In einem Eilverfahren hat das Richterdienstgericht des Landes Berlin vorläufig eine Richterin des Dienstes enthoben und die Einbehaltung der Hälfte ihrer monatlichen Bezüge angeordnet. Es folgte damit einem entsprechenden Antrag der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung.
Die Richterin steht seit 1996 im Dienst des Landes Berlin und saß für die „AfD“ von 2017 bis 2021 als Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Im März 2022 kehrte sie an ihr bisheriges Gericht zurück und unterlag damit wieder den Rechten und Pflichten einer Richterin. Die Senatsverwaltung betreibt ein Zurruhesetzungsverfahren gegen sie, über das noch nicht rechtskräftig entschieden ist (vgl. Pressemitteilung Nr. 41/2022).
Anfang Dezember 2022 erließ der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof gegen die Richterin einen Haftbefehl wegen des dringenden Tatverdachts der Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung. Nach den vorliegenden Erkenntnissen habe sie mindestens seit Februar 2022 einer Gruppierung angehört, deren Zielrichtung die Beseitigung der Staats- und Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland – ggf. unter Tötung von Repräsentanten des Staates – und deren Ersatz durch ein „System“ eigener Prägung gewesen sei. In dem „Rat“ der Gruppierung sei der Richterin das Ressort „Justiz“ übertragen worden. Sie sitzt seit der Festnahme in Untersuchungshaft. Gegen sie läuft ein Disziplinarverfahren.
Das Dienstgericht führte zur Begründung der vorläufigen Dienstenthebung aus, es sei nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand überwiegend wahrscheinlich, dass das gegen die Richterin eingeleitete Disziplinarverfahren zur disziplinarischen Höchstmaßnahme einer Entfernung aus dem Richterverhältnis führen werde. Denn eine Richterin, die sich einem auf die Durchführung eines gewaltsamen Staatsstreiches gerichteten Geheimbündnis anschließe, breche den von ihr geleisteten Eid auf das Grundgesetz in besonders schwerer Weise und sei deshalb aus dem Dienst zu entfernen. Die Unschuldsvermutung stehe einer Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren nicht entgegen. Dass die Richterin infolge der Untersuchungshaft gegenwärtig faktisch ohnehin ihr Amt nicht ausüben könne, hindere die vorläufige Suspendierung nicht; denn diese diene zugleich dem ungestörten Dienstbetrieb in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und dem Ansehen der Justiz insgesamt.
Bei der Entscheidung über die Höhe der einzubehaltenden Dienstbezüge schöpfte das Gericht den gesetzlichen Rahmen (bis zu 50 Prozent) voll aus.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Dienstgerichtshof beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Beschluss des Richterdienstgerichts des Landes Berlin vom 15. März 2023 (DG 1/23)