Anachronismus am Angleichungsgrundsatz.

TP-Interview mit Simon Weiß, Abgeordnetenhaus Berlin, über das neue Berliner Strafvollzugsgesetz, Mindestlohn für Häftlinge und Internet im Knast.

TP: Berlin hat ein neues Strafvollzugsgesetz. Der Berliner Justizsenator jubelt: „Wir sind froh, dass wir es haben.“ Sind Sie auch froh, dass wir es hier in Berlin nun haben?

Weiß: Wir haben es ja nicht, weil da irgendwelche großartigen Dinge drinstehen, sondern deshalb, weil wir es nach der letzten Föderalismusreform haben müssen, weil die Zuständigkeit auf Länderebene übergegangen ist. Berlin hat als vorletztes Bundesland ein Strafvollzugsgesetz geschaffen, aber es steht da, wie gesagt, nicht viel Neues drin, so dass es da jetzt keinen Anlass gibt zu jubilieren.

TP: Im Prinzip ist es bei den unbestimmten Rechtsbegriffen geblieben, wie wir sie schon im bisherigen bundeseinheitlichen Strafvollzugsgesetz vorfinden, also bei Soll- und Kannvorschriften?

Weiß: Weitgehend, ja. Es zeichnet sich wie das alte Strafvollzugsgesetz dadurch aus, dass es sehr viele Bestimmungen hat, die in das Ermessen der Anstalt gelegt anstatt in konkrete Rechte der Strafgefangenen festgeschrieben zu werden.

TP: Was neu ist in diesem Berliner Strafvollzugsgesetz – ich weiß jetzt nicht, wie sich das mit anderen Bundesländern verhält -, ist die materielle Schadenswiedergutmachung.

Weiß: Es gibt dazu im Gesetz allgemeine Ausführungen, dass das ein wichtiger Aspekt ist, aber nichts Konkretes. Tatsächlich ist dieser Aspekt auch in den Anhörungen, die wir zu dem Gesetzesentwurf gemacht haben, in der Beratung auch verschiedentlich kritisiert worden. Es wurde die Befürchtung – die ich auch nachvollziehen kann – geäußert, dass mit dieser Festschreibung im Gesetz im Wesentlichen – wenn es um die Berücksichtigung der Belange der Opfer geht – eine Vollzugsgestaltung praktiziert wird, die die Strafbedürfnisse der Opfer stärker in den Vordergrund stellt als die Resozialisierung der Gefangenen, die ja eigentlich im Vordergrund stehen sollte. Aber natürlich gibt es wichtige Sachen, die man in diesem Bereich machen kann – also Täter-/Opferausgleich. Die Frage ist nur, ob der Strafvollzug hier die richtige Stelle ist, das zu regeln.

TP: Letzten Endes könnte das doch dazu führen, dass Gefangene von Vollzugslockerungen oder einer vorzeitigen Entlassung ausgeschlossen werden, wenn sie sich an einer Schadenswiedergutmachung nicht beteiligen. Ist mit dieser Regelung also mehr ein Druckmittelgeschaffen worden, sich noch stärker in die Vollzugsgestaltung einzubringen, indem auch noch die materielle Schadenswiedergutmachung zur Voraussetzung gemacht wird?

Weiß: Es ist ja erst mal nicht verkehrt, wenn der Aspekt, ob jemand bereit ist, sich auseinanderzusetzen oder bereit ist, Dinge wiedergutzumachen, eine Rolle als Indikator dabei spielt, ob er etwas gelernt hat aus seinen Fehlern oder ob er dabei ist, Fortschritte zu machen. Aber klar, das auf Sanktionsebene zu sehen, ist irgendwie problematisch.

TP: Um materielle Schadenswiedergutmachung hinzukriegen, müssten die Gefangenen auch Geld haben und nicht nur das karge Gehalt, das sie in der Haft bekommen?

Weiß: Die Entlohnung, die Gefangene für die Arbeit, die sie machen, kriegen, ist in der Tat wirklich deutlich unter dem, was man außerhalb des Vollzugs als normal oder zumutbar empfinden würde. Es ist auch tatsächlich in der Höhe fragwürdig und ob das im Einklang damit steht, was das Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform bezeichnet hat. Wir haben daher in der Beratung beantragt, diese Sätze zu erhöhen, was die Koalition allerdings nicht angenommen hat. Eigentlich müsste es meiner Meinung nach perspektivisch dahin gehen, dass die Arbeitsentlohnung, die Gefangene erhalten, dem entspricht, was auch außerhalb des Gefängnisses üblich ist, also mindestens Mindestlohn. Es gibt zum einen den Angleichungsgrundsatz…

TP: … das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen – soweit als möglich – anzugleichen…

Weiß: … und soweit diese Arbeit ja auch eine Funktion haben soll, die Leute zu motivieren, eine Motivationsfunktion. Wenn man dann Arbeit leistet, die nicht vernünftig bezahlt wird und sich fragt, ist die Arbeit es denn überhaupt wert, gemacht zu werden, dann kann man sich vorstellen, dass das nicht sonderlich motivierend ist.

TP: Es gibt ja jetzt seit zwei Jahren eine Gefangenengewerkschaft, die genau das fordert: Mindestlohn und Einbeziehung in die Rentenversicherung – letztere war ja schon im bisherigen bundeseinheitlichen Strafvollzugsgesetz vorgesehen, wurde aber bis heute suspendiert. Genau diese Forderungen der Gefangenengewerkschaft hat der Berliner Justizsenator schon geradezu herablassend als sozialpolitischen Nonsens bezeichnet. Ist es nicht eher sozialpolitischer Nonsens, dass Gefangene immer noch für einen so genannten Hungerlohn arbeiten und in eine Altersarmut entlassen werden, weil sie nicht rentenversichert waren und demzufolge letzten Endes auf das Sozialamt angewiesen sind?

Weiß: Das kann man so sagen. Was das Thema Rentenversicherung angeht, ist das in der Tat ein wichtiger Aspekt, allerdings einer, wo man noch bundespolitisch rangehen müsste, wo sozialrechtliche Dinge eine Rolle spielen.

TP: Die mecklenburg-vorpommersche Justizministerin ist da jetzt aktiv geworden und fordert zumindest die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung. Besteht da irgendwo die Hoffnung, dass das umgesetzt wird?

Weiß: Das kann ich, ehrlich gesagt, nicht einschätzen. Ich fände es gut, aber ob das ein erfolgreicher Vorstoß sein wird, weiß ich nicht.

TP: Internet und Telefonie im Knast: Internet gibt es überhaupt nicht und die Telefonie wird von privaten Anbietern betrieben, die geradezu wucherische Preise verlangen und letzten Endes die Gefangenen hindern, zu bezahlbaren Preisen zu telefonieren. Ist das überhaupt in der heutigen Zeit noch hinnehmbar, in der die Resozialisierung angeblich im Vordergrund stehen soll?

Weiß: Nein, das ist überhaupt nicht hinnehmbar. Wir haben bei der Telefonie in den Haftanstalten in der Tat das große Problem, dass das von einem privaten Monopolisten betrieben wird, der da Mondpreise verlangt. Das ist natürlich gerade für Gefangene, die nicht über sonderlich viel Geld verfügen, eine ziemliche Hürde, vor allem weil das für viele der Hauptkontakt zur Außenwelt ist – nachvollziehbarerweise.
Beim Thema Internet ist es ein Anachronismus am Angleichungsgrundsatz. Bei den Kommunikationsmitteln, die vor einigen Jahrzehnten die üblichen Kommunikationsmittel waren – Brief, Telefon -, haben wir Regelungen im alten Strafvollzugsgesetz, die das erlauben; im neuen Strafvollzugsgesetz beim Internet, das heute das zentrale Kommunikationsmittel ist, haben wir das nicht. Und das muss einfach geregelt werden.

TP: Es würde ja schon reichen, wenn Gefangene Emails schreiben könnten an gewisse Leute oder Behörden, bei denen das möglich ist. Selbst in asiatischen Staaten ist es Gang und Gäbe, dass von Gefangenen Emails geschrieben werden können, nur in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern wird es noch verhindert.

Weiß: Das wäre in der Tat schon mal ein großer Schritt. Es ist auch so, dass Internet im Strafvollzug – nicht nur Emails, sondern auch der weitere Zugang zum Internet – in anderen Ländern durchaus praktiziert wird, Norwegen ist da ein Beispiel, wo das völlig normal ist, wird dann halt entsprechend kontrolliert …

TP: …. wogegen ja nichts einzuwenden ist….

Weiß: … natürlich, es ist so zu behandeln wie andere Kommunikationsformen, da ist in dem Fall nichts einzuwenden. Man kann, je nach dem mit wem man es zu tun hat, spezifisch auf die Situation reagieren.

TP: Wie bei der Briefkontrolle, wo man stichprobenartige und bei konkretem Anlass auch inhaltliche Kontrollen vornimmt oder nehmen kann, könnte auch bei Emails so verfahren werden, oder Räume schaffen, in denen Computer zur Verfügung gestellt werden.

Weiß: Es gibt in den Gesetzen, die jetzt verabschiedet wurden, in Bezug auf das Internet nur eine Öffnungsklausel. Das bedeutet, wenn der Senat und die jeweiligen Anstalten das wollen, dann kann das erlaubt werden. Es sieht aber im Moment nicht danach aus, als ob da sonderlich und umfassend davon Gebrauch gemacht werden würde, bzw. es wäre ja im Prinzip schon vorher gegangen.
Es soll ein Pilotprojekt geben, da kann ich aber jetzt, glaube ich, auch sagen, dass das in dieser Legislaturperiode definitiv nichts mehr wird. Es ist auch schon seit einigen Jahren angekündigt, ohne dass sich da groß etwas bewegt. Was es bräuchte, was wir auch beantragt haben, aber abgelehnt wurde, wäre in der Tat eine klare Regelung analog zu den anderen Kommunikationsformen, dass es erst einmal grundsätzlich ein Recht gibt, über das Internet mit der Außenwelt zu kommunizieren, was dann halt im Einzelfall sowie erforderlich eingeschränkt werden kann. Was die Telefonie angeht, gibt es auch mit dem neuen Gesetz keine Regelung, die irgendwie darauf hinzielt, diese Situation zu verbessern.

TP: Was aber wünschenswert wäre.

Weiß: Was wünschenswert wäre.

TP: Diese Handys, nach denen ständig krampfhaft gesucht wird und die auch gefunden werden in Haftanstalten, werden ja in der Regel nicht dazu genutzt Straftaten zu begehen bzw. zu planen, sondern um diesen horrenden Preisen der privaten Telefonanbieter zu entgehen.

Weiß: Das ist richtig. Es ist in der Tat eine komische Situation, das Land Berlin gibt ziemlich viel Geld aus, um in den Haftanstalten Mobilfunkunterdrückungsanlagen zu installieren, anstatt hier eher die legalen Kommunikationsmöglichkeiten zu erleichtern.

TP: Bei der Prüfung über die Gewährung von Vollzugslockerungen werden in der Regel Höhe der Strafe, Delikt und Verhalten im Vollzug zugrunde gelegt. Zulässige Kriterien, um zu beurteilen, ob ein Gefangener Vollzugslockerungen missbraucht oder nicht? Gefangene sehen hierin eher eine Diskriminierung.

Weiß: Ich kann das Argument nachvollziehen, aber auf der anderen Seite muss man auch sehen, irgendwelche Prognosekriterien braucht man ja. In der Praxis muss es irgendwie entschieden werden, man kann natürlich nicht in die Seelen der Leute hineingucken.

TP: Soll man über Gefangene stets nur das Schlechteste denken, um sich bei Gewährung von Vollzugslockerungen abzusichern?

Weiß: Es ist natürlich schwer von draußen da reinzureden. Mehr als die Kriterien vorgeben, kann man nicht. Und in der Tat: Das Kriterium ist, was prognostizierbar ist, wie sich die Leute verhalten.

TP: Der liberale Anstaltsleiter Thomas Galli sagt, das Gefängnis sei ein absurdes System. Wie würden Sie das sehen? Galli sagt, der Knast gehöre abgeschafft, er sei nicht reformierbar. Oder hängt das von den Menschen ab, die da aufeinander prallen?

Weiß: Das ist eine interessante Frage. Gefängnis ist, um mit Foucault zu reden, eine totale Institution. Ich glaube, eine totale Institution hat immer etwas Absurdes. Ich finde es interessant, historisch ganz interessant, um jetzt mal ein bisschen allgemein zu werden: Das Strafvollzugsgesetz ist ja noch nicht so alt wie der Strafvollzug in Deutschland. Das Gesetz musste damals verfasst und erlassen werden, weil man festgestellt hatte, man kann keinen Strafvollzug machen ohne Strafvollzugsgesetz.

TP: Bundesverfassungsgericht 1972…

Weiß: …ja, genau. Wenn man sich das so durchliest, was da drin steht, insbesondere die Grundsätze, was eigentlich Ziel und Sinn des Strafvollzugs sein soll, dann liest sich das sehr liberal im besten Sinne. Die Funktion auf Resozialisierung, dass im Prinzip der offene Vollzug der Regelvollzug ist…

TP: … nach dem neuen Berliner Gesetz nun nicht mehr …

Weiß: … richtig, das Bild, das dort gezeichnet wird, was dort passieren soll…; aber auch wenn sich in der Institution des Gefängnisses sicherlich einiges geändert hat seit den 60er Jahren, gibt es da immer noch ein gewisses Missverhältnis zwischen diesem gezeichneten Bild und der tatsächlichen Praxis. Wenn man dieses System in diesem Sinne reformieren möchte, ist es vielleicht nicht der beste Ansatz, mehr wohlklingende Dinge ins Gesetz zu schreiben.

TP: Vielleicht wieder alles so herstellen, wie’s zu Zuchthauszeiten war: Urlaub auf Ehrenwort, wem man vertraut, kriegt Ausgang, wem man nicht vertraut, kriegt nichts.

Weiß: Na ja, es ist schon sinnvoll, dass es da Kriterien gibt, dass die Dinge klar geregelt und so auch im Zweifel auf dem Rechtsweg überprüfbar sind.

TP: Kann man immer voraussehen, dass es bei Hafterleichterungen Missbrauch gibt? Das Bundesverfassungsgericht hat auch hier vorgegeben, dass ein Restrisiko letztlich hinzunehmen sei.

Weiß: Ja klar, das ist ja eine Selbstverständlichkeit, dass man Risiken nicht komplett eliminieren kann; wenn man versucht, sicherheitsbezogene Politik zu machen bei den Risiken, sie komplett zu eliminieren, dann landet man bei nichts Gutem. Das gilt natürlich auch für den Strafvollzug.

TP: Im neuen Berliner Strafvollzugsgesetz habe ich eine kuriose Regelung gefunden, wonach Gefangene Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt in Gewahrsam haben, annehmen oder abgeben dürfen. Ohne Zustimmung der Anstalt dürfen sie dagegen Gegenstände von geringem Wert von anderen annehmen oder solche weitergeben. Die Annahme oder Weitergabe solcher Sachen von geringem Wert kann aber wiederum wieder von der Zustimmung der Anstalt abhängig gemacht werden. Gehört das nicht ins Kabarett: Ohne Zustimmung von der Zustimmung der Anstalt abhängig gemacht werden?

Weiß: Es ist natürlich eine Stilblüte. Es zeigt aber die Tendenz ganz gut, die man in diesem Gesetz hat, im Zweifel dann doch eher alles unter den Vorbehalt des Gesetzes zu stellen.

TP: Um es noch deutlicher zu machen: Man will also die Zügel stets in der Hand behalten?

Weiß: Ja.

TP: Verdient es dieses Gesetz überhaupt noch als Gesetz bezeichnet zu werden, das die Rechte und Pflichten von Gefangenen regelt in dem Sinne, dass Verfassungs- und Menschenrechte von Gefangenen gewahrt bleiben?

Weiß: Ich würde dieses Gesetz nicht als menschenrechtswidrig bezeichnen. Es geht hier um eine politische Bewertungsfrage. Es ist halt richtig, das Gesetz gestaltet weniger Dinge als konkrete und durchsetzbare Dinge aus, als es könnte. Es ist in der Tat sehr aus der Perspektive der Institution gedacht. Das würde ich unterstreichen.

TP: Nun gibt’s ja auch in den Anstalten so genannte Vollzugs- und Anstaltsbeiräte. Haben diese dort bloß eine Alibifunktion, dürfen zwar Gefangene ohne Aufsicht besuchen, haben aber letzten Endes nichts zu sagen, wenn es um die Gestaltung im Vollzug geht?

Weiß: Na ja, man kann sich politisch immer streiten darüber, was Beiräte sind und welchen genauen Nutzen sie haben. Ich bin froh, dass es die Beiräte gibt, auch gerade der Berliner Vollzugsbeirat, der ist auch – weil nicht in jedem Bundesland – nichts Universelles, einen Gesamtbeirat für alle Berliner Haftanstalten. Ich schätze den gerade aus der politischen Perspektive, dass man da einen Ansprechpartner hat, da sitzen auch gute Leute drin. Was jetzt die Frage angeht, was können die konkret bewirken, ist man immer bei der Frage, dass sie ja keine konkreten Durchsetzungsbefugnisse haben, es ist ja kein exekutives Organ, sondern ein beratendes Organ im Wesentlichen.

TP: Was die Gefangenen an dem neuen Berliner Strafvollzugsgesetz nun massiv stört und worüber sie auch empört sind, ist die Abschaffung des dreimal jährlichen Paketempfangs zu Weihnachten, Ostern und zum Geburtstag. Das war nach dem alten Gesetz noch möglich. Die Abschaffung erfolgte nun mit der Begründung, der Kontrollaufwand sei zu hoch. Ist dies überhaupt noch nachvollziehbar, da dieser Kontrollaufwand doch lediglich dreimal im Jahr anfällt?

Weiß: Das ist eine Tendenz, wo quasi diese Umstellung der Strafvollzugsgesetze auf die Länder dazu genutzt wird, aus dem Gesetz eine Regelung zu entfernen, die man eigentlich schon immer ungern umgesetzt hat. Ich halte das nicht für nötig, ich finde es auch schwer, Dinge, die im Moment als Rechte verbrieft sind, allein mit dem Hinweis auf den Arbeitsaufwand wegzunehmen. Das erschließt sich mir eigentlich auch nicht.
Man kann keinen sachgerechten Justizvollzug konzipieren, wenn man anfängt – das ist hier das, was wir personell zur Verfügung haben – zu überlegen, wie der Vollzug gestaltet wird, sondern man muss sich überlegen, was ist das, was notwendig ist und dann muss es halt entsprechend personelle Möglichkeiten geben bzw. solche da sein.

TP: Aus Gefangenensicht ist der der personelle Mangel ohnehin vorgeschoben. Sie sind der Ansicht, je größer eine Betreuungsdichte ist, desto weniger Personal sieht man. Reichte es daher nicht aus, vorhandenes Personal mehr zu nutzen?

Weiß: Das glaube ich so nicht. Der Personalmangel, den wir im Moment im Vollzug haben, ist nicht vorgeschoben. Es gibt weniger Personal als nötig ist, um das alles ordnungsgemäß ablaufen zu lassen. Und das sagen auch die Personalvertretungen selbst.

TP: Das sind natürlich Interessenvertreter ihrer Berufsgruppe.

Weiß: Als Abgeordneter bin ich es ja gewohnt, Brandbriefe von Personalvertretungen zu lesen, dass die Situation schlecht ist. Aber ich finde, wenn Personalvertretungen schon schreiben, unsere Situation ist so, dass wir die rechtlichen Anforderungen nicht erfüllen, wir müssen gerade das Gesetz brechen, weil wir nicht genug Personal haben, finde ich das schon eine bemerkenswerte Aussage. Und es ist ja in den Zahlen schon ablesbar, der Personalabbau, den wir in den letzten Jahren hatten, hat ja auch den Justizvollzug klar getroffen.

TP: Gefangene setzen dieser – aus ihrer Sicht eindeutig vorgeschobenen – Auffassung immer wieder entgegen, je höher die Betreuungsdichte wurde, desto weniger Personal hat man gesehen.

Weiß: Ich finde das völlig in Ordnung, diese Auffassung zu äußern, aber ich kann nur sagen, meine Auffassung ist es, dass es ein Personalproblem gibt und dass dieses Personalproblem gelöst werden muss.

Interview: Dietmar Jochum, TP Berlin

Foto: TP Berlin

Dr. Simon Weiß ist in folgenden Ausschüssen im Berliner Abgeordnetenhaus: Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien – Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit – Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung

Eine Antwort

  1. Ein Grundübel des deutschen Strafvollzuges ist die Rechtsferne, mit der die Justizverwaltungen wie Bulldozer über Recht und Gesetz hinwegwalzen!
    Nach dem Motto . „… das machen wir so…. das haben wir immer so gemacht… und das werden wir immer so machen = gedeckelt durch willfährige Strafvollstreckungskammern wird ein willkürliches Agieren im rechtsfreien Raum mit andauernder Ignoranz der Gesetze alltäglich. Selbst die liberalste Politik scheitert immer wieder an der Vollzugsrealität und geht den Knastoberen am Arsch vorbei. Hier wackelt der Schwanz mit dem Hund! Dr. Simon Weiß, seine Meinung ist gutwillig und liberal, zeugt aber von einer Ahnungslosigkeit, die typisch für das Verhältnis Strafvollzug und Volk ist. Er sollte einmal genauer hinschauen……Freiheit & Glück oder Friede den Hütten……Diederich16

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