Historiker Winfried Süß unterliegt Hohenzollern beim Landgericht Berlin.

Bestätigung der einstweiligen Verfügung im Rechtsstreit über eine Äußerung im Rahmen der öffentlichen Debatte über Entschädigungsforderungen der Hohenzollern.

Das Landgericht Berlin hat heute aufgrund einer mündlichen Verhandlung mit Urteil ebenfalls vom heutigen Tage die gegen den Verfügungsbeklagten – den Historiker Winfried Süß vom Potsdamer Zentrum für zeithistorische Forschung – am 12. November 2019 erlassene einstweilige Verfügung (Aktenzeichen: 27 O 662/19) bestätigt.

In diesem einstweiligen Verfügungsverfahren streiten die Parteien über eine Äußerung im Rahmen der öffentlichen Debatte über Entschädigungsforderungen der Hohenzollern. Der Verfügungskläger – der Hohenzollernprinz Georg Friedrich Prinz von Preußen – macht in diesem Verfahren als Familienoberhaupt eines alten deutschen Adelsgeschlechts einen äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch bezüglich einer zwischen den Parteien streitigen Behauptung geltend, er habe ein Mitspracherecht bei der historischen Darstellung der Familie gefordert.

Die Richter der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin hatten auf den Antrag und auf die Glaubhaftmachung des Verfügungsklägers im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Beschluss vom 12. November 2019 eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten erlassen. Nachdem der Verfügungsbeklagte Widerspruch gegen diese einstweilige Verfügung erhoben hat, musste das Landgericht Berlin heute (18. Februar 2021) aufgrund der mündlichen Verhandlung über die Frage entscheiden, ob die einstweilige Verfügung auf der Grundlage des Vortrags im Widerspruchsverfahren aufzuheben oder zu bestätigen ist.

Nach dem heutigen Urteil bleibt es daher bei der Entscheidung, die dem Verfügungsbeklagten weiterhin die Äußerung untersagt, der Verfügungskläger habe als Familienoberhaupt eines alten deutschen Adelsgeschlechts ein Mitspracherecht bei der historischen Darstellung der Familie in öffentlichen Einrichtungen gefordert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wurde auf die schriftlichen Urteilsgründe verwiesen, die noch nicht vorliegen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es kann dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden.

Landgericht Berlin: Urteil vom 18. Februar 2021, Aktenzeichen: 27 O 662/19

„Wir ziehen mit der Zuversicht in die nächste Instanz“.

Prof. Dr. Martin Sabrow vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung gegenüber der TP Presseagentur Berlin zum Urteil des Landgerichts Berlin:

Das heutige Urteil des Berliner Landgerichts in der Auseinandersetzung über die Entschädigungsforderungen der Hohenzollern macht mich besorgt. Es qualifiziert eine Aussage des ZZF-Historikers Winfried Süß als unzulässige Tatsachenbehauptung, die in meinen Augen eine legitime Meinungsäußerung darstellt. Winfried Süß hatte 2019 in einem Interview „die Idee“ für problematisch erklärt, „dass es ein Mitspracherecht bei den historischen Darstellungen der Familie gibt, wenn diese Darstellungen durch Einrichtungen der öffentlichen Hand vorgenommen werden“. Das Landgericht hat die Bezugnahme auf eine keiner einzelnen Person zugeordneten Forderung als eine unzulässige Tatsachenbehauptung qualifiziert und erschwert damit die Erörterung einer seinerzeit im Raum stehenden und von der Presse aufgegriffenen Annahme. Damit schränkt das Urteil den öffentlichen Diskussionsrahmen in der Auseinandersetzung um das Hohenzollernerbe in untragbarer Weise ein. Ich sehe hier einen eklatanten Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit, den die Zeitgeschichte als fachliche Disziplin nicht hinnehmen kann. Wir ziehen mit der Zuversicht in die nächste Instanz, dass diese Entscheidung revidiert wird, um die juristische Auslegung des Äußerungsrechts im Einklang mit dem Selbstverständnis unserer liberalen Diskussionskultur zu halten.

Zwischenzeitlich hat der Sprecher des Hohenzollernschen Familienverbandes eine öffentliche Erklärung abgegeben, in der er die wissenschaftliche Arbeit des ZZF lobt und versichert, keine weiteren Schritte in der Sache unternehmen zu wollen. Ich finde es eine bemerkenswerte Doppelstrategie, vor Gericht „die richtige Darstellung von Fakten“ einzuklagen und gleichzeitig zu erklären, den Vorgang auf sich beruhen zu lassen. Auf solchem Boden gedeiht kein zeitgeschichtlicher Erkenntnisgewinn, und es kostet Wissenschaftler unnütz Zeit und Geld, die besser in Forschungsprojekte investiert wären statt in die juristische Wägung ihrer Worte. Aber in der Sache geht es nicht allein um die Hohenzollern und ihre Ansprüche, sondern um den Raum freier fachlicher Erörterung, den Wissenschaftler zu ihrer Entfaltung brauchen. Auf die Freihaltung dieses Raums werden wir vor Gericht in der nächsten Instanz bestehen müssen, damit wir zu der ruhigen wissenschaftlichen Arbeit zurückzukehren können, die auch das Haus Hohenzollern schätzt.

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