„Zukunft wird in Deutschland gemacht.“

Bundeskabinett beschließt Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen.

Karliczek und Altmaier: „Ein guter Tag für Deutschland!“

Heute hat das Bundeskabinett beschlossen, eine Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen zu gründen. Sie soll Innovationsakteuren die finanziellen Mittel und Freiräume eröffnen, um „bahnbrechende Ideen in die Anwendung zu überführen“.

Auf Anfrage der TP Presseagentur Berlin wurde uns vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie Dr. Anna Christmann, Sprecherin für Innovations- und Technologiepolitik der grünen Bundestagsfraktion,  der Begriff „Sprunginnovationen“ näher erläutert.

„Sprunginnovationen“ sind nach dem BMBF insofern:

„Wir definieren Sprunginnovationen als Innovationen, die auf radikalen technologischen Neuerungen beruhen und / oder Marktveränderungen bewirken. Es kann sich dabei auch um die Einführung neuer innovativer Geschäftsmodelle handeln, die bisherige Marktstrukturen oder Märkte komplett neu ordnen. Synonym werden die Begriffe „radikale Innovation“ und „disruptive Innovation“ für Sprunginnovation verwendet.

Ein Beispiel für eine technologische Sprunginnovation ist die Einführung des in Deutschland entwickelten mp3-Standards zur Speicherung von Musikdaten, welcher traditionelle Tonträger wie Schallplatten, Kassetten und CDs weitgehend vom Markt verdrängt hat. Ein Beispiel für eine Geschäftsmodellinnovation ist der Online-Versandhandel (auf der technologischen Basis der Digitalisierung bzw. des Internets), welcher den traditionellen lokalen Einzelhandel herausfordert, sich als Plattform zwischen die vormals direkte Beziehung zwischen Verkäufer und Kunden schiebt und somit bisher existierende Marktstrukturen radikal verändert.“

Dr. Anna Christmann, Sprecherin für Innovations- und Technologiepolitik der grünen Bundestagsfraktion, erklärte uns den Begriff „Sprunginnovationen“ wie folgt:

„Sprunginnovationen, auch bahnbrechende oder disruptive Innovationen genannt, sind Innovationen, die ein Produkt oder eine Technologie mit einem Mal komplett verändern. Die Innovation geht hier nicht schrittweise nach und nach voran, sondern mit einem Sprung. Die Erfindung der mp3 etwa hat den Musikmarkt auf diese Weise umgekrempelt.“

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und  Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gaben heute zu dem Kabinettsbeschluss in einer gemeinsamen Pressemitteilung folgende Statements ab:

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Innovationen sind eine Lebensversicherung für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Wir wollen den Wohlstand und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger dauerhaft auf hohem Niveau halten! Hierfür brauchen wir mehr Mut, mehr Zuversicht und den festen Willen, neue Wege zu gehen. In diesem Sinne ist heute ein guter Tag für Deutschland! Mit der Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen schärfen wir für vielversprechende Ideen unsere Sinne und räumen Innovationsexperten große Handlungsfreiheiten ein. Die Agentur der Denker und Macher wird von uns mit einem kräftigen Rückenwind auf Mission geschickt: Wir wollen neue Produkte, neue Geschäftsmodelle und vor allem neue hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland schaffen. Wir wollen der Welt zeigen: Zukunft wird in Deutschland gemacht.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Zahlreiche Erfindungen, die völliges Neuland eröffnen und ganze Märkte umkrempeln können, sind in Deutschland entstanden, scheitern jedoch häufig noch in der Anwendung. Die neue Agentur zielt darauf ab, aus diesen hochinnovativen Ideen aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auch erfolgreiche Produkte, Dienstleistungen und Arbeitsplätze in Deutschland entstehen zu lassen. „Von der Idee zum Markterfolg“ – das muss auch in Deutschland Realität werden, nicht nur im Silicon Valley oder in Asien. „Made in Germany“-Ideen mit denen Unternehmen künftig häufiger selbst an der Spitze des technologischen Fortschritts stehen werden – sei es bei Anwendungen der Künstlichen Intelligenz, neuen Formen der Mobilität oder medizintechnischen Durchbrüchen.“

Die Agentur verfolgt einen personenzentrierten Ansatz. Sie setzt auf hochkompetente und kreative Innovationsmanagerinnen und manager, die zeitlich befristet in der Agentur tätig sind und besondere Handlungsfreiräume genießen. Sie können Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit Sprunginnovationspotential von der Idee möglichst bis hin zur Anwendung auswählen, steuern und – je nach Projektverlauf – beenden oder fortsetzen. Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen setzen die Vorhaben um. Geförderte Ideen werden über Ausgründungen, durch Unternehmen oder auch durch den Staat selbst, im Rahmen der öffentlichen Beschaffung verwertet und in den Markt eingeführt.

JA zur Agentur für Sprunginnovationen – NEIN zur angedachten Rolle des Parlaments.

Manja Schüle, stellvertretende bildungs- und forschungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte zu dem Kabinettsbeschluss:

„Das Bundeskabinett hat heute Eckpunkte für die Gründung einer Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen beschlossen. Für die SPD-Bundestagsfraktion steht dabei fest, dass Innovationen kein Selbstzweck sein dürfen. Um tatsächlich neuen Schwung in das deutsche Innovationsystem zu bringen, müssen gleichfalls soziale und ökologische Innovationen im Fokus stehen.“

Schüle weiter:

„Unser aktuelles Innovationssystem bringt Neuerungen hervor, die auf bestehende Technologien, Produkte und Dienstleistungen aufbauen. Es gibt aber Lücken vor allem bei Unternehmensneugründungen und risikoreichen/visionären Projekten. Wir wollen, dass Deutschland Innovationsland ist und bleibt.

Deshalb unterstützen wir die Agentur für Sprunginnovationen. Mit ihr sollen Projekte entwickelt werden, die das Leben der Menschen besser machen. Deshalb sind Innovationen auch kein Selbstzweck und nicht ausschließlich auf die wirtschaftliche Innovationen zu fokussieren. Für uns gehören soziale und ökologische Innovationen zwingend dazu.

Die neue Agentur für Sprunginnovationen benötigt Beinfreiheit, doch wenn öffentliche Mittel zum Einsatz kommen, dann muss ihr Einsatz stets gerechtfertigt und überprüft werden. Wir werden nicht am Katzentisch teilnehmen sondern fordern, die Rechte des Parlaments zu wahren, zum Beispiel durch einen Aufsichtsrat. Uns ist bewusst, dass wir in diesem Bereich eine Kultur des Scheiterns brauchen. Gerade deshalb kann der Erfolg eines Wettbewerbs oder eines Projektes nicht der ausschlaggebende Bewertungsfaktor sein. Weitere Kriterien müssen beantragte Patente, angeregte Kooperationen und die Umsetzung sozialer sowie umweltpolitischer Ziele sein.“

Agentur für Sprunginnovationen europäisch und nachhaltig aufstellen

Dr. Anna Christmann, Sprecherin für Innovations- und Technologiepolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, erklärte:

„Wir brauchen eine neue Innovationskultur, und zwar nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa. Doch die Bundesregierung verharrt bei der Ausrichtung der Agentur für Sprunginnovationen in klassischen nationalen Förderstrukturen. Der Bundestag hat sich bereits zu Beginn des Jahres für eine gemeinsame Innovationsagentur mit Frankreich ausgesprochen. Eine deutsche Agentur für Sprunginnovationen darf deshalb nur ein erster Schritt sein auf dem Weg zu einer gemeinsamen Initiative mit Frankreich und weiteren europäischen Partnern. Wenn die Innovationen der Zukunft auch weiterhin in Europa entstehen sollen, dann müssen wir europäisch denken, handeln und investieren. Nur gemeinsame europäische Initiativen können die finanzielle Durchschlags- und internationale Strahlkraft entwickeln, die es im globalen Wettlauf der Innovationen heute braucht.

Der heiße Sommer hat gezeigt, dass wir gerade bei den großen Herausforderungen wie der Klimakrise bahnbrechende Innovationen brauchen. Eine Förderagentur braucht eine klare strategische Ausrichtung entlang der globalen Nachhaltigkeitsziele wie der Bekämpfung der Klimakrise, den Bau nachhaltiger Städte und dem Umstieg auf saubere Energie. Diese klare Schwerpunktsetzung ist bei der Agentur bisher nicht erkennbar. Es wäre fatal, wenn die Bundesregierung wieder einmal die Chance vergibt, ökologische und gesellschaftliche Fragen ins Zentrum zu rücken.“

Denker und Macher zusammenbringen.

Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen soll 2019 starten.

Der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Albert Rupprecht, und der Obmann der Unionsfraktion im Bildungs- und Forschungsausschuss, Stefan Kaufmann, erklärten:

Albert Rupprecht: „Das nächste ‚große Ding‘ soll aus Deutschland kommen! Mit der Agentur für Sprunginnovationen bringen wir kreative Denker und mutige Macher zusammen. Exzellenten Forschern und innovativen Managern geben wir finanziellen Raum und Freiheit, aus Forschungsideen bahnbrechende Produkte und Dienstleistungen zu schaffen. Ideen ,made in Germany‘ sollen Märkte umkrempeln.

Zu viele gute Ideen gehen auf dem Weg von der Forschung bis zur Marktreife verloren. Das liegt häufig an mangelndem Mut der Akteure und einer Kultur, die ein Scheitern als Brandmarke versteht. Mit der Agentur für Sprunginnovationen möchten wir eine Kultur etablieren, die das Scheitern als notwendiges Übel auf dem Weg zu der einen großen Idee versteht. Diese eine Idee kann unseren Wirtschaftsstandort auf Jahrzehnte beflügeln.“

Stefan Kaufmann: „Mit der Agentur für Sprunginnovationen betreten wir Neuland in der Innovationsförderung. Wir setzen kreative Innovationsmanager ein, die innovative Forschungsideen mit großem Marktpotential identifizieren und sie bis zur Marktreife bringen. Der Innovationsmanager stellt eigenständig ein Portfolio aus Projektideen und -teams zusammen, das er flexibel steuern kann. Am Ende wird sein Erfolg daran bemessen, welche Ideen er zu einem anwendungsreifen bahnbrechenden Produkt oder einer entsprechenden Dienstleistung geführt hat.

Damit stärken wir langfristig den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland. Neue bahnbrechende Produkte bedeuten immer auch neue hochwertige Arbeitsplätze. Die sollen nicht nur im Silicon Valley sondern vor allem auch in Deutschland entstehen.“

Weitere Erläuterung des BMBF gegenüber der TP Presseagentur Berlin.

„Die Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen lebt von ihren Innovationsmanagerinnen und –managern, die zeitlich befristet bei der Agentur angestellt sind. Sie erhalten besondere Handlungsfreiräume bei der Steuerung von Vorhaben im Sinne eines effektiven Portfoliomanagements. Sie verfolgen und steuern den Innovationsprozess von Anfang an weit vor der Markteinführungsphase. Die Agentur arbeitet themen-, disziplin- und technologieoffen, da Sprunginnovationen häufig an der Schnittstelle zwischen etablierten Themenfeldern, Disziplinen und Technologien entstehen. Die Agentur soll keine Wagniskapitalgeber ersetzen, sondern komplementär dazu ausgerichtet sein, d. h. von der Agentur geförderte Projekte bzw. daraus entstandene Ausgründungen können anschließend eine Finanzierung bei vorhandenen Wagniskapitalgebern beantragen. Für die kommenden zehn Jahre wird mit einem Mittelbedarf von insgesamt rund einer Milliarde Euro gerechnet.

Konkret geht es um:

  • Ideenscouting für Themen mit Sprunginnovationspotential
  • Förderung von Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen und natürlichen Personen, die im Rahmen von Innovationswettbewerben und Spitzenprojekten die von der Agentur identifizierten anwendungsorientierten Probleme lösen werden, ohne den Lösungsweg (oder die Technologie) einschränkend vorzugeben.
  • Transfer der Ergebnisse aus den geförderten Vorhaben in die Anwendung.

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben setzt die Agentur dabei insbesondere die folgenden Instrumente ein:

Innovationswettbewerbe

In den von der Agentur durchgeführten Innovationswettbewerben werden visionäre, gesellschaftlich relevante Herausforderungen definiert. In einer Wettbewerbssituation sollen verschiedene Wege der teilnehmenden Teams zur Lösung der definierten Herausforderung miteinander verglichen werden. Die Wettbewerbe sollen:

  • hochinnovative Aktivitäten auslösen;
  • innovative Akteure mobilisieren;
  • den tatsächlichen Leistungsstand der Forschung zu ausgewählten Themen unter realen Einsatzbedingungen identifizieren („Leistungsschau“) und signifikant verbessern sowie
  • eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit für Sprunginnovationen erzeugen, um einen positiven Beitrag zu einer innovationsfördernden Kultur in unserer Gesellschaft zu leisten.

Spitzenprojekte

Spitzenprojekte sind Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit einer Laufzeit von i. d. R. drei bis sechs Jahren, welche auf die Überführung von Ideen aus Forschung- und Entwicklung mit Sprunginnovationspotential in die Anwendung zielen, um konkrete Probleme zu lösen.

Dabei gilt:

  1. Die Agentur definiert (i. d. R. auf Vorschlag eines Innovationsmanagers, s. u.) eine aus Anwendersicht konkrete Problemstellung, die gelöst werden soll.
  2. Zur Problemlösung werden Produkte oder Dienstleistungen entwickelt (im Sinne einer industriellen Entwicklung), die marktverändernd wirken, auf großen technologischen Sprüngen basieren oder sich durch einen sehr großen gesellschaftlichen Nutzen auszeichnen.
  3. Das Problem muss realistischerweise in maximal sechs Jahren mit den der Agentur dafür zur Verfügung stehenden (finanziellen) Mitteln gelöst werden können, d. h. nach Förderende sollen die marktreifen Ergebnisse von Verwertern aufgegriffen und als Produkte oder Dienstleistungen in den Markt eingeführt werden können. Die Agentur kann im Rahmen von Forschungs-und Entwicklungsprojekten gleichzeitig verschiedene Wege zur Problemlösung fördern. Durch ein effektives Portfoliomanagement kann die Agentur nichterfolgversprechende Lösungswege frühzeitig zugunsten erfolgversprechenderer Lösungswege beenden (z. B. durch entsprechende Umwidmung finanzieller Mittel).

Die Aufgabe von Innovationsmanagern ist klar umrissen. Innovationsmanager sind im Innovationsbereich erfahrene und erfolgreiche Persönlichkeiten aus Wissenschaft oder Wirtschaft mit einem fundierten technologisch-wissenschaftlichen Verständnis, um zu bearbeitende Fragestellungen definieren, betreuen und in Ergebnisse umsetzen zu können. Sie werden befristet eingestellt. Sie schlagen der Agentur konkrete, durch Spitzenprojekte zu lösende Problemstellungen vor und suchen die aus Ihrer Sicht zur Problemlösung am besten geeigneten Projektideen und –teams aus (ggf. auf Basis einer Ausschreibung). Sie vergeben im Namen der Agentur verantwortlich finanzielle Zuwendungen an die Projektdurchführenden – ab bestimmten Größenordnungen mit Zustimmungserfordernis der Geschäftsführung – und kontrollieren den Projektverlauf einschließlich der Erfüllung zuvor festgelegter Meilensteine. Sie schlagen der Geschäftsführung in Abhängigkeit vom Projekterfolg die Beendigung oder Verlängerung der geförderten Projekte vor. Innovationsmanagerinnen und –manager präsentieren und bewerten den Fortschritt der von ihnen betreuten Projekte in regelmäßigen Abständen.“

Fotoquelle: © BMBF / Hans-Joachim Rickel

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