Wo bespitzelte der BND überall Journalisten?

Nach Informationen des SPIEGEL überwachte der Bundesnachrichtendienst (BND) ab 1999 mindestens 50 Telefon- und Faxnummern oder E-Mail-Adressen von Journalisten oder Redaktionen auf der ganzen Welt mit eigenen sogenannten Selektoren. Das Magazin beruft sich dabei auf Unterlagen, die es selbst hätte einsehen können. Diese gäben „eine klare Antwort“.

Unter den Spähzielen seien zum Beispiel mehr als ein Dutzend Anschlüsse der britischen BBC in Afghanistan und in der Zentrale London gewesen. Zudem seien Redaktionen des internationalen Programms BBC World Service überwacht worden. Ein Anschluss der „New York Times“ in Afghanistan hätte ebenso auf der Späh-Liste gestanden wie auch Anschlüsse von Mobil- und Satellitentelefonen der Nachrichtenagentur Reuters in Afghanistan, Pakistan und Nigeria.

Nach Angaben des Magazins, wollte sich der BND zu den Vorwürfen nicht äußern.

 

Geheimdienst tritt Pressefreiheit mit Füßen

„Dass der BND Parlamente, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen überwachte, war klar, nun steht das gezielte Ausforschen der Presse im Raum. Wie groß soll der Skandal um den unkontrollierbaren BND eigentlich noch werden, bis die Bundesregierung reagiert und insbesondere den Bereich der technischen Aufklärung einer unabhängigen und ernsthaften Revision unterzieht“, fragt Martina Renner, für die Fraktion Die LINKE Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag, mit Blick auf die aktuellen Meldungen, denen zufolge der BND weltweit Journalistinnen und Journalisten ausspioniert hätte. Für Renner tritt der Geheimdienst die „Pressefreiheit mit Füßen“.

Renner weiter:

„Der BND musste schon 2009 einräumen, dass er Journalistinnen und Journalisten in Deutschland überwachte. Die nun durch den Spiegel erhobenen Vorwürfe stellen die Fragen, seit wann dies laufende Praxis des BND war und ob es unter dem neuen BND-Gesetz überhaupt eine Schranke für den Einbruch in die Pressefreiheit durch den Auslandsnachrichtendienst gibt.

Es muss dringend aufgeklärt werden, inwieweit in der Vergangenheit Parlament und Bundeskanzleramt über diese Praxis Bescheid wussten. Aus der Arbeit des Untersuchungsschusses ist aber anzunehmen, dass der BND eigenmächtig die Bespitzelung von Journalistinnen und Journalisten in Gang setzt.

Ich hoffe, dass viele betroffene Pressevertreter sich jetzt der bevorstehenden Verfassungsklage durch Reporter ohne Grenzen gegen das neue BND-Gesetz anschließen und beim BND Auskunft verlangen, inwieweit sie in das Fadenkreuz des Geheimdienstes geraten sein könnten.“

Bundesregierung muss Bespitzelung ausländischer Journalisten aufklären

Zu den Enthüllungen, demnach der BND ausländische Journalistinnen und Journalisten bespitzelt hat, erklärten auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Tabea Rößner, Sprecherin für Medienpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Die freie Presse ist eine der unabdingbaren Grundlagen unserer Demokratie. Sie lebt von der Vertraulichkeit der Kommunikation. Unser Rechtsstaat schützt sie deshalb sogar als Berufsgeheimnisträger. Wenn sich bewahrheitet, dass der BND seit 1999 mindestens 50 Telefon- und Faxnummern oder Email-Adressen von Journalisten oder Redaktionen auf der ganzen Welt bespitzelt hat, so wäre dies ein riesengroßer Skandal.

Wer Journalistinnen und Journalisten überwacht, den unterscheidet nicht mehr viel von Putin, Erdogan oder anderen autoritären Herrschern. Ein solches Verhalten des BND wäre nicht hinnehmbar. Wir verlangen von der Bundesregierung eine vollständige Aufklärung dieser Vorwürfe. Die Bundesregierung muss die Frage beantworten, wie sie in diesem Zusammenhang ihrer Aufsichtspflicht gegenüber dem BND nachgekommen ist.“

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