Pax Christi appelliert an SPD.

Die pax christi-Gruppe Bonn appelliert in einem Brief an über 150 Mandatsträger der SPD, auf die inhaltliche Ausgestaltung des Kapitels „Frieden sichern“ des von der SPD-Parteiführung vorgelegten „Zukunftsprogramms“ stärker Einfluss zu nehmen und auf diese Weise ihre atomrüstungskritische Haltung deutlicher zu artikulieren. Das Bundestagswahlprogramm soll im Rahmen eines Parteitags am 9. Mai 2021 verabschiedet werden.

Die angeschriebenen Politiker, die alle den ICAN-Appell unterzeichnet haben, der als Ziel den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag verfolgt, werden ermuntert, sich in ihrer Partei dafür einzusetzen, dass neben dieser Forderung auch der Verzicht auf den Kauf neuer atomwaffenfähiger Kampfflugzeuge, der Abzug der in Büchel lagernden US-Atombomben und damit der Ausstieg aus der aktiven nuklearen Teilhabe im Wahlprogramm fest verankert werden.

Nur dann sei gewährleistet, dass die SPD ihrem Anspruch, „die Friedenspartei in Deutschland“ zu sein, gerecht werden könne, heißt es im Schreiben der Bonner Gruppe.

Der Brief hat folgenden Wortlaut

Liebe Friedensbewegte in der SPD,

am 1.März 2021 hat die SPD-Parteiführung das „ZUKUNFTSPROGRAMM“ vorgelegt; bis zur Verabschiedung des Bundestagswahlprogramms am 9.Mai 2021 bleiben noch Zeit und Gelegenheit, Einfluss zu nehmen. Dazu möchten wir als langjährige Mitglieder der pax christi-Gruppe Bonn ermutigen!

Die Ausführungen zur Friedenspolitik sind äußerst vage und wenig profiliert, sie greifen die u.a. von der Partei- und Fraktionsführung vor knapp einem Jahr initiierten Diskussionsprozesse zu den Themen Atomwaffen in Deutschland und nukleare Teilhabe allenfalls indirekt auf.

Die Grundlage des vertretenen Sicherheitskonzepts – die nukleare Abschreckung: Sicherung des Friedens durch die Androhung gegenseitiger Vernichtung – wird nicht in Frage gestellt, sondern stillschweigend vorausgesetzt. Die nicht nur von Seiten der Friedensbewegung seit Jahrzehnten vorgetragene Kritik, dass diese Doktrin Sicherheit suggeriere und „auf dem unvorstellbaren Vernichtungspotenzial von Nuklearwaffen“ aufbaue (Papst Franziskus), wird einfach ignoriert und nicht berücksichtigt.

Die Bedeutung des am 22.1.2021 in Kraft getretenen UN-Atomwaffenverbotsvertrages, der den beigetretenen Staaten Herstellung, Weitergabe, Stationierung und Einsatz von Atomwaffen sowie die Drohung mit diesen verbietet, wird nicht erkannt und nicht angemessen gewürdigt. Eine überzeugende Begründung dafür, dass Deutschland diesem Vertragswerk nicht beitritt, sondern sich in die Rolle eines Beobachters begeben und die weitere Entwicklung lediglich begleiten soll, fehlt.

Als angestrebte Ziele werden eine atomwaffenfreie Welt und die Rettung vorhandener Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge benannt, konkrete Schritte, die zu gehen Deutschland bereits jetzt (und auch für eine künftige Bundesregierung mit SPD-Beteiligung) möglich wäre, werden nicht angegeben.

Mit Hilfe entsprechender Initiativanträge sollte darauf hingewirkt werden, dass folgende friedenspolitische Aussagen ins SPD-Wahlprogramm aufgenommen werden:

–         Deutschland beschafft keine neuen nuklearfähigen Kampfflugzeuge als Ersatz für die Tornado-Kampfflugzeuge in Büchel;

–         Deutschland steigt aus der aktiven nuklearen Teilhabe aus und fordert die USA auf, die Atombomben aus Büchel abzuziehen;

–         Deutschland unterzeichnet und ratifiziert den Atomwaffenverbotsvertrag;

–         Deutschland wirkt in der Nuklearen Planungsgruppe der NATO darauf hin,

     dass auf die Verpflichtung aus Artikel VI des NVV zu umfassender nuklearer Abrüstung konkret hingearbeitet wird sowie entsprechende Verhandlungen eingeleitet werden,

     dass jeglicher Ersteinsatz von Atomwaffen aus der Nuklearwaffenstrategie der NATO ausgeschlossen wird,

     dass die Modernisierung und Neuentwicklung von Nuklearwaffen eingestellt wird und

     dass als ersten Schritt zu einer nuklearwaffenfreien Welt die taktischen Atomwaffen aus den europäischen NATO-Staaten abgezogen werden.

Die Chance, dass sich die SPD als „die Friedenspartei in Deutschland“ (Zukunftsprogramm S. 58) profilieren kann, besteht u.E. weiterhin!

Setzen Sie bitte alles daran, dass die SPD diese Chance nutzt!

Mit den besten Grüßen,

Armin Lauven

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