Bundesanwaltschaft: Anklage wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung.

Karlsruhe/Berlin (ots/tp) – Wie die Generalbundesanwaltschaft heute (erst) mitteilte, hat sie bereits  am 2. November 2016 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden Anklage

gegen

den 27-jährigen deutschen Staatsangehörigen Timo S., den 25-jährigen deutschen Staatsangehörigen Patrick F., den 29-jährigen deutschen  Staatsangehörigen Philipp W., den 19-jährigen deutschen Staatsangehörigen Justin S., die 28-jährige deutsche Staatsangehörige Maria K., den 38-jährigen deutschen Staatsangehörigen Mike S., den 26-jährigen deutschen Staatsangehörigen Sebastian W. sowie gegen den 38-jährigen deutschen Staatsangehörigen Rico K. erhoben.

Die Angeschuldigten seien hinreichend verdächtig, spätestens im Juli 2015 eine rechtsterroristische Vereinigung („Gruppe Freital“) gegründet und sich in ihr als Mitglieder, die Angeschuldigten Timo  S. und Patrick F. als Rädelsführer  beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 StGB).

Die Angeschuldigten Timo S., Patrick F., Philipp W., Justin S., Maria K., Sebastian W. und Rico K. seien darüber hinaus des versuchten Mordes (§§ 211, 22, 23 StGB), der Angeschuldigte Mike S. der Beihilfe hierzu (§ 27 StGB)  angeklagt.

Weiterhin wird den acht Angeschuldigten in einer unterschiedlichen Anzahl von Fällen gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 4, 5 StGB), versuchte gefährliche Körperverletzung (§§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4, §§ 22, 23 StGB), Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 StGB) und Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Mike S. in einem Fall lediglich Beihilfe hierzu  vorgeworfen. Patrick F., Philipp W., Justin S., Maria K. und Sebastian W. seien darüber hinaus der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB) hinreichend verdächtig.

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

„Die acht Angeschuldigten haben sich spätestens ab Juli 2015 mit weiteren Gleichgesinnten zu einer rechtsterroristischen Vereinigung zusammengeschlossen. Das Ziel dieser Vereinigung war es,
Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberunterkünfte sowie auf Wohnungen, Büros und Fahrzeuge politisch Andersdenkender zu begehen. Dadurch wollten die Angeschuldigten ein Klima der Angst und Repression erzeugen. Zu diesem Zweck beschaffte sich die Gruppierung eine große Anzahl pyrotechnischer Sprengkörper aus Tschechien. Diese in Deutschland nicht zugelassenen Sprengkörper wurden zum Teil von den Angeschuldigten Justin S., Patrick F., Philipp W., Sebastian W. und Maria K. verwahrt. Daneben begann sich die Gruppierung ab September 2015 auch mit dem Bau von Rohrbomben zu beschäftigen. Bereits im November 2015 besaß Patrick F. die hierfür wesentlichen Bauteile.
Zusammen mit Timo S. hatte Patrick F. die zentrale Führungsposition innerhalb der Vereinigung übernommen. Gemeinsam waren sie maßgeblich für die Planung und Organisation der von der „Gruppe Freital“ verübten Anschläge verantwortlich. Gegenstand der Anklage sind nachfolgende Anschläge der „Gruppe Freital“:

–    In der Nacht des 27. Juli 2015 verübten Patrick F., Timo S. und Maria K. mit zwei gesondert Verfolgten einen Sprengstoffanschlag auf das Auto des Fraktionsvorsitzenden der Partei „DIE LINKE“ im Freitaler Stadtrat. Die Idee hierzu kam von Timo S., der gemeinsam mit Patrick F. den Tatplan entwickelte. Auf dessen Grundlage warf Patrick F. gemeinsam mit den gesondert Verfolgten zwei pyrotechnische Sprengkörper in den Innenraum des Autos des Fraktionsvorsitzenden.
Einen der Sprengkörper hatte Timo S. besorgt. An dem anderen der Sprengkörper hatte Patrick F. zusätzlich noch eine mit Schwarzpulver und Kieselsteinen befüllte 0,5 l PET-Flasche befestigt. Maria K. wartete in der Nähe des Tatorts. Durch die Detonation der Sprengkörper entstand an dem angegriffenen sowie an zwei daneben geparkten PKW erheblicher Sachschaden.

–    In der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015 beging Patrick F. mit einem bislang nicht identifizierten Mitglied der Vereinigung einen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Freital. Gemeinsam brachten die beiden außen am Küchenfenster der Unterkunft einen
pyrotechnischen Sprengkörper an, den der Angeschuldigte Patrick F. anschließend zündete. Durch die Explosion zerbarst die Fensterscheibe und der Fensterrahmen wurde verformt. Glas- und Kunststoffsplitter schlugen über der Tür in der mehr als vier Meter vom Fenster entfernten gegenüberliegenden Wand der Küche ein und flogen teilweise auch durch die geöffnete Tür in den angrenzenden Flur. Die acht bereits schlafenden Bewohner der Unterkunft blieben von den
umherfliegenden Glassplittern der zerborstenen Fensterscheibe nur deshalb unverletzt, weil sich zu dieser Zeit niemand von ihnen in der Küche und dem Flur aufhielt.

–    In der Nacht des 20. September 2015 verübten Philipp W., Patrick F., Mike S. und Timo S. mit einem gesondert Verfolgten einen Sprengstoffanschlag auf das Büro der Partei „DIE LINKE“ in Freital.
Der Angeschuldigte Timo S. hatte die Mitglieder der Vereinigung aufgefordert, das Parteibüro zu zerstören. Patrick F. präparierte daraufhin einen pyrotechnischen Sprengkörper, den Philipp W.
gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten gegen 22.55 Uhr an einer der Fensterscheiben des Parteibüros befestigte und zündete. Dadurch entstand erheblicher Sachschaden. Anschließend begab sich Philipp W. mit dem gesondert Verfolgten zu einem nahegelegen Parkplatz. Dort warteten absprachegemäß Patrick F. und Mike S. auf die beiden und flüchteten mit ihnen.

–    In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 griffen die Angeschuldigten Mike S., Patrick F., Timo S., Mike S., Justin S., Rico K. gemeinsam mit Maria K., Philipp W., Sebastian W. und weiteren
Gleichgesinnten das Gebäude des alternativen Wohnprojekts „Mangelwirtschaft“ in Dresden an. Die Aktion war als „Rachetat“ an den Bewohnern des Wohnprojekts geplant. Die Angeschuldigten warfen
Pflastersteine sowie  teilweise zusätzlich mit Buttersäure präparierte  pyrotechnische Sprengsätze auf das Haus. Sie planten, das Haus durch die Sprengsätze und die eingesetzte Buttersäure
unbewohnbar zu machen. Einer der Bewohner wurde verletzt, als ein Sprengkörper durch die mit einem Pflasterstein zerstörte Scheibe in die Küche geworfen wurde und explodierte.

–    In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November 2015 verübten die Angeschuldigten Patrick F., Philipp W., Timo S., Justin S., Maria K., Sebastian W. und Rico K. einen weiteren Anschlag auf eine
Asylbewerberunterkunft in Freital. Der Angeschuldigte Mike S. unterstützte sie dabei. Gegen 0.50 Uhr platzierten Patrick F., Justin S. und Philipp W. pyrotechnische Sprengkörper an drei Fensterscheiben des Gebäudes und entzündeten diese nahezu zeitgleich. Ihnen war durch zuvor erfolgte Ausspähungen bekannt, dass sich in den angegriffenen Räumen tatsächlich mehrere Menschen aufhielten. Durch die umherfliegenden Splitter der bei der Explosion zerstörten
Fensterscheiben erlitt einer der Bewohner mehrere Schnittwunden im Gesicht und eine Augenverletzung. Zu schwereren oder gar tödlichen Verletzungen kam es nicht, weil drei weitere Bewohner den gezündeten Sprengkörper bemerkten und sich noch rechtzeitig im Flur in Sicherheit bringen konnten. Timo S., Rico K., Maria K. und Sebastian W. warteten abredegemäß in der Nähe des Tatorts. Nach der Ausführung des Anschlags flüchteten Patrick F., Justin S. und Philipp W. in dem
von Sebastian W. gesteuerten PKW.
Ursprünglich waren von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen die Angeschuldigten Patrick F., Timo S., Justin S., Philipp W. und Maria K. Ermittlungen wegen des Tatverdachts des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§ 308 StGB) und anderer Straftaten geführt  worden. Am 11. April 2016 hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Angeschuldigten Patrick F., Timo S., Justin S., Philipp W. und Maria K. unter anderem wegen des Verdachts der Bildung einer
terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB) übernommen. Zugleich sind in das Verfahren die Angeschuldigten Sebastian W., Rico K. und Mike S. einbezogen worden, gegen die die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gesonderte Ermittlungen wegen des Tatverdachts des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§ 308 StGB) und anderer Straftaten geführt hatte. Am 19. April 2016 hat die Bundesanwaltschaft die Angeschuldigten Justin S., Rico K., Maria K., Sebastian W. und Mike S. aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs festnehmen lassen. Gegen die bereits in Haft befindlichen drei Angeschuldigten Patrick F., Philipp W. und Timo S.
hat die Bundesanwaltschaft beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Haftbefehle wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung  bei den Beschuldigten Timo S. und
Patrick F. wegen Rädelsführerschaft  (§ 129a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 StGB) erwirkt. Alle acht Angeschuldigten befinden sich nach wie vor in Untersuchungshaft (vgl. Pressemitteilung Nummer 23 vom 19. April 2016).“

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