Urteil in Cum/Ex-Verfahren in Bonn.

Im ersten Strafverfahren im sog. Cum/Ex-Komplex (Aktenzeichen 62 KLs 1/19) hat die 12. große Strafkammer des Landgerichts Bonn gestern das erste Urteil verkündet. 

Ein Angeklagter  wurde wegen Steuerhinterziehung in 10 Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in einem weiteren Fall zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.  Darüber hinaus wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 14.000.000 €, davon in Höhe eines Betrages von 12.689.880 € als Gesamtschuldner, angeordnet.

Ein weiterer Angeklagter wurde wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 5 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen wurde dieser Angeklagte  freigesprochen. 

Gegen die verbliebene Einziehungsbeteiligte (eine Bank) wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 176.574.603 €, davon in Höhe von 166.574.603 € als Gesamtschuldnerin angeordnet.

Die Staatsanwaltschaft Köln hatte am 02.04.2019 Anklage  (Aktenzeichen 213 Js 41/19) vor der großen Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer gegen die zwei britischen Staatsangehörigen  erhoben. Sie hatte dem 42-Jährigen und dem 38-Jährigen die Beteiligung an sogenannten Cum/Ex-Geschäften vorgeworfen. In diesem Zusammenhang sollen die Angeklagten mit weiteren gesondert verfolgten Personen von Mitte 2006 bis Frühjahr 2011 zunächst im Rahmen ihrer Tätigkeit für ein großes Kreditinstitut und danach für eine Asset-Management-Gruppe Straftaten begangen haben. Die Staatsanwaltschaft ging ursprünglich von einer Beteiligung an 34 Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung aus.

„Cum-Ex-Gangster hinter schwedische Gardinen“.

„Im ersten Cum-Ex-Prozess ging es wegen der Corona-Pandemie ganz schnell. Die angeklagten Aktienhändler werden als Kronzeugen zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Warburg-Bank muss einen hohen Betrag krimineller Gewinne zurückzahlen. Dies straft den Hamburger Senat und auch den Finanzminister und früheren Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz Lügen. Sie haben sich in der Vergangenheit die Rechtsauffassung der Warburg-Bank zu Eigen gemacht, wonach Warburg selbst nicht für Cum-Ex-Geschäfte zu belangen sei und nur die Depotbank Deutsche Bank Kapitalertragsteuern hätte abführen müssen. Es ist ein Skandal, dass Hamburg noch während eines laufenden Prozesses einen Deal mit Warburg zu Lasten der Steuerzahler anstrebte und vom früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble zum Eintreiben von hunderten Millionen Euro Steuergeld gezwungen werden musste“, erklärt Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, zum Urteil im ersten Strafprozess um sogenannte Cum-Ex-Deals.

De Masi weiter:

„Es ist das Verdienst mutiger Staatsanwälte und Richter, dass über die Vermögensabschöpfung und den Strafprozess wieder ein Stück Gerechtigkeit hergestellt wird. Die Vermögensabschöpfung von vier der fünf Banken wurde vertagt, um den Prozess rasch abzuschließen und weitere Anklagen auf Basis eines Präzedenzurteils einzuleiten. Hunderte Ermittlungsverfahren sind weit fortgeschritten, auch gegen die Warburg-Geschäftsführer wie Herrn Olearius, den Herr Scholz als Hamburger Bürgermeister noch mitten in einem laufenden Ermittlungsverfahren traf.

Die Justiz braucht volle politische Rückendeckung, alle nötigen Ressourcen, um den Cum-Ex-Skandal vollständig aufzuarbeiten. Jeder Cent muss zurückgezahlt werden. Cum-Ex-Gangster gehören hinter schwedische Gardinen.

Der Finanzminister muss überdies endlich die Reform des Erstattungsverfahrens der Kapitalertragsteuer beschleunigen, um durch IT-gestützte Verfahren Anträge auf Erstattung von Kapitalertragssteuern und gezahlte Steuern automatisiert zu überprüfen. Dies erfordert die rasche Verzahnung von Finanzaufsicht und Spezialeinheit gegen Steuerbetrug, um Missbrauch am Kapitalmarkt zu entdecken, bevor Milliardenschäden entstehen.“

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