Zweithöchste Militärausgaben der Welt.

Juncker: „Wenn wir in Europa uns nicht um unsere Sicherheit kümmern, wird es auch sonst niemand tun“

Kritik von LINKS-Fraktion im Bundestag – Andrej Hunko: „Militarisierung der EU ist die falsche Antwort auf Trump“

Die EU-Kommission hat heute ihre Pläne für eine engere europäische Zusammenarbeit in  der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorgestellt. „Um unsere kollektive Sicherheit zu garantieren, müssen wir in die gemeinsame Entwicklung von Technologien und Ausrüstung mit strategischer Bedeutung investieren – von Land-, Luft-, See- und Raumfahrtfähigkeiten bis zur Cybersicherheit“, so Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Dazu müssen die Mitgliedstaaten mehr zusammenarbeiten und nationale Ressourcen müssen stärker gebündelt werden. Wenn wir in Europa uns nicht um unsere Sicherheit kümmern, wird es auch sonst niemand tun. Eine starke, wettbewerbsfähige und innovative Verteidigungsindustrie wird uns zu strategischer Autonomie verhelfen.“

Kernstück der heute vorgelegten Vorschläge sei die Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds, der die Investitionen in die gemeinsame Forschung und Entwicklung von Verteidigungsausrüstung und -technologie fördern soll. Außerdem will die EU-Kommission den Binnenmarkt für Verteidigungsgüter ausbauen, damit Unternehmen einfacher grenzüberschreitend tätig werden können und die Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen können.

Die EU leide unter fehlender Ausgabeneffizienz wegen Doppelstrukturen,
mangelnder Interoperabilität, Technologielücken und unzureichender Größenvorteile für Industrie und Produktion. Etwa 80 Prozent der Beschaffung in der Verteidigung vollziehe sich auf rein nationaler Ebene, was zu hohen Kosten durch nicht nötige, mehrfach vorhandene militärische Fähigkeiten führe. Der Mangel an Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich Verteidigung und Sicherheit verursachte schätzungsweise Kosten zwischen 25 Mrd. Euro und 100 Mrd. Euro.

Gemeinsam hätten die EU-Staaten hinter den USA die zweithöchsten Militärausgaben der Welt.  Aufgrund der Fragmentierung ihrer Bemühungen seien die Europäer jedoch immer noch sehr abhängig von den strategischen Mitteln, die die USA für militärische Operationen bereitstellten. Der Rückgang der nationalen Verteidigungshaushalte in Europa während des letzten Jahrzehnts werde große Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit Europas haben, während andere globale Akteure (China, Russland und Saudi-Arabien) ihre Verteidigungssektoren in noch nie dagewesenem Umfang erweitert haben.

In seiner Rede zur Lage der Union in diesem Jahr betonte Präsident Jean-Claude Juncker bereits, wie wichtig ein starkes Europa sei, das seine Bürger im Innern und im Ausland verteidigen und schützen kann – ein Ziel, das ohne Innovationen und die Bündelung der Ressourcen in der europäischen Verteidigungsindustrie nicht zu erreichen sei.

Mit dem Europäischen Verteidigungs-Aktionsplan schlägt die Kommission konkret Folgendes vor:

  • Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds, der Investitionen in die gemeinsame Forschung und Entwicklung von Verteidigungsausrüstung und -technologie fördern soll: Der vorgeschlagene Fonds enthält zwei „Fenster“, die sich ergänzen, aber eine unterschiedliche rechtliche Struktur aufweisen und aus unterschiedlichen Mitteln finanziert werden.
  • Ein „Forschungsfenster“ zur Förderung der gemeinsamen Forschung zu innovativen Verteidigungstechnologien (z. B. Elektronik, Metawerkstoffe, verschlüsselte Software oder Robotertechnik): Die Kommission hat bereits im Rahmen des EU-Haushalts für 2017 Ausgaben in Höhe von 25 Mio. Euro für die Verteidigungsforschung vorgeschlagen. Sie rechnet damit, dass dieser Betrag bis 2020 auf insgesamt 90 Mio. Euro steigen könnte. Für den mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 plant die Kommission, ein spezielles Verteidigungsforschungsprogramm mit Mitteln von schätzungsweise 500 Mio. Euro pro Jahr vorzuschlagen.
  • Ein „Fähigkeitenfenster“, das es den beteiligten Mitgliedstaaten ermöglicht, bestimmte Mittel gemeinsam zu beschaffen und dadurch ihre Kosten zu senken: Die Technologie und die Ausrüstung bleiben dann im Eigentum der Mitgliedstaaten. Beispielsweise könnten sie gemeinsam in Drohnentechnologie investieren oder in großen Mengen Hubschrauber ankaufen, um ihre Ausgaben zu reduzieren. Mit diesem Fenster sollten jährlich etwa 5 Mrd. Euro mobilisiert werden können. Die Kommission wird diesen Schätzwert mittels einer Vorstudie präzisieren.
  • Förderung von Investitionen in KMU, Start-ups, Midcap-Unternehmen und andere Zulieferer der Verteidigungsindustrie: Die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und die Europäische Investitionsbank (EIB)-Gruppe leisten bereits finanzielle Hilfe für die Entwicklung einiger Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck. Die Kommission wird die Bemühungen der EIB unterstützen, den Unternehmen der Verteidigungslieferketten einen besseren Zugang zu Finanzierungen zu verschaffen. Sie wird die Kofinanzierung produktiver Investitionsvorhaben durch die EU und die Modernisierung dieser Lieferketten fördern. Im Rahmen der „Blaupause zur Branchenzusammenarbeit für Kompetenzen“ wird die Kommission die Zusammenarbeit im Verteidigungssektor fördern, damit Fachkräfte mit den nötigen Kompetenzen und technischen Fähigkeiten zur Verfügung stehen, um Innovationen entwickeln zu können.
  • Den Binnenmarkt für Verteidigungsgüter ausbauen: Die Kommission wird die Bedingungen für einen offenen und wettbewerbsbestimmten Markt im Verteidigungsbereich in Europa verbessern, damit Unternehmen einfacher grenzüberschreitend tätig werden können und die Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen können. Zu diesem Zwecke wird die Kommission die tatsächliche Anwendung der beiden Richtlinien über die Vergabe im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich und über die Verbringung innerhalb der EU vorantreiben, die grenzüberschreitende Beteiligung an Vergabeverfahren in der Verteidigung erleichtern, die Entwicklung von Industrienormen unterstützen und den Beitrag der Politik anderer Sektoren (z. B. EU-Raumfahrtprogramme) zu den gemeinsamen Prioritäten der Sicherheit und Verteidigung fördern.

Militarisierung der EU ist die falsche Antwort auf Trump

„Jetzt mit weiterer Aufrüstung und einer forcierten Militarisierung der EU auf den Wahlsieg Donald Trumps zu reagieren, geht in die völlig falsche Richtung. Statt einer militärischen Supermacht EU brauchen wir eine neue Entspannungspolitik und verbale wie militärische Abrüstung“, erklärt Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, zu den Plänen der EU-Kommission für einen Rüstungsfonds.

Hunko weiter:

„Den EU-Haushalt und die Europäische Entwicklungsbank für Rüstungsprojekte einzuspannen, ist nicht nur vertragswidrig, sondern auch politisch falsch. Das Geld wird stattdessen für dringend nötige öffentliche Investitionen in eine soziale und ökologische wirtschaftliche Entwicklung benötigt.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*