Colonia Dignidad: Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts Krefeld eingelegt.

Foto (von links): Strafverteidiger Helfried Roubicek, Mandant Hartmut Hopp.

Der Strafverteidiger Hartmut Hopps, Rechtsanwalt Helfried Roubiček aus Börgerende/Kreis Rostock, hat am vergangenen Freitag fristwahrend sofortige Beschwerde gegen die – nicht rechtskräftige – Entscheidung des Landgerichts Krefeld vom 14.08. eingelegt, wonach die gegen Hopp ergangenen chilenischen Urteile nunmehr in Deutschland vollstreckt werden sollen.

Wie bereits berichtet, wurde der ehemalige Colonia-Dignidad-Arzt  in Chile zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und ist dann nach Deutschland geflüchtet.

Es bestünden, so Strafverteidiger Roubicek, eine Vielzahl von Ansatzpunkten dafür, dass die Vollstreckung der chilenischen Erkenntnisse – Urteile aus den Jahren 2004, 2011 und in III. Instanz aus dem Jahre 2013 – im Wege des nunmehr schon über drei Jahre andauernden Strafvollstreckungshilfeverfahrens (Exequaturverfahren) auf Antrag der Republik Chile in Deutschland nicht zulässig sei und mithin auch nicht für vollstreckbar erklärt werden könne.

Zutreffend sei zwar, dass es derartige Urteile in Chile gab. Zutreffend sei auch, dass der 73-jährige Deutsche rund 50 Jahre in Chile gelebt habe und seit 2011 in Krefeld lebe.

Zutreffend sei auch, dass die Staatsanwaltschaft Krefeld gegen Hopp seit 2011 – wegen verschiedener Vorwürfe betreffend seiner Tätigkeit inChile ermittele. An den Vorwürfen sei aber nichts  dran; so Strafverteidiger Roubicek. Er verwies dazu u. a. auch auf den Beitrag der TP Presseagentur vom 18. Juni 2016 „Ich habe solche Straftaten nicht vollbracht“.

Ich habe solche Straftaten nicht vollbracht.

Dort, wie auch in einem Exklusivinterview (Ende Januar 2017 in der Westdeutschen Zeitung), habe sich Hopp auf zwei Zeitungsseiten dazu geäußert (WZ-Artikel „Erstmals redet der frühere Sektenarzt von Colonia Dignidad“). Bis heute habe die Staatsanwaltschaft Krefeld nach über 6 Jahren einen Verfahrensabschluss offensichtlich noch nicht einmal im Ansatz erreicht, obwohl mehrfach die Anregung auf Verfahrenseinstellung gegeben worden sei.

Zu den Kritikpunkten am jetzt mit dem Rechtsmittel angefochtenen Einzelrichterbeschluss des Landgerichts Krefeld vom 14.08.2017 gehöre aus Verteidigungssicht, so Strafverteidiger Roubicek, dass eben das von Dr. Hopp in Chile über sehr viele Jahre erlebte Strafverfahren nicht den elementaren Mindeststandards eines fairen und rechtsstaatskonformen Verfahrens entspreche und den Standards der deutschen Verfassung (Grundgesetz) und den Vorgaben der EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) gleichwertig sei.

Die Reihe der eklatanten Verstöße im chilenischen Strafprozess, insbesondere auch schon vor dem Jahre 2004 (Urteil in I. Instanz), und mithin im langen chilenischen Ermittlungsverfahren – Beginn im Jahre 1996 – und dann auch weiter bis 2011 (Urteil in II. Instanz) sei nicht nur lang, „sondern sehr lang“ und würde eine minuziöse Darstellung in den Medien sprengen.

Strafverteidiger Roubicek: „Der Beschuldigte und spätere Angeklagte wurde nach einer über 100 Jahre uralten chilenischen Strafprozessordnung behandelt, die bereits zu einer Neueinführung eines moderneren Gesetzes führte, bei deren Vorlage im Jahre 1995 der damalige chilenische Staatspräsident von einem bis dato ‚inquisitorischen, absolutistischen und geheimen‘ Strafprozessrecht in Chile sprach, ‚das im Widerspruch zu den Bürgerrechten eines demokratischen Staates steht‘.  Das neue Gesetz trat im Jahre 2000 in Kraft, jedoch galt für bestimmte Verfahren – wie auch das vorliegende – die alte menschenrechtswidrige Strafprozessordnung Jahre lang weiter und zwar sogar bis zum Urteil der III. Instanz im Jahre 2013. Durch diese jahrelange Praxis im konkreten Fall trat eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung ein. Hierin liegt ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.“

Das Ermittlungs- und Erkenntnisverfahren in I. Instanz habe ein sogenannter „Sonderrichter“ und zwar in ein und derselben Person, der speziell für diese Angelegenheit eingesetzt wurde, geführt, mithin sei es ein „Ausnahmegericht“ gewesen. Dies sei in Europa schon Jahrzehnte unzulässig. Auch eine „Staatsanwaltschaft“ nach deutschem Verständnis und einen regulären Strafprozess nach europäischen Mindeststandards habe es im vorliegenden Verfahren seinerzeit nicht gegeben.

Ein weiterer Verstoß gegen die elementaren Mindeststandards im Strafprozess bestehe bei der dem Beschuldigten und Angeklagten widerfahrenen „Mehrfachverteidigung“ durch die Anwälte: Hopp sei nicht durch eine ordnungsgemäße Verteidigung ausgestattet gewesen, auch wenn ihm in allen Instanzen Anwälte zur Seite standen. In Deutschland herrsche das Doppelverteidigungsverbot (§ 146 Strafprozessordnung); in Chile im konkreten Fall damals nach dem alten Gesetz nicht: im Fall Hartmut Hopps hätten seine Anwälte auch andere  Mitangeklagte in demselben Strafverfahren „mitverteidigt“.

Mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde werde seitens der Verteidigung aufgezeigt und durch das Beschwerdegericht (Oberlandesgericht Düsseldorf) zu prüfen und festzustellen sein, dass das Strafvollstreckungshilfeverfahren der Republik Chile sowie der Antrag der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 31. Mai 2016 nicht zulässig bzw. unbegründet seien.

Letztendlich, so Strafverteidiger Roubicek zuversichtlich, werde eines Tages für Hartmut Hopp feststehen, dass die gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe einerseits und andererseits das Gesuch der Republik Chile um erfolgreiche Strafvollstreckungshilfe in Deutschland nicht haltbar wären.

Ein noch höheres Strafmaß gewünscht.

Foto (von links): Strafverteidiger Helfried Roubicek, Mandant Hartmut Hopp

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