Bundesinnenminister Seehofer verbietet mit „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ erstmals Reichsbürgervereinigung.

Durchsuchungen laufen in zehn Bundesländern.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat heute den Verein „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ und ihre Teilorganisation „Osnabrücker Landmark“ (im Folgenden „GdVuSt“) verboten und aufgelöst. Damit wird auf Bundesebene erstmals eine Reichsbürgervereinigung verboten.

Seit den frühen Morgenstunden durchsuchen über 400 Einsatzkräfte die Wohnungen von 21 führenden Vereinsmitgliedern in zehn Bundesländern. Die Durchsuchungen erfolgen zeitgleich in Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen. Dabei wurden Schusswaffen, Baseballschläger, Propagandamaterialien sowie geringe Mengen Betäubungsmittel sichergestellt.

Bundesinnenminister Seehofer sagte: 

„Wir haben es mit einer Vereinigung zu tun, die rassistische und antisemitische Schriften verbreitet und damit unsere freiheitliche Gesellschaft systematisch vergiftet. Auch die verbale Militanz und massive Drohungen gegenüber Amtsträgern und ihren Familien belegen die verfassungsfeindliche Haltung dieser Vereinigung. Wir setzen den Kampf gegen den Rechtsextremismus auch in Krisenzeiten unerbittlich fort. Für Rassismus und Antisemitismus haben wir in unserer Gesellschaft keinen Millimeter Platz.“

In den letzten Jahren fiel der „GdVuSt“ durch aggressive Sprache und teils drastische Drohungen auf. Diese umfassten insbesondere eine „Inhaftierung“ der Adressaten, „Strafgebühren“ in hohen Summen und „Sippenhaft“. Die Veröffentlichungen des „GdVuSt“ verdeutlichen die schwerwiegenden Verletzungen der Grundrechte und insbesondere der Menschenwürde Anderer. Sie bringen durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie zum Ausdruck und verstoßen damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Der Verein „GdVuSt“ leugnet die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland und strebt ein eigenes „naturstaatliches“ Rechtssystem an. Dabei wird die Bundesrepublik Deutschland als „niedrigste Staatsform“ und „Handelskonstrukt“ diskreditiert. Die Vereinsmitglieder haben auch vor der Begehung von Straftaten nicht zurückgeschreckt.

Das Verbot erfolgte auf Grundlage von Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 3 des Vereinsgesetzes. Die Zwecke und Tätigkeiten des Vereins „GdVuSt“ laufen den Strafgesetzen zuwider, richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

REAKTIONEN

Klares Signal an Verfassungsfeinde 

Berlins Innensenator Andreas Geisel zur Durchsetzung des Vereinsverbots:

„Das heutige Verbot ist ein weiteres klares Signal an die Verfassungsfeinde in unserer Stadt und unserem Land. Wir sehen dem ungeheuerlichen Treiben von Rechtsextremisten und Reichsbürgern nicht tatenlos zu. Niemand hat das Recht, Institutionen unserer Verfassung zu verachten und Menschen zu bedrohen, zu beleidigen und zu attackieren. Die Wahngebilde von Reichsbürgern sind keine harmlosen Spinnereien, sondern eine ernsthafte Bedrohung für unsere Demokratie. Das heutige Verbot hat dem Treiben einer der wichtigsten Gruppierungen dieses Spektrums in Berlin ein Ende gesetzt.

Mein Dank gilt an dieser Stelle ausdrücklich allen Mitarbeitenden meiner Behörde, die daran intensiv mitgewirkt haben. Auch den bei der heutigen Aktion eingesetzten Einsatzkräften der Polizei Berlin und dem Berliner Verfassungsschutz, der das Verbotsverfahren des BMI mit seinen Erkenntnissen unterstützt und vorangetrieben hat, danke ich sehr.“

Die Gruppierung richtete sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und handelte den Strafgesetzen zuwider. Ziel der Gruppierung ist es, die Bundesrepublik Deutschland abzuschaffen und durch ein eigenes System „aktivierter Gemeinden“ zu ersetzen. Die Aktivitäten der Gruppierung sind auf die Leugnung der Legitimität der staatlichen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Parlamentarismus ausgerichtet.

Den Berliner Behörden kam bei der Vorbereitung des Verbots der Reichsbürger-Gruppierung „Geeinte Deutsche Völker und Stämme“ eine zentrale Rolle zu, da der verbotene Verein von Berlin aus eine bundesweite Bewegung gesteuert hat, der ca. 120 Personen angehören. Berlin ist Hauptsitz der Gruppierung und in den vergangenen Jahren auch einer ihrer Aktionsschwerpunkte In der Hauptstadt wurden heute drei Objekte zur Sicherstellung von Vereinsvermögen und zur Auffindung von Beweismitteln für die verbotenen Aktivitäten des Vereins durchsucht, darunter die Vereinsräumlichkeiten und die Wohnung der Vereinsvorsitzenden. Weitere Durchsuchungen gab es in neun weiteren Bundesländern (Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen).

Der Verein wurde verboten, da er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Im Kern vertrat der Verein die Ansicht, dass die Bundesrepublik Deutschland kein existierender Staat, sondern lediglich ein Handelskonstrukt sei. Der Bundesrepublik Deutschland wurde daher jegliche Legitimität abgesprochen. Ziel des Vereins war es, durch die sog. Aktivierung von Gemeinden, für die dann die Ausübung der Hoheitsgewalt proklamiert wurde, ein eigenes staatliches System zu errichten und eine eigene gesellschaftliche Ordnung zu etablieren. Das dabei verwendete Menschenbild ist von rassistischen und antisemitischen Vorstellungen sowie Verschwörungstheorien durchdrungen. Die Gruppierung überhäufte öffentliche Einrichtungen mit seitenlangen pseudojuristischen Schreiben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wurden beleidigt und bedroht. Mehrfach kündigten Anhängerinnen und Anhänger der Gruppierung an, Dienstgebäude „in ihren Besitz zu nehmen“. Mit ihren absurd anmutenden Aktionen und Schreiben war die Gruppierung im Spektrum der sogenannten „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zu verorten.

Die Verfassungsschutzbehörden haben in den vergangenen Jahren intensiv an der Aufklärung dieser Szene gearbeitet. In Berlin beläuft sich das Personenpotenzial der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ aktuell insgesamt auf etwa 670 Personen. Die meisten dieser Personen sind keiner festen Gruppe zuzuordnen. Sie eint vielmehr die fundamentale Ablehnung des Staats, seiner Institutionen und unserer Rechtsordnung. Ein Großteil der Szene hängt zudem unterschiedlichen Verschwörungstheorien an. Bei der Verbreitung solcher Theorien kommt es auch immer wieder zu antisemitischen Äußerungen.

Staat muss Verfolgungsdruck auf Reichsbürger erhöhen

Zum Verbot einer Reichsbürger-Gruppierung erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Stephan Thomae:

„Das Verbot der Reichsbürger-Gruppierung ‚Geeinte deutsche Völker und Stämme‘ und seiner Teilorganisation ‚Osnabrücker Landmark‘ ist richtig und ein klares Signal, dass der Staat Rechtsextremismus, Antisemitismus und völkischen Fanatismus nicht toleriert. Reichsbürger und Selbstverwalter sind keine harmlosen Sonderlinge. Sie nehmen zunehmend militante Strukturen an, sind oftmals gewaltbereit, weisen enge Bezüge in die rechtsextreme Szene auf und bilden so den Nährboden für völkisches Gedankengut. Das ist eine große Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Der Staat muss dagegen entschlossen vorgehen und den Verfolgungsdruck auf Reichsbürger erhöhen. Es kann auch nicht sein, dass hunderte Reichsbürger einen Waffenschein haben. Diese müssen konsequent entwaffnet werden.“

„Kein Pardon für Rechtsextremisten.“

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen:

Potsdam – Bundesinnenminister Horst Seehofer hat heute den Verein „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ und ihre Teilorganisation „Osnabrücker Landmark“ (im Folgenden „GdVuSt“) verboten und aufgelöst. Damit wird auf Bundesebene erstmals eine Reichsbürgervereinigung verboten.

In einem deutschlandweiten Einsatz durchsuchten seit den frühen Morgenstunden hunderte Einsatzkräfte die Wohnungen von 21 führenden Vereinsmitgliedern. Eine Durchsuchung fand im Landkreis Oberhavel statt. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen bezeichnete das Vereinsverbot als konsequentes Vorgehen des Rechtsstaats gegen Rassisten und Antisemiten. „Auch in Zeiten der Corona-Krise gibt es kein Pardon für Rechtsextremisten. Die Feinde der Demokratie haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. Das Verbot des Reichsbürgervereins ist konsequent und richtig. Mit ihren hetzerischen Schriften und ihren verbalen Drohungen gegenüber Amtsinhabern und deren Familien haben die Vereinsmitglieder ihre verfassungsfeindliche Haltung mehr als deutlich gemacht. Ich bin froh, dass ihnen heute das Handwerk gelegt wurde.“

Hintergrund

In den letzten Jahren fiel der „GdVuSt“ durch aggressive Sprache und teils drastische Drohungen auf. Diese umfassten insbesondere eine „Inhaftierung“ der Adressaten, „Strafgebühren“ in hohen Summen und „Sippenhaft“. Die Veröffentlichungen des „GdVuSt“ verdeutlichen die schwerwiegenden Verletzungen der Grundrechte und insbesondere der Menschenwürde Anderer. Sie bringen durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie zum Ausdruck und verstoßen damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Der Verein „GdVuSt“ leugnet die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland und strebt ein eigenes „naturstaatliches“ Rechtssystem an. Dabei wird die Bundesrepublik Deutschland als „niedrigste Staatsform“ und „Handelskonstrukt“ diskreditiert. Die Vereinsmitglieder schrecken auch vor der Begehung von Straftaten nicht zurück. 

Das Verbot erfolgt auf Grundlage von Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 3 des Vereinsgesetzes. Die Zwecke und Tätigkeiten des Vereins „GdVuSt“ laufen den Strafgesetzen zuwider, richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

In Brandenburg wurde ein Objekt im Landkreis Oberhavel durchsucht. Der Verbotsadressat wurde angetroffen und war kooperativ. Insgesamt waren in Brandenburg 22 Beamte im Einsatz, 19 vor Ort und drei in der Führungsgruppe. Der Einsatz dauerte von 6:00 bis 9:15 Uhr. 

Aufgefunden und beschlagnahmt wurden laut Einsatzabschlussmeldung:

•             mehrere DIN-A4-Ordner mit Dokumenten mit mutmaßlichem Organisationsbezug,

•             verschiedene Vereinsdevotionalien, Flyer, Broschüren, Schild mit Vereinslogo

•             zwei Mobiltelefone,

•             mehrere Speichermedien,

•             PC-Technik

•             Ca. 65 Bücher mit Reichsbürgerbezug.

Darüber hinaus wurde ein Konto eines in Berlin wohnhaften Vereinsmitglieds bei der Brandenburgischen Sparkasse in Brandenburg gesperrt. Das vorhandene Guthaben wird, soweit es Vereinsvermögen ist, an das Bundesverwaltungsamt überwiesen. Die sonstigen Asservate werden dem Bundesamt für Verfassungsschutz überbracht.

„Wo notwendig, weitere Reichsbürgervereinigungen verbieten“.

Der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei:

„Es ist richtig, dass der Bundesinnenminister jetzt den Verein ‚Geeinte deutsche Völker und Stämme‘ und ihre Teilorganisation ‚Osnabrücker Landmark‘ verboten und aufgelöst hat. Derartige Reichsbürgervereinigungen stellen eine zunehmende Gefahr für unsere freiheitliche Grundordnung dar, indem sie regelmäßig die Legitimität unseres Staates ablehnen und menschenverachtendes Gedankengut verbreiten. Wir müssen dieser gefährlichen Szene auch in Zukunft mit großer Aufmerksamkeit begegnen und wo notwendig, weitere Verbote aussprechen.“

„Innenminister Seehofer zeigt klare Kante gegen Rechtsextremisten“.

Burkard Dregger, Vorsitzender und innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, erklärt:

„Bundesinnenminister Seehofer und die Sicherheitsbehörden zeigen klare Kante gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus. Die heutige Verbotsverfügung gegen die bundesweit organisierte Gruppierung ,Geeinte deutsche Völker und Stämme‘, die auch in unserer Stadt ihr unerträgliches Unwesen trieb, ist ein Schlag gegen sorgenannte Reichsbürger und ein unmissverständliches Zeichen des demokratischen Rechtsstaates.

Anfeindungen unserer Gesellschaft und unserer Werte und Grundordnung, Bedrohungen von Amtsträgern und ihren Familien sind nicht hinnehmbar. Diesen Tätern müssen wir das Handwerk legen, sie gehören hinter Schloss und Riegel. Der Bundesinnenminister hat daher unsere volle Solidarität. Wir würden uns wünschen, wenn weitere Verbotsinitiativen gegen rechts- und linksextremistische Organisationen folgen, die das friedliche Zusammenleben in unserem Land und unserer Stadt gefährden.“

„Reichsbürger-Szene ernst nehmen und entwaffnen“.

Zum Verbot der Reichsbürger-Gruppierung „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ (GdVuSt) durch Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Peter Ritter:

„Das Verbot zeigt, dass die Reichsbürger-Gefahr nicht unterschätzt werden darf. Bei den Anhängern dieser Szene handelt es sich keinesfalls um harmlose Spinner, die einem verqueren Weltbild anhängen. Der Irrglaube an den Fortbestand des ‚Deutschen Reiches‘ ist ein fester Bestandteil extrem rechter Ideologie – und wozu die Anhänger dieser Ideologie imstande sind, wurde uns in den letzten Monaten in Kassel, Halle und Hanau sehr deutlich vor Augen geführt.

Wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die GdVuSt kam es im September vergangenen Jahres auch zu mindestens einer Razzia in M-V. Weshalb es heute hier im Nordosten offenbar keine Durchsuchungen gab, muss hinterfragt werden. Ich hoffe nicht, dass hier ein ähnlicher Verbotsflickenteppich ausgerollt wurde, wie zuletzt beim Combat-8-Verbot vor knapp zwei Monaten, sondern gegen alle Mitglieder der Gruppierung vorgegangen wird.

Unabhängig vom Verbot einzelner Gruppen, muss es weiterhin das Ziel bleiben, die Reichsbürger-Szene komplett zu entwaffnen. Es kann nicht sein, dass diese Personen die Existenz und Rechtsmäßigkeit der Bundesrepublik leugnen, aber durch staatliche Behörden noch das Recht zum Waffenbesitz ausgesprochen bekommen. Gerade in Zeiten, in denen Reichsbürger, Prepper und Neonazis einem ‚Tag X‘-Szenario entgegenfiebern, dürfen ihre Aktivitäten nicht aus den Augen verloren werden.“

Pistorius: „Radikale, die sich gegen die Grundwerte des Grundgesetzes stellen, werden konsequent und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft“.
Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, begrüßte das gegen die Vereinigung ausgesprochene vereinsrechtliche Verbot ausdrücklich: „Die sogenannten Reichsbürger stellen sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und verfolgen dabei oft rechtsradikale und menschenverachtende Ziele. Ich halte das für ein äußerst bedenkliches Phänomen. Die konsequente Bekämpfung des Rechtsextremismus ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt der niedersächsischen Sicherheitsbehörden. Es ist entscheidend, dass Bund und Länder hier weiter eng zusammen arbeiten. Radikale Minderheiten, die sich gegen die Grundwerte des Grundgesetzes stellen, werden von uns konsequent und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, bekämpft.“

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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