Angeklagter Sachverhalt im Zusammenhang mit dem sog. Cum-Ex-Skandal erfüllt sowohl den Tatbestand der Steuerhinterziehung als auch den Verbrechenstatbestand des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat sich im Rahmen einer Anhörungsrüge erneut mit den gegen den Angeklagten B. erhobenen Tatvorwürfen befasst. Es hat mangels Gehörsverletzung die Anhörungsrüge zurückgewiesen und ausgeführt, dass die gegen den Angeklagten B. erhobenen Tatvorwürfe so-wohl den Tatbestand der Steuerhinterziehung als auch den Verbrechenstatbestand des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs erfüllen.

Der 2. Strafsenat hatte mit Beschluss vom 09.03.2021 die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftbefehl des Landgerichts Wiesbaden als unbegründet verworfen (siehe Pressemitteilung vom 12.03.2021, Nr. 16/2021).

Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Angeklagten, mit der er die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht.

Der Senat hat diese Rüge als unbegründet zurückgewiesen. Es liege keine Gehörsverletzung vor. Soweit der Angeklagte meine, der Senat habe sich nicht mit einschlägiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auseinandergesetzt, treffe dies nicht zu. „Der hier gegenständliche Komplex eines von Anfang an angelegten Betrugssystems mit dem alleinigen Ziel, sich eine nur einmal einbehaltene Steuer zweimal auszahlen zu lassen, ist vom BFH gerade nicht bestätigt worden“, führt der Senat aus.

Die rechtliche Bewertung der Tatvorwürfe als gewerbs- und bandenmäßigen Betrug sei auch weder „“neu“ noch „überraschend““, sondern ergebe sich aus der über 900-seitigen Anklageschrift, betont der Senat. Die akribischen Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft hätten von Anfang an eine mögliche Verurteilung wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs gedeckt. Soweit die Anklage letztlich nur auf den Tatbestand der Steuerhinterziehung gestützt worden sei, habe dies verfahrensökonomische Vorteile gehabt und dazu gedient, das komplexe Betrugssystem einer strafrechtlichen Aufarbeitung innerhalb der Verjährungsfristen zuzuführen.

In der Regel stelle sich die Steuerhinterziehung als Spezialfall des Betrugs mit herabgesetzten Anforderungen an die Verurteilung dar. Lägen allerdings – wie hier – auch die Voraussetzungen eines banden- und gewerbsmäßigen Betrugs vor, sei ein Verbrechen gegeben. Ein Verbrechen könne nicht von einem Vergehen wie dem der Steuerhinterziehung verdrängt werden. Dies folge bereits aus dem Wortlaut und der gesetzgeberischen Einordnung in das Strafgesetzbuch einerseits und in die Abgabenordnung andererseits. Darüber hinaus gebe es im Steuerstrafrecht kein „Regelbeispiel“ für den Vorwurf einer banden- und gewerbsmäßigen Begehung. Schließlich lägen unterschiedliche Zielrichtungen der Tatbestände vor: Das Unrecht der Steuerhinterziehung bestehe darin, dass der Täter seine steuerlichen Offenbarungs- und Wahrheitspflichten verletze und dadurch Steuern verkürze. Der Betrug sei dagegen die durch Täuschung verursachte Vermögensschädigung eines anderen in Bereicherungsabsicht. Geschütztes Rechtsgut des Betrugs sei das Vermögen, das der Steuerhinterziehung dagegen das Interesse des Staates am rechtzeitigen und vollständigen Aufkommen bestimmter einzelner Steuern.

Das Verständnis, dass neben einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung auch die Tatbestandsmäßigkeit des banden- und gewerbsmäßigen Betruges erfüllt sein könne, stehe zudem im Einklang mit langjähriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.05.2021, Az. 2 Ws 132/20

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