Schwierige Koalitionsbildung in Thüringen zu erwarten.

Auch wenn nach einem Gerichtsbeschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen der Spitzenkandidat der Thüringer „AfD“, B. Höcke, als „Faschist“ bezeichnet werden darf bzw. der in dem Verfahren klagenden Partei – MLPD – einstweilen nicht untersagt werden kann, ihn einen „Faschisten“ zu nennen (der Beschluss ist rechtskräftig, weil ihn die Stadt Eisenach als Gegenpartei schließlich akzeptierte), hat die Thüringer „AfD“ ihr Wahlergebnis seit der letzten Landtagswahl dennoch mehr als verdoppeln können.

Nach einer Wählerwanderungsanalyse hat die „AfD“ bei dem Wahlergebnis sogar von 17.000 Wählern profitiert, die bisher der LINKE ihre Stimme gaben.

Wahlsieger ist jedoch eindeutig die LINKE unter Führung ihres Spitzenkandidaten und Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, die nach jüngsten Hochrechnungen mit mehr als 30 Prozent der Stimmen rechnen kann.

Damit hat die LINKE die CDU zwar eindeutig überholt, die mehr als 11 Prozent an Stimmen einbüßte.

Aber hinter ihren – eigenen – Erwartungen blieb auch die SPD (Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius erhoffte seine Thüringer Genossen gestern noch im zweitstelligen Bereich),

so dass eine Koalitionsbildung wie bisher in Thüringen nicht mehr möglich sein wird. Dem Vernehmen zufolge soll sich jedoch die FDP im Falle eines Einzugs in den Landtag in Thüringen bereiterklärt haben, als vierter Koalitionspartner der bisherigen Koalition zur Verfügung zu stehen.

SPD-Wirtschaftsforum fordert modernen Mittekurs und Geschlossenheit der Sozialdemokratie

Das Präsidium des Wirtschaftsforums der SPD reagierte auf den Ausgang der Thüringer Landtagswahlen in einer Schaltkonferenz am Abend.

Das Präsidium des Verbandes hofft, dass mit der letzten Landtagswahl in diesem für die SPD bitteren Jahr 2019 die Talsohle erreicht sein könnte. 

Der Präsident des SPD-nahen Wirtschaftsverbandes, Dr. Michael Frenzel, bedauerte ausdrücklich, dass sich die „sehr guten Beliebtheits- und Kompetenzwerte des SPD-Spitzenkandidaten Wolfgang Tiefensee  nicht auf das Wahlergebnis der Partei übertragen ließen“.

Die Befragung der Parteimitglieder zur Neubesetzung der Parteispitze habe dem Wahlkampf in Thüringen nicht geschadet, jedoch auch keinen Rückenwind verschafft.

Nun gebe es eine klare Alternative für die Stichwahl und die Chance für die Partei, nach dem Dezemberparteitag zu Geschlossenheit zurück zu finden und eine neue Vertrauensbasis in der Bevölkerung aufbauen zu können.

Die Wiedergewinnung von Glaubwürdigkeit und Kompetenz, insbesondere auch in Wirtschaftsfragen, sei das Gebot der Stunde.

Polariserte Stimmungslage im Wahlkampf
In einer ersten Analyse weist das Präsidium des Verbandes auf die polarisierte Stimmung im Wahlkampf hin. Nach dem menschenverachtenden, antisemitischen Terroranschlag in Halle seien viele in der Gesellschaft erschrocken, dennoch habe es verstärkt Mord- und Gewaltdrohungen im Thüringer Wahlkampf gegeben. Die höchste Aufmerksamkeit hatte die Auseinandersetzung zwischen dem Ministerpräsidenten der Linken, Bodo Ramelow und dem rechtsextremen Spitzenmann der AfD, Björn Höcke. Die SPD habe sich demgegenüber mit ihrer klaren Haltung und einer vernunft- und sachbetonten Politik nur schwer profilieren können. 

Thüringen verdiene nun eine stabile Landesregierung, Einsatz für zukunftsträchtige Arbeitsplätze und eine innovative Energie-, Forschungs- bzw. Technologie- und Industriepolitik. Es gelte darüber hinaus weiter Zeichen zu setzen für den Zusammenhalt der Gesellschaft.  Parteien wie die AfD spalteten die Gesellschaft, statt die Menschen zueinander zu bringen. Die populistischen Botschaften dürften nicht weiter verfangen. 

Klärungen auf SPD-Bundesebene gefordert
Die SPD auf Bundesebene benötige dringend die Klärung sowohl ihrer Führungsfrage als auch eine Richtungsentscheidung. „Wenn es der Partei wieder gelingt, ohne Rückwärtsorientierung geschlossen und im Dialog mit den Menschen an den Zukunftsfragen der Gesellschaft zu arbeiten, werden auch die Wahlergebnisse wieder deutlich besser werden können“, ist sich Michael Frenzel sicher.  

Ohne grundlegende ökonomische Kompetenz werde das jedoch nicht funktionieren. Was investiert oder verteilt werden solle, müsse gleichzeitig auch erwirtschaftet werden. Dieser Grundsatz müsse in der klassischen Partei der Arbeit wieder deutlich mehr Beachtung finden.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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