für IRIS-T Lenkflugkörper und Artilleriemunition.
  • Verantwortung der Europäer und Amerikaner: Die Ukraine dürfe nicht zu einseitigen territorialen Konzessionen gezwungen werden, betonten Merz und Michal. Der Ausgang des Krieges werde „für die Zukunft unserer europäischen politischen Ordnung und die Zukunft der Friedensordnung in Europa ganz entscheidend sein”, so der Kanzler. Die in Genf begonnenen Gespräche müssten jetzt fortgesetzt werden. 
  • Druck auf Russland erhöhen: Man wolle die russischen Vermögenswerte noch intensiver zur Ukraine-Unterstützung nutzbar machen, kündigte der Bundeskanzler an. Sein dazu unterbreiteter Vorschlag werde von der überwiegenden Zahl der EU-Mitgliedstaaten unterstützt. Merz betonte: „Wir beide sind uns einig, dass wir uns jetzt schnell bis zum Europäischen Rat spätestens im Dezember auf einen vernünftigen Weg verständigen müssen, um unsere Verhandlungsposition zu stärken.”

Lesen Sie hier die Mitschrift der Pressekonferenz: 

Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass ich heute den Ministerpräsidenten von Estland in Berlin empfangen darf. Lieber Kristen Michal, herzlich willkommen in Berlin! Wir kennen uns nun schon seit einiger Zeit, auch aus der gemeinsamen Arbeit im Europäischen Rat. Ich will mich sehr herzlich für die guten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern bedanken. Estland und Deutschland haben traditionell gute Beziehungen, seitdem die europäische Teilung überwunden wurde und Estland den Weg in die Europäische Union und in die NATO genommen hat. Denn wir sind auch in der Europäischen Union und in der NATO gemeinsam engagiert.

Wir haben gerade eben noch einmal ausführlich über die bilateralen Beziehungen gesprochen. Du wirst gleich eine wichtige Investition in Leipzig begleiten. Aber ich muss leider sagen, dass wir auch erneut sehr viel Zeit für die aktuelle sicherheitspolitische Lage aufwenden mussten. Estland ist ein Land, das in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Russland sehr viel mehr noch als wir jeden Tag vor Augen hat, wie der Krieg in der Ukraine Auswirkungen auf den Osten Europas hat. Deswegen haben wir uns auch noch einmal mit der aktuellen Lage in der Ukraine beschäftigt. Wir sind uns einig, dass sich die Ukraine weiterhin wirksam gegen jede Form von Aggression verteidigen muss. Die Ukraine braucht starke Streitkräfte. Wenn es denn eines Tages zu einem Friedensabkommen kommen sollte, für das wir uns auch auf europäischer Ebene gemeinsam einsetzen, dann braucht die Ukraine weiter starke Streitkräfte und belastbare Sicherheitsgarantien ihrer Partner.

Jede Verständigung, die die Europäische Union, die europäischen Staaten insgesamt oder die NATO betrifft, bedarf dabei auch der Zustimmung der europäischen Partner bzw. eines Konsenses im Bündnis. Wir sehen beide die Bemühungen der amerikanischen Regierung, zu einer Lösung zu kommen, sehr positiv. Wir sagen aber auch, dass die Sicherheitsinteressen der Europäer und der Ukraine gewahrt werden müssen. Europäer und Amerikaner tragen in diesem Konflikt gemeinsam eine große Verantwortung. Wir alle, die Ukraine, die Europäer und die Amerikaner, wollen, dass der Krieg in der Ukraine endlich endet. Wir wollen Frieden für die Ukraine, und wir wollen Sicherheit für Europa. Wir haben auch darüber ausführlich gesprochen. Wir sind uns auch einig, dass es nicht zu einseitigen territorialen Zugeständnissen kommen darf. Die Ukraine darf nicht zu solchen Konzessionen gezwungen werden. Deswegen muss auch die gegenwärtige Kontaktlinie, wie es beschönigend heißt – das ist der Frontverlauf –, der Ausgangspunkt für mögliche Verhandlungen sein.

Wir sind auch deswegen zu diesem Thema so intensiv im Dialog, weil der Ausgang dieses Krieges für die Zukunft unserer europäischen politischen Ordnung und die Zukunft der Friedensordnung in Europa ganz entscheidend sein wird. Deswegen begrüßen wir beide, dass die in Genf begonnenen Gespräche stattgefunden haben. Aber sie müssen jetzt eben auch fortgesetzt werden. Wir wollen die Ukraine dabei weiter unterstützen. Sie alle wissen, meine Damen und Herren, dass wir in der Bundesregierung entschieden haben, der Ukraine für das Jahr 2026 insgesamt gut 11 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Wir haben die militärische Unterstützung der Ukraine in den letzten Jahren ganz maßgeblich aus Deutschland heraus vereinbart. Das wird auch so bleiben. Wir wollen gleichzeitig gemeinsam mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern den Druck auf Russland weiter erhöhen, damit Russland endlich an den Tisch kommt und auch zu Verhandlungen bereit ist.

Wir wollen die Vermögenswerte zur Unterstützung der Ukraine noch intensiver nutzbar machen. Ich habe dazu im September einen Vorschlag unterbreitet. Dieser Vorschlag wurde von der Europäischen Kommission aufgenommen und wird auch von der überwiegenden Zahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterstützt. Wir beide sind uns einig, dass wir uns schnell, spätestens bis zur Sitzung des Europäischen Rates im Dezember, auf einen vernünftigen Weg verständigen müssen, um unsere Verhandlungsposition zu stärken und der Ukraine noch einmal ein Zeichen der Solidarität und der Unterstützung zu geben.

Dass das Ganze nicht auf die Ukraine beschränkt ist, weiß Estland besser als Deutschland. Aber auch wir sehen Desinformation, Sabotage und Drohnen. Russland versucht längst, Europa durch hybriden Krieg zu destabilisieren. Deswegen arbeiten wir auch im Bündnis und in der Europäischen Union so eng zusammen. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit in der NATO, unter anderem im Rahmen von Baltic Sentry und Eastern Sentry, den beiden großen NATO-Übungen, die wir gemeinsam geleistet haben.

Der estnische Ministerpräsident und ich sind uns einig: Wir stehen heute geschlossener denn je, um das Bündnisgebiet zu schützen. Deshalb werden wir unser Engagement zur Stärkung der NATO-Ostflanke gemeinsam ausbauen und diesen Weg gemeinsam gehen. Die baltischen Staaten können sich hierbei auf die Solidarität der Bundesrepublik Deutschland verlassen. Das gilt auch für die Vertiefung unserer Rüstungskooperation. In diesem Sinne hat Deutschland Alliierte und Partner zur Beteiligung an gemeinsamer Beschaffung unter anderem für IRIS-T Lenkflugkörper geworben und auch zur Beschaffung von Artilleriemunition eingeladen.

Wir haben auch über diesen Krieg hinaus über die Europäische Union und unsere gemeinsame Arbeit in der Europäischen Union gesprochen. Ich freue mich, dass ich feststellen kann, dass Estland und Deutschland eine sehr große Übereinstimmung haben und wir auch versuchen wollen, den Weg in Europa gemeinsam zu gehen. Deswegen noch einmal sehr herzlichen Dank für den Besuch in Berlin. Ich freue mich auf die weitere gute Zusammenarbeit in der Europäischen Union, in der NATO, aber auch in den guten bilateralen Beziehungen, die wir zu Estland haben. ‑ Herzlichen Dank für deinen Besuch noch einmal!

Ministerpräsident Kristen Michal:

Lieber Friedrich, die letzten Tage haben gezeigt, wie wichtig die Einheit Deutschlands und der Mut Europas sind. Estland schätzt die Führungsrolle Deutschlands in Fragen, die nicht nur die Zukunft der Ukraine, sondern auch Europa allgemein betreffen, sehr. Ich werde hier drei Punkte ansprechen.

Erstens: die unerschütterliche Unterstützung der Ukraine und die Frage, wie man einen dauerhaften und gerechten Frieden erzielt. Im Fokus muss die territoriale Integrität der Ukraine stehen. Das kann man aber nur erreichen, wenn man die Ukraine weiterhin stark unterstützt und den Druck auf Russland erhöht. Konzessionen machen Russland nur Mut. Jetzt müssen wir konkrete Forderungen an Russland stellen. Das ist der Ausgangspunkt für Verhandlungsgespräche. Europa muss Mut zeigen und die „frozen assets“ von Russland sehr schnell einsetzen. Das hängt von uns ab. Der Europäische Rat im Dezember muss die Entscheidung bringen. Die Sicherheitsgarantien an die Ukraine müssen stark und standhaft sein. Nur so können wir sicher sein, dass Russland nicht erneut angreifen wird. Wir müssen die Ukraine weiterhin unterstützen, auch in der Soldatenausbildung. Estland und Deutschland sind die größten Unterstützer der Ukraine. Die Zusammenarbeit der Partner spielt dabei eine sehr große Rolle. Estlands Unterstützung an die Ukraine ist jährlich mindestens 0,25 Prozent des BIP gewesen, dieses Jahr sogar über 0,3 Prozent des BIP. Estlands Rüstungsindustrie wächst schnell und lernt aus der Erfahrung der Ukraine. Wir können in dieser Hinsicht auch die Zusammenarbeit mit Deutschland erweitern. Denn Deutschland ist der größte Partner bei unseren Rüstungsbeschaffungen.

Zweitens, was die Bedrohungen betrifft: Ihre Rolle muss man gar nicht erklären. Auch die Rolle Deutschlands an der Ostflanke ist sehr wichtig, sei es Baltic Sentry, Eastern Sentry oder auch die NATO-Luftabwehr. Wir können aber noch viel mehr machen, wenn wir besser zusammenarbeiten. Russland wird nie müde, uns auf die Probe zu stellen. Wir werden nie müde, uns vorzubereiten. Wir müssen aber überlegen, wie die EU noch mehr behilflich sein kann. Dabei hoffen wir auch auf die Unterstützung Deutschlands.

Drittens: die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Estland und Deutschland. Morgen eröffne ich in der Nähe von Leipzig eine neue Fabrik von Skeleton, einem estnischen Unternehmen. Es freut mich, dass nicht nur Deutschland in Estland investiert, sondern auch umgekehrt. Unser Rekord bisher sind 220 Millionen Euro in Deutschland. Wir sind beim digitalen Fortschritt die Vorreiter. Durch diese Fabrik können wir auch den Energieverbrauch der großen Datenbanken und der AI reduzieren. Dabei leisten wir auch für die Energiesicherheit einen großen Beitrag. Wir können die Zusammenarbeit an Zukunftstechnologien aber auch noch erweitern. Ich hoffe, dass immer mehr deutsche Unternehmen den Weg nach Estland mit seinem günstigsten Steuerumfeld insgesamt und mit allen möglichen digitalen Dienstleistungen finden.

Meine Regierung arbeitet gerade an einem historischen Programm des Bürokratieabbaus. So etwas Ähnliches braucht auch die EU. Hier denken wir und der Bundeskanzler sehr ähnlich; wir denken, dass wir es beide brauchen. Die Beziehungen zwischen unseren Ländern sind sehr zukunftsorientiert und gut. Lieber Friedrich, wie gesagt, bist du in Estland jederzeit herzlich willkommen. – Vielen Dank!

Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade schon die Sicherheitsgarantien für die Ukraine erwähnt. Es wird im Zusammenhang damit auch über die Entsendung europäischer Bodentruppen diskutiert. Wie sollte so eine Schutztruppe aus Ihrer Sicht aussehen? Sollte sich ein Land wie Deutschland auch daran beteiligen?

Herr Bundeskanzler, bisher haben vor allen Dingen Frankreich und Großbritannien Bereitschaft erklärt, Bodentruppen zu entsenden. Deutschland hält sich damit noch zurück. Warum ist das so? Warum marschieren Sie nicht zusammen mit Großbritannien und Frankreich voran?

Inwieweit hat das geleakte Telefonat des US-Sondergesandten Witkoff mit einem Putin-Berater Ihr Vertrauen in die US-Verhandlungsführung beschädigt?

Ministerpräsident Michal:

Estland hat sich von Anfang an an der Koalition der Willigen beteiligt. Diese Koalition unter der Führung von Großbritannien und Frankreich zielt darauf ab, über die Beteiligung anderer Länder mit Truppen nachzudenken, wenn es politische Vereinbarungen zu einem Friedensabkommen gibt. Wir in Estland müssen aber noch das Mandat unseres Parlaments bekommen, wenn es auf Regierungsebene beschlossen wurde. Auf Regierungsebene haben wir gesagt, dass wir bereit sind, uns mit einer Kompanie daran zu beteiligen. Wir müssen aber überlegen, wie das konkret aussieht, auf See, zu Lande. Auf den Auslandsmissionen, an denen sich Estland derzeit beteiligt, gibt es eine Zusammenarbeit mit mehreren Partnern. So sind wir auch bereit, uns in der Ukraine zu beteiligen. Aber ich betone noch einmal, dass es eine konkrete Vereinbarung für den Frieden geben muss, damit sich unsere Soldaten daran beteiligen können.

Jetzt geht es erst einmal um den Rahmen. Wir haben noch keine konkrete Vereinbarung. Die Punkte sind noch nicht klar. Auch Herr Bundeskanzler hat mehrmals betont, dass es, auch wenn Europa, die Ukraine und die USA auf einer Seite stehen, nicht ohne Druck auf Russland geht. Die Forderungen müssen Russland gestellt werden, nicht der Ukraine. Erst dann können wir über die Schaffung von Frieden sprechen.

Bundeskanzler Merz:

Ich will ausdrücklich zustimmen. Wir sprechen im Augenblick mit der Ukraine und mit den USA über solche Sicherheitsgarantien. Die wichtigste Sicherheitsgarantie ist eine dauerhafte gute Ausrüstung der ukrainischen Armee. Das gilt jetzt, aber auch in Zukunft. Deswegen wird auch über die spätere Zielgröße der ukrainischen Armee gesprochen. Wir haben das auch in dem gemeinsamen Papier so niedergelegt, über das am Wochenende in Genf verhandelt wurde.

Die Frage, welche weiteren Sicherheitsgarantien gegeben werden können, wird sich sicherlich erst im Zuge einer möglichen Friedensverhandlung in der Ukraine ergeben. Dafür ist es zum jetzigen Zeitpunkt zu früh.

Ich will es noch einmal sagen: Ich bin dankbar dafür, dass sich der amerikanische Präsident so persönlich engagiert und dass wir am Wochenende die Gelegenheit hatten, zusammen mit Außenminister Rubio die Gespräche in Genf führen zu lassen. In meinem Auftrag hat ein deutscher Vertreter daran teilgenommen. Damit sind gute Ergebnisse erzielt worden, die jetzt die Gesprächsgrundlage für die möglichen Verhandlungen mit Russland sind.

Jetzt liegt es erneut am russischen Präsidenten und an der russischen Regierung, an den Tisch zu kommen. Wir müssen jetzt endlich zusehen, dass wir zu Verhandlungen mit Russland kommen. Die Voraussetzungen dafür auf unserer Seite – „uns“ meint: Amerika, Europa und die Ukraine – sind geschaffen.

Frage:

Sehr geehrte Staatsoberhäupter, meine Frage betrifft den Friedensplan für die Ukraine. Wir haben in den letzten Wochen am Beispiel des 28-Punkte-Plans gesehen, dass die Friedensverhandlungen auch über die Köpfe der europäischen Staatsoberhäupter hinweg geführt werden können. Es ging um die Sicherheitsarchitektur Europas.

Was müsste Europa jetzt und gleich sagen, um die Verhandlungsposition am Tisch sicherzustellen?

Ministerpräsident Michal:

Erstens: Heute ist ganz klar, dass es sich nicht um einen Kuhhandel handelt. Es geht erst einmal um einen Rahmen, um überhaupt über einen Friedensvertrag zu verhandeln. Wenn es um einen Rahmen geht, dann geht es nicht darum, es anzunehmen oder es nicht anzunehmen, sondern es geht darum, wie sich auch Europa positioniert, wie sich auch Deutschland einbringt, was den Text betrifft. So war zum Beispiel in den ursprünglichen Vorschlägen nicht ein Wort darüber enthalten, was mit den aus der Ukraine entführten Kindern passieren soll. Wie kann man über die Beendigung des Konflikts sprechen, solange die Kinder nicht involviert sind? Das geht nicht. Wenn Russland davon träumt, die künftige Größe der ukrainischen Armee begrenzen zu können, dann würde ich von europäischer Seite aus fragen: „Wie groß darf die Armee Russlands überhaupt sein?“, und noch viele andere Dinge.

Wenn wir über Europa sprechen, dann muss Europa aktiver sein. Europa ist auch aktiv. Auf der jüngsten Sitzung der Koalition der Willigen wurde auch gesagt, dass man der Auffassung sei, dass Themen, die die EU konkret beträfen, mit der EU, Themen, die die NATO beträfen, mit der NATO und Themen, die die Ukraine beträfen, mit der Ukraine besprochen werden müssten.

Wichtig ist in diesem Komplex auch, dass Estland und Deutschland ähnlich auf die Diskussion über Russlands „frozen assets“ sehen. Darüber muss beschlossen werden. Das ist wichtig. Das aktiviert wahrscheinlich auch Russland, sodass das Land näherkommt. Es gibt keinen Diktator, der ohne Geld Krieg führen kann. Wahrscheinlich wird es auch in diesem Fall ähnlich sein.

Bundeskanzler Merz:

Die Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage ist völlig klar. Wir wollen, dass wir jetzt Verhandlungen führen. Wir tun alles, um die russische Regierung und den russischen Präsidenten an den Tisch zu bekommen. Alle weiteren Fragen muss man dann beantworten.

Geschlossenheit des Westens, gute Verabredungen mit der Ukraine und mit Amerika sind für mich, wie Sie wissen, absolut prioritär. Ich bemühe mich vom ersten Tag an, seitdem ich im Amt bin, darum, eine geschlossene, gemeinsame Haltung der europäischen Partner zu haben. Das gilt übrigens nicht nur für die Europäische Union. Ich will ausdrücklich auch Großbritannien und Norwegen mit einbeziehen, obwohl beide nicht Mitglied der Europäischen Union sind. Beide sind wichtige Partnerländer für uns, auch in der politischen gemeinsamen Arbeit, die wir in Europa leisten. Je geschlossener wir sind, desto klarer können die politischen Botschaften sein, die wir gemeinsam geben. Ich bin daher dankbar, dass es uns gelungen ist, am Wochenende auch mit Amerika eine gemeinsame Position abzustimmen, die auch die Zustimmung der Ukraine findet.

Frage:

Herr Bundeskanzler, eine Frage zur Sitzung des Koalitionsausschusses heute Abend: Inwieweit werden Sie darüber sprechen, der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion ein Angebot beim Thema der Rente zu unterbreiten? Wie kann das Angebot aussehen?

Wie sehr belastet die Debatte über die Rente, die ja schon seit einiger Zeit andauert, Ihre Regierung?

Bundeskanzler Merz:

Wir werden heute Abend darüber sprechen. Dass wir zu einem Ergebnis kommen, wird sich heute Abend gar nicht ergeben können. Das muss sich in einer nachfolgenden Fraktionssitzung ergeben. Ich gehe davon aus, dass die Gespräche von allen Seiten sehr konstruktiv geführt werden. Wir wollen eine Lösung. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir eine Lösung für die Zeit nach 2031 brauchen. Bis dahin ist das Gesetz klar und verabredet. Daran wird sich auch nichts ändern. Für die Zeit danach muss es Reformen geben. Wir sprechen im Augenblick darüber, in welchem Umfang genau diese Reformen jetzt ins Auge gefasst werden und wie verbindlich sie verabredet werden. Ich denke, wir werden eine Lösung finden.

Zusatzfrage:

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Bundeskanzler Merz:

Ich könnte mir auch vorstellen, ohne diese Diskussion gut zu regieren. Aber das gehört nun einmal dazu. Es gibt immer wieder Themen, über die man sprechen muss. Das gehört zu jeder Koalition dazu. Das ist nichts, was uns aus der Bahn wirft. Es ist wichtig, dass wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Ich sehe auch von den Kolleginnen und Kollegen aus der Bundestagsfraktion uneingeschränkt eine sehr konstruktive Haltung, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

Frage:

Herr Bundeskanzler, Sie kommen gerade vom G20-Gipfel zurück. Der US-Präsident hat heute Nacht angekündigt, dass er Südafrika nicht zum nächsten G20-Gipfel in den USA einladen werde.

Wie wollen Sie darauf reagieren? Werden Sie trotzdem nach Florida reisen, ohne einen der wichtigsten Vertreter der Südhalbkugel, oder werden Sie nicht hinreisen? Es wäre interessant, zu erfahren, wie Sie darauf reagieren wollen.

Gleichzeitig hat das US-Außenministerium alle Botschaften hier in Europa angewiesen, dafür zu sorgen, dass die Migrationspolitik in Europa geändert wird. Sehen Sie das als unzulässigen Eingriff, oder sollten die Europäer jetzt damit anfangen, sich mit amerikanischer Innenpolitik zu beschäftigen?

Bundeskanzler Merz:

Ich will mit der Antwort auf die zweite Frage beginnen. Die Migrationspolitik ist unsere Sache, und darüber entscheiden wir, so wie wir es für richtig halten. Wir sind in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Regierungswechsel auf dem richtigen Weg und brauchen keine Ermahnungen von außerhalb. Im Übrigen sind wir dabei, eine neue gemeinsame europäische Asyl- und Einwanderungspolitik zu formulieren. Auch das können wir aus eigener Kraft und werden es auch aus eigener Kraft leisten.

Was den G20-Gipfel betrifft, habe ich es bedauert, dass die amerikanische Regierung am vergangenen Wochenende in Johannesburg nicht dabei war. Die amerikanische Regierung verzichtet ohne Not auf Einfluss, auch auf Einfluss in einem Teil der Welt, der immer wichtiger wird. Ich werde versuchen, auch in meinen Gesprächen und Begegnungen mit ihm, bis wir das G20-Treffen in den USA haben, den amerikanischen Präsidenten davon zu überzeugen, dass es gut wäre, alle Mitglieder der G20 nach Amerika einzuladen. Denn dies ist eines der wichtigsten multilateralen Formate, das wir auf der Welt noch haben. G7 und G20 sind aus meiner Sicht Formate, die man nicht ohne Not kleiner machen sollte, als sie sind. Sie sind wichtig. Ich werde selbstverständlich der Einladung des amerikanischen Präsidenten folgen, aber bis dahin versuchen, ihn davon zu überzeugen, auch die südafrikanische Regierung einzuladen.

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